[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

[FYI] [heise] Neuer Gerichtsentscheid bestätigt Website-Sperrungen



Hallo,

---[beisskannte]---

Neuer Gerichtsentscheid bestätigt Website-Sperrungen
[11.02.2003 15:05 ]

Zwei weitere Provider in Nordrhein-Westfalen müssen die zwei von der
Bezirksregierung[1] in Düsseldorf inkriminierten Naziseiten sofort
sperren. Wie jetzt bekannt wurde, entschied das Verwaltungsgericht
Aachen in der vergangenen Woche gegen den Widerspruch der Provider, die
auf einen Aufschub der Sperrungen bis zur grundsätzlichen juristischen
Entscheidung über die Sperrverfügungen verlangten. Bislang liegen
Entscheidungen[2] aus Gelsenkirchen, Arnsberg, Düsseldorf und Minden
vor. Nur in Minden gaben die Richter der Forderung von Mediaways statt,
die Sperrungen bis zur endgültigen Entscheidung auszusetzen.

In Aachen hatte man sich nach Auskunft des Pressedezernenten auf eine
erste Interessenabwägung beschränkt. Im konkreten Fall, der Sperrung von
nur zwei Seiten mit "gegen Null gehendem Aufwand", habe man gegen die
Beschwerde der Provider entschieden. Dem Argument, dass die
Bezirksregierung vor dem Sofortvollzug zu einer weiteren Anhörung
verpflichtet gewesen wäre, sind die Richter nicht gefolgt. Die Frage
nach der Sperrung weiterer Webseiten sei nicht Gegenstand dieses
Verfahrens.

Die Beschränkung der Bezirksregierung auf die zwei ausgewählten
Naziseiten erweist sich so noch einmal als strategisch geschickter
Schachzug der Bezirksregierung, sagt Hannah Seiffert, Anwältin des
ECO[3]-Verbandes. Sie mache die Argumentation der Provider, die vor
allem ein weitergehendes Filterregime fürchten, schwierig. Für die
Hauptsache ist der Verband, der neun Unternehmen vertritt, dennoch
optimistisch.

Kritiker der Sperrungen warnen nun davor, die auch unter Juristen hoch
umstrittene Frage in Eilverfahren abzuhandeln. Immerhin gehe es um nicht
weniger als um einen "Angriff auf unsere Freiheit", betonte[4] kürzlich
die Initiative Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft
(FITUG[5]. Zumindest müssten die Anforderungen an die "Geeignetheit" und
"Angemessenheit" der Maßnahme angesichts des berührten Grundrechts auf
Meinungsfreiheit sehr viel höher sein, fordern Juristen an verschiedenen
Universitäten. So sind etwa Anhörungen zur Technik in der Regel dem
Hauptverfahren vorbehalten.

Noch in dieser Woche wird die letzte erstinstanzliche Eilentscheidung
vom Verwaltungsgericht in Köln erwartet. Auch dort hatten zwei
Unternehmen Klage gegen die Sperrverfügungen eingereicht und einer der
Kläger sich gegen den Sofortvollzug gewehrt. Mit Spannung richtet sich
dann der Blick nach Münster. Das dortige Oberverwaltungsgericht (OVG)
wird in einem Sammelverfahren entscheiden, ob die Sofortsperrungen
haltbar sind.

"Spätestens im März", so ein Sprecher des OVG, werde im Eilverfahren
entschieden. Man wartet derzeit die Kölner Entscheidung ab, allerdings
sei die Arbeit an dem Fall in vollem Gang. Insgesamt acht Beschwerden
liegen derzeit beim OVG. Ob die klagenden Provider mit ihrer Befürchtung
recht behalten, dass ihnen im Falle einer Niederlage eine Welle von
Sperrungsverfügungen droht, wird sich spätestens ab dem 1. April zeigen.
Der dann in Kraft tretende Staatsvertrag über den Jugendmedienschutz
wird die Auswahl "unzulässiger Seiten" deutlich erhöhen.

Auf beiden Seiten wird daher fieberhaft aufgerüstet. Laut Informationen
der Initiative Odem.org[6] hat die Bezirksregierung inzwischen die
Ergebnisse einer Arbeitsgruppe der Universität Dortmund und mehrerer
Unternehmen vorliegen, die eine mögliche Automatisierung der Filterung
positiv beurteilt. Verschiedene Organisationen arbeiten auf der anderen
Seite an Tools zur Umgehung von Sperrungen. Die einfachste Art, die
Sperrungen zu umgehen, ist derzeit noch die Wahl eines entsprechenden
Providers: Vor allem die großen Online-Provider wie T-Online oder AOL
sperren die inkriminierten Sites keineswegs.

Siehe zu den Forderungen nach Website-Sperrungen und insbesondere zur
Einschätzung der Sperrungsverfügungen der Bezirksregierung Düsseldorf
auch:

Heftige Proteste gegen neue Web-Zensurgelüste[7] 
Internet oder Deutschland-Net?[8] -- Brisante Hintergründe zu Web-Sperrungen in Nordrhein-Westfalen in c't aktuell[9]
DGB fordert Maßnahmen gegen rechtsextreme Internet-Seiten[10] 
Beck will strenge Sanktionen gegen Pornoanbieter im Internet[11] 
Dammbruch öffnet Weg ins Zensurnetz[12] -- Rechtsexperten streiten über die Zulässigkeit und die Folgen von Website-Sperrungen in Telepolis[13] 
(Monika Ermert) / (anw[14]/c't)

--------------------------------------------------------------------------------
URL dieses Artikels:
  http://www.heise.de/newsticker/data/anw-11.02.03-003/
Links in diesem Artikel:
  [1] http://www.bezreg-duesseldorf.nrw.de/
  [2] http://www.heise.de/newsticker/data/anw-10.01.03-005
  [3] http://www.eco.de/servlet/PB/menu/-1/index.html
  [4] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-30.01.03-008/
  [5] http://www.fitug.de/
  [6] http://www.odem.org
  [7] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-30.01.03-008/
  [8] http://www.heise.de/ct/aktuell/data/jk-28.01.03-010/
  [9] http://www.heise.de/ct/aktuell/
  [10] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-27.01.03-000/
  [11] http://www.heise.de/newsticker/data/tol-26.01.03-006/
  [12] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/11864/1.html
  [13] http://www.heise.de/tp
  [14] mailto:anw@ct.heise.de 

---[beisskannte]---

Tschuess, Tim.

-- 
http://www.computerbild.de/lexikon/ - heute: Apache
Apache (sprich: "Äpätschi") ist ein weit verbreitetes Programm für
Internet-Server (sprich: "Internett-Ssörwer"). Es gibt unter anderem
Versionen für Linux und Windows (sprich: "Winndohs").


-- 
To unsubscribe, e-mail: debate-unsubscribe@lists.fitug.de
For additional commands, e-mail: debate-help@lists.fitug.de