Hallo, dieser oeffentliche Brief duerfte von Interesse sein... Ciao, Hanno -- | Hanno Wagner | Member of the HTML Writers Guild | Rince@IRC | | Eine gewerbliche Nutzung meiner Email-Adressen ist nicht gestattet! | | 74 a3 53 cc 0b 19 - we did it! | Generation @ | # Das hat keine Uhr, weil ein Kalender bei der Geschwindigkeit ausreicht?" # -- Anselm Lingnau, Daniel Moehwald, de.comp.os.linux.misc
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- To: posteingang@bundespraesident.de
- Subject: Offener Brief an den Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland
- From: Volker Birk <vb@ebios.de>
- Date: Mon, 10 Mar 2003 20:08:54 +0100
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Offener Brief an den Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Johannes Rau, zum Thema Internetzensur nach Düsseldorfer Modell Sehr geehrter Herr Bundespräsident, erschrocken und enttäuscht habe ich Ihre Stellungnahme zu den Maßnahmen der Bezirksregierung Düsseldorf zu der Einführung von Internetzensur gelesen. Sie haben in dem Punkt, ganz entgegen Ihrer Gewohnheit, zu einem tagespolitischen Thema Stellung bezogen, noch dazu positiv zu in allen Parteien umstrittenen Maßnahmen, die in Ihrer Konsequenz die Demokratie in unserem Lande in Frage stellen. Ich bin der Überzeugung, dass das nicht daran liegen kann, dass Sie als unser Bundespräsident in Betracht ziehen, Massnahmen zu billigen, die unsere Demokratie gefährden. Da es sich bei dem von den Herren Riesenbeck und Büssow geforderten Mitteln zweifelsfrei um solche Massnahmen handelt, so denke ich, dass Herr Büssow die Mittel nicht korrekt dargestellt hat, oder Sie sich die Tragweite seiner Forderungen aus irgend einem anderen Grunde nicht bewusst machen konnten. Gleich eines vorab: selbstverständlich muss es ein primäres Ziel aller überzeugter Demokraten sein, Extremismus (und in Deutschland gerade auch Rechtsextremismus) zu bekämpfen, wo auch immer er aufblüht, und dazu alle rechtsstaatlichen Mittel anzuwenden, die verfügbar sind. Nur: alle rechtsstaatlichen Mittel. Nicht: alle Mittel. Es ist gerade, und das brauche ich Ihnen nicht zu schreiben (es ist ein offener Brief) gerade ein Wesenszug jeder Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, freiwillig auf alle nicht-rechtsstaatlichen Mittel zu verzichten, und seien sie noch so effizient. Es ergibt keinen Sinn, jeden Rechtsextremen sofort standrechtlich zu erschießen, denn das ist kein Mittel eines Rechtsstaates. Genausowenig ergibt es einen Sinn, Bürgern das vorzuenthalten, was bereits veröffentlicht ist, denn es ist kein rechtsstaatliches Mittel. Das hat nichts mit den sinnvollen Beschränkungen der Meinungsfreiheit zu tun, mit denen das Grundrecht auf unantastbare Würde nach Art. 1 GG gegen die Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG abgewogen wird. Ich spreche von Informationsfreiheit (Rezipientenfreiheit). Eine Einschränkung der Informationsfreiheit kann niemals Grundrechte Dritter verletzen. Der Rezipient handelt nicht aktiv, er nimmt wahr. Entsprechend darf die Informationsfreiheit doch niemals eingeschränkt werden, sie kann schlicht nicht mit anderen Grundrechten abgewogen werden, weil sie keine anderen berührt. Die Informationsfreiheit kann sogar gar nicht eingeschränkt werden, ohne sie in ihrem Wesensgehalt zu verletzen. Informationsfreiheit ergibt nur als vollständige Informationsfreiheit Sinn, denn was soll bedeuten: "Du darfst alles erfahren, ausser das, was ich Dir vorenthalte?" Entgegen der Darstellung von Herrn Büssow, und das sagen mit mir viele Fachleute, entgegen dieser Darstellung verbreitet ein Internet- Zugangsprovider keine Informationen. Er macht genau das, was sein Name auch besagt, er stellt Zugang zu Informationen im Medium Internet her. Er macht nichts weiter. Die von Herrn Büssow geforderte Filterung durch die Zugangsprovider ist technisch genau die Ausübung der Beschränkung der Informationsfreiheit der Bürger. Sie ist verfassungsrechtlich mehr als bedenklich. Ich stimme mit Ihnen überein, Herr Bundespräsident, wir brauchen viel mehr Menschen (Beamte und auch alle anderen Bürger), die sich aktiv gegen den Extremismus einsetzen. Ich persönlich setze mich gegen Extremismus ein, wo auch immer ich ihm begegne, und habe meine eigenen Erfahrungen, dass das leider nicht immer alle tun. Aber bitte auf keinen Fall so wie Herr Büssow, denn er versucht, die Grundrechte der Bürger zu beschneiden, ja, er versucht, den Bürgern Informationen, die schon veröffentlicht sind, vorzuenthalten. Gelingt es, dass eine Behörde eine Liste vorschreiben darf, was gesehen werden darf vom Internet und was nicht (nicht: was eingestellt, veröffentlicht werden darf und was nicht), so wird dem Bürger jede Möglichkeit genommen, sich eine Meinung zu bilden über die Dinge, die ihm vorenthalten werden. Diese Massnahmen sind nicht nur demokratiefeindlich und verfassungswidrig, sie sind im Effekt auch kontraproduktiv. Wenn niemand weiss, was Rechtsextremismus ist, und wie häufig er noch ist, so wird auch niemand die Notwendigkeit einsehen, ihn zu bekämpfen. Um es deutlich zu sagen: ich bin mir über die Motive von Herrn Büssow und seinen Mitstreitern nicht im klaren. Zum Einen kann es sein, dass Herr Büssow einfach im guten Glauben handelt, so ein effektives Mittel gegen den Extremismus gefunden zu haben. Zum anderen sprechen nicht alle meine Erfahrungen mit Herrn Büssow für diese Vermutung. Leider erscheinen viele Massnahmen von Herrn Büssow unverständlich, ja, er begibt sich durch einiges ins Zwilicht. So hatte Herr Büssow ursprünglich auch die Seiten von www.rotten.com sperren lassen. Auf diesen Seiten findet sich denkbar hässliches und abstoßendes Material, das zum Teil die Würde der abgebildeten Menschen grob verletzt. Aber es hat mit Extremismus nichts zu tun, so dass das Argument von Herrn Büssow, er kümmere sich ausschließlich um die Bekämpfung von Extremismus, nicht greift. Vielmehr erscheint es so, dass viel eher möglichst abstossende Beispiele herhalten sollen, die Einführung der Kontrolle der Exekutive, was rezipiert werden darf, zu begründen. Extremismus erscheint nur als eine Möglichkeit für Herrn Büssow, um mit den Gefühlen von uns allen zu spielen und zu argumentieren, er beschränkt sich erst seit kurzem darauf. Zudem hat Herr Büssow als Verantwortlicher einige Diskussionsbeiträge auf dem Diskussionsforum der Bezirksregierung Düsseldorf ohne Kommentar entfernen lassen, die ihm zu unangenehm waren. Unter anderem mein Diskussionsbeitrag wurde so ohne weiteres entfernt, meine Nachfrage, warum, verlief bisher ergebnislos. Entsprechend zeichnet sich Herr Büssow nicht immer durch eine offene Diskussion zum Thema aus, er ignoriert stetig sämtliche Einwände aller Fachleute, dass ein Internet-Zugangsprovider gar keine Inhalte verbreitet. Trotz dieser (für jeden unbeteiligten Fachmann offensichtlichen) Tatsache argumentiert er mit dem Mediendienstestaats- vertrag, der die Verbreitung von Inhalten regeln soll, und der mit der reinen Telekommunikation gar nichts zu tun hat. Herr Bundespräsident, sie mögen jetzt vielleicht denken, das ist die Meinung von Herrn Birk, eines einzelnen. Sie wiegt nicht schwerer als die von Herrn Büssow. Ich möchte Sie deshalb um drei Dinge bitten: Bitte sprechen Sie mit den Internetfachleuten der SPD, der CDU/CSU, der Grünen und der FDP. Alle stimmen vollständig mit der von mir aufgeführten Bedeutung von Internet-Zugangsprovidern und der sich daraus ableitenden Vorzensur überein, die durchgeführt wird, wenn wie von Herrn Büssow gefordert gehandelt wird. Sprechen Sie beispielsweise mit Jörg Tauss (MdB), er ist der Fachmann der SPD für Internetfragen. Bedenken Sie, ausschliesslich welche Staaten derzeit den Zugang zu Informationen im Internet für Ihre Bürger einschränken. Es sind Iran, China, Nordkorea und weitere "alte Bekannte", alles Staaten, die sich leider nicht durch ihre Rechtsstaatlichkeit und durch Ihren Demokratiegedanken auszeichnen. Wollen wir Deutschland wirklich hier einreihen? Drittens und letzens: Ich bitte Sie, überdenken Sie nochmals die Tragweite, wenn der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland die staatliche Kontrolle des Zugriffs auf öffentliche Informationen empfiehlt, eine Verletzung der Grundrechte aller Bürger, ohne, dass das mit Grundrechten Dritter abgewogen werden kann. Ich bitte Sie, überdenken Sie Ihre Stellungnahme, und nehmen Sie erneut, klärend Stellung. Dann freue ich mich, wenn wir dieses gefährliche Kapitel der Tagespolitik endlich wieder schließen können, und gerne bilden wir parallel eine Aktionsgruppe gegen den Extremismus, in der ich mich mit rechtsstaatlichen Mitteln und meiner ganzen Kraft auch persönlich engagiere. Mit herzlichen Grüßen, sowohl an den Bürger der Bundesrepublik, Herrn Rau, als auch an das Symbol für unseren freiheitlichen Staat, den Bundespräsidenten, Volker Birk -- *** ebios Informationssysteme, Germany *** *** Gut-Betha-Platz 1, 88339 Bad Waldsee *** *** Phone +49-7524-93421 Fax +49-7524-93423 *** *** mailto:vb@ebios.de ***Attachment: pgp00003.pgp
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