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Sperrverfügungen gegen Websites: Einer kam durch
[07.04.2003 15:51 ]

Der Telekommunikationsanbieter Telefonica[1] muss die von der
Bezirksregierung in Düsseldorf[2] ins Visier genommenen Nazi-Webseiten
nicht sperren. Die Bezirksregierung hatte bundesweit als erste
Aufsichtsbehörde die Sperrung von Internetseiten mit
rechtsextremistischem Inhalt verfügt. Die nordrhein-westfälische
Aufsichtsbehörde für das Internet hatte 76 Zugangsanbieter zur
sofortigen Sperrung von zwei Neonazi-Webseiten[3] aus den USA
aufgefordert. 16 Unternehmen haben dagegen geklagt. Diverse Gerichte[4]
hatten in vorläufigen Entscheidungen die Sperrungsverfügungen bestätigt,
eines der Online-Wirtschaft Recht gegeben.

Die Bezirksregierung selbst hat ihre Beschwerde beim
Oberverwaltungsgericht gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts
Minden[5] zurückgezogen, das die sofortige Vollziehung der Verfügungen
aussetzte. Aus dem OVG gab es im Fall des Internet-Providers Telefonica
Deutschland (aus Mediaways und HighwayOne entstanden[6]) offenbar
Signale, dass man diesen Fall anders beurteilen werde als die
Beschwerden von sechs weiteren Providern. Am heutigen Montag erhielt
Telefonica nun auch den Aufhebungsbescheid für die Sperrverfügungen
insgesamt. Damit ist das Unternehmen auch im Hauptsacheverfahren, bei
dem es um die grundsätzliche Zulässigkeit der Verfügungen und nicht nur
um ihren sofortigen Vollzug geht, aus dem Spiel und muss die Sperrungen
von Websites, die die Bezirksregierung verfügt hat, nicht durchführen.

Warum in einem einzigen Fall schon erstinstanzlich und nun auch vom OVG
die Sperrverfügungen anders beurteilt werden, dürfte Stoff für viele
juristische Debatten sein. "Bei Telefonica handelt es sich um einen
Netzwerk- und nicht um einen Accessprovider", sagte Ulrich Lau, der
Sprecher des Oberverwaltungsgerichtes gegenüber heise online. Eine
genaue schriftliche Begründung dafür, warum Telefonica anders
eingeschätzt wird als die anderen Internet-Provider, gibt es freilich
nach dem Rückzug der Bezirksregierung nicht.

"Formale und nicht materielle Fragen" und "Zulässigkeitsfragen" hätten
im Fall Telefonica den Ausschlag gegeben, sagte Bernd Hamacher, der
Sprecher der Bezirksregierung in Düsseldorf . "Das ist für uns nicht das
entscheidende Verfahren von der Sache her." Stattdessen verweist
Hamacher auf die Erfolgsbilanz[7]: "In allen anderen Verfahren haben wir
gewonnen." Man wolle nach der Bestätigung der eigenen Position mit den
Providern wieder vermehrt über Selbstregulierungsmaßnahmen ins Gespräch
kommen. Zum Komplettrückzug aus dem Telefonica-Verfahren konnte Hamacher
vorerst nicht Stellung nehmen.

Bei Telefonica wurde die Entscheidung begrüßt. "Allerdings hätten wir in
der Tat gerne auch eine klare Begründung gehabt", sagt die
Telefonica-Sprecherin Claudia Burkhardt. Mediaways brachte in erster
Linie das Großkundengeschäft in das neue Unternehmen, über HighwayOne
sei man allerdings auch ein großer Anbieter für Mittelständler, betonte
Burkhardt.

Inwieweit Telefonica sich grundlegend von den restlichen Providern
unterscheidet, darüber darf man sich jetzt beim Providerverband
Electronic Commerce Forum (eco[8]) den Kopf zerbrechen. Hannah Seiffert,
Leiterin des Berliner Büros des Verbandes, sagte: "Bis auf zwei
Unternehmen sind auch die von uns vertretenen Provider vorwiegend im
Geschäftskundenbereich tätig." Das OVG hatte in allen anderen Verfahren
die Sperrverfügungen auch insgesamt als wahrscheinlich rechtmäßig
bezeichnet. Auch wenn es erfreulich sei, dass das Gericht eine
differenzierte Betrachtung der Unternehmen vornehme, sei man mit der
jetzigen Situation weit entfernt von einer gewissen Rechtssicherheit
oder auch nur Klarheit. "Wir hätten natürlich zu gerne gesehen, wie das
OVG die Differenzierung der Unternehmen vorgenommen hätte." Mit einer
solchen Begründung hätte man dann auch in den anstehenden Hauptverfahren
argumentieren können. Die Frage bleibt aber, inwieweit die Provider
Anspruch auf Gleichbehandlung geltend machen können. (Monika Ermert) /
(jk[9]/c't)

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Tschuess, Tim.

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The greatest productive force is human selfishness.
(Heinlein: The notebooks of Lazarus Long)

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