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Re: SpOn: Kopierschutz darf nicht umgangen werden



On Thu, Apr 17, 2003 at 02:01:06PM +0200, Thomas Stadler wrote:
> Am 17 Apr 2003 um 13:37 hat holger.veit@ais.fraunhofer.de geschrieben:
> 
> > 
> > > Ich glaube, dass die Musikindustrie irgendwann begreifen wird, dass ihr 
> > > Kopierschutzkonzept nicht geeignet ist, die Verkaeufe wieder anzukurbeln. 
> 
> > 
> > Warum? Die aktuellen Titel verkaufen sich doch wie geschnittenes Brot, egel
> > ob Abspielschutz oder nicht. Es reicht aber doch aus, wenn ein einziger 
> eine
> > solche Scheibe rippt und dann in eine Tauschboerse stellt - im Nu ist sie
> > verbreitet. 
> 
> Das bestaetigt aber doch nur meine These. Die Musikindustrie jammert, dass 
> sie weniger CD's verkaufen, weil so viel gebrannt wird und deshalb muesse man 
> eben Kopierschutz - vornehm: DRM - einfuehren, damit die Leute die CD's nicht 
> mehr brennen, sondern wieder kaufen. Die glauben das IMHO wirklich, aber 
> dieser Irrglaube wird nicht ewig anhalten.

Hi,

ich bezweifle, dass die MI-Leute so naiv sind, zu glauben, dass die Tauschboersen
an allem schuld sind. Die wissen schon sehr genau, dass die Einbrueche 
ihrer Umsaetze (ueber das was konjunkturbedingt ist, hinaus) durchaus auch
damit zu tun hat, was sie an Junk auf den Markt werfen. "Deuschland-sucht-
den-Superschrott"-Shows sind letztlich Versuche, fehlende Qualitaet durch 
Massenkonsens zu ersetzen. Um so peinlicher wurde es doch von Folge zu Folge, 
als das System durch Daniel-Fans ins Laecherliche gezogen wurde, bis zur 
Gefahr hin, dass das entfant terrible doch noch in die Endrunde kommen wuerde.

Nein, ich denke, es geht konkret darum, jetzt endlich den Kunden vollends
zu entmuendigen und die Kontrolle bis zum letzten Bit zu bekommen, weil allein
dies die ultimative Gelddruckmaschine ist. Der Versuch ist auch dringend
notwendig, denn es ist klar, dass PC als ideale Informations-Kopiermaschine 
und Internet als idealer Informationsverteiler das Monopol der Musikindustrie
schlichtweg, ohne Reste zu hinterlassen, vernichten.

Das Kopierargument laesst sich noch solange anfuehren, wie es Mikrophone und 
Lautsprecher geben wird, denn solange wird es immer moeglich sein, eine Kopie 
in den Computer zu bekommen. Es ist der verzweifelte Versuch, eine Hoheit ueber 
die Verbreitung von Information wiederzuerlangen, die man im Grunde mit der
Erfindung des Buchdrucks, spaetestens aber mit der Verbreitung von Xerographie
und Magnetbandaufzeichnung verloren hat - seitdem wird gejammert, aber immerhin
waren die Kopien noch als solche erkennbar. Eine digitale 1 ist aber auch als
Kopie noch eine 1, keine 0.5.

Es wird nicht damit beendet sein, dass man eine Privatkopie pauschal rechtlich 
verbietet, weil ein solches Gesetz ein zahnloser Tiger ist.
Dadurch werden lediglich die Aktivitaeten hinter verschlossene Tueren und
in steganographische Verstecke im Netz gelockt, aber es wird sich nichts
aendern am Sachverhalt. Man kann nicht um das ganze Land eine Gefaengnis-
mauer ziehen, weil alle irgendwie Information kopieren (wenn Du in einer
Reply mich zitierst, dann kopierst Du, konsequenterweise waere ich dann
in der Lage, von Dir eine Entschaedigung zu verlangen - was die Absurditaet
eines Geld-fuer-Informationsverwertungs-Systems auf die Spitze treibt:
unsere Kultur beruht auf der Weitergabe und Verarbeitung von Information),
und uebler wird es noch durch ein weltumspannendes Informationsnetz -
wohin muss die Gefaengnismauer? Ums Sonnensystem? Um wen vor welchen
Kopier-Kriminellen zu schuetzen?

Die Frage ist eine kulturelle, naemlich die, welchen gesellschaftlichen
Wert wir Information zumessen, und was bestimmte Information auszeichnet,
dass sie als zu bezahlende Handelsware taugt, gegenueber "freier Information".
Meiner Auffassung nach ist der Versuch einer Grenzziehung zwischen beiden
Typen von Information artifiziell, akademisch, im Grunde sophistisch-juristische
Spiegelfechterei (ich hoere gewisse Toene im Radio, spiele sie auf meiner Geige
nach[1] und spiele sie meinen Freunden vor, und dann kommt die GEMA und will
Geld fuer meine Leistung sehen - wofuer?).

Ich denke, wenn sich das entsprechende Verstaendnis ueber die Beschaffenheit
des Objekts "Information" herumgesprochen hat, dann ist auch DRM und Kopier-
schutz vom Tisch (eine Startrek-Idealwelt, bei der man nicht mehr auf
Tauschmittel fuer Waren angewiesen ist, weil man einfach am Replikator
"Tea, Earl Grey" ordern kann). Bis dahin allerdings kann man (die Rechte-
verwertungs-Schmarotzer) allerdings einen immensen Flurschaden anrichten.

Holger

[1] kann ich nicht, aber nehmen wir mal an :-)




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