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Re: Datenschutz: Anzeige gegen T-Online




Thomas Stadler schrieb:

> Einzelne Daten koennen belanglos sein, aber darum geht es IMHO nicht. Es geht
> um die Ermoeglichung der Erstellung von Persoenlichkeitsprofilen. Wenn man
> eine Vielzahl belangloser Einzeldaten ueber eine bestimmte Person gesammelt
> hat, dann lassen sich diese Mosaiksteine irgendwann zu einem
> Persoenlichkeisbild zusammenfassen.

Jenseits der Vollanonymität ist alles ein Persönlichkeitsbild. Im übrigen: wie
genau sind wir denn bei der Zusammenstellung eines Persönlichkeitsbildes
betreffend unsere eigenen sozialen Kontakte und betreffend uns selbst?
Ich habe eine Menge potentiell verschiedene Leute kennengelernt und ich
jedenfalls habe den Eindruck, daß es nicht X Milliarden verschiedene
Persönlichkeiten gibt, sondern viel eher ca. 12. Die Zahl ist nur zufällig die
der Sternkreiszeichen, ich habe keine okkulten oder esoterischen Neigungen. Ob
das den Betreffenden Unrecht tut, ist egal. Jeder soll sich selbst fragen, ob er
wirklich den einzelnen in seinem individuellen Wesen, in allen Verschiedenheiten
oder nach wenigen Kategorien auf der Grundlage einer erfahrungsmäßig gewonnenen,
handhabbar kleinen Anzahl von Musterpersönlichkeiten einstuft oder ihn "erkennt"
(im biblischen Sinne) als unverwechselbares Individuum.
Es ist offensichtlich, daß die ganze Gesellschaft - zumindest in Deutschland -
nicht konstituiert wird von liebevoller Anteilnahme und Fürsorge, sondern von
Etikettierung a la Prokrustes. Das funktioniert, weil die Etikettierten sich in
ihren Etikettierungen einrichten und beginnen, sich entsprechend zu verhalten.



> Wenn ich nicht weiss, wer welche Daten
> ueber mich gespeichert hat, dann muss ich immer damit rechnen, dass
> irgendwelche Dinge, die ich laengst vergessen habe, in einem anderen Kontext
> irgendwann verwendet werden.

Das ist eine absurde Behauptung, auch wenn sie einem obiter dictum des
Volkszählungsurteils entnommen ist. Wenn ich wissen können will, was andere über
mich wissen, dann muß ich auch wissen, was diese anderen sonst überhaupt wissen,
denn Wissen ist ein Interpretationsakt, auf der Grundlage des jeweiligen
subjektiven Weltverständnisses. Dieser Widerspruch kann nur vermieden werden,
wenn man sagt: dann sollen eben alle gar nichts wissen. Die Radikalen in
Deutschland werden jeden Tag banaler und spießiger, denn sie wissen gar nicht,
welche Ungeheuerlichkeiten sie vorschlagen.

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