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Re: [FYI] SPIEGEL-Offline blaest zum Sturm auf die Rechtswegegarantie



* Rigo Wenning:

> 2/ Mit der Rechtswegegarantie ist gemeint, dass in Frankreich der Bau 
>   des TGV von Paris nach Metz 5 Jahre braucht (und entsprechend weniger
>         kostet) während ein gleiches Unterfangen in DE mind. 20 Jahre dauern
>         würde. Es braucht sich nur ein Grundstückseigentümer nicht gütlich
>         einigen wollen.
> 
> 3/ DE ist zurecht wegen Justizverweigerung vom ECHR verurteilt worden,
>         weil die Verfahren so lange dauern, dass es einer Rechtsverweigerung
>         gleichkommt. Dem ist so, weil jeder Mist an einem irren Prozedere
>         aufgehängt ist, insbesondere im Verwaltungsrecht.

Den Punkt "Verfahrensdauer" muß man glaube ich stark relativieren, da
gibt es doch sehr große Unterschiede zwischen den Gerichtsbarkeiten
und den einzelnen Bundesländern. Gerade bei den Verwaltungsgerichten
hat sich da in den letzten Jahren einiges getan:

Als die ganzen Asylverfahren aufkamen, hat man dort vielerorts personell 
aufgestockt. Diesen großen Verfahrensanfall hat man entweder nicht mehr
oder er wird durch spezielle prozeßrechtliche Vorgaben (Einzelrichterprinzip,
kein voller Instanzenzug mehr usw.) bewältigt. Als Nebeneffekt ist die
durchschnittliche Verfahrensdauer insgesamt deutlich gesunken.

Zudem ist es schon längere Zeit so, daß für Großprojekte wie
Autobahnen, Kraftwerke oder auch die genannte ICE-Streckedie
Oberverwaltungsgerichte erste Instanz sind. Deren Auslastung soll, wie
man hört, ebenfalls stark zurückgegangen sein, nachdem Rechtsmittel
gegen Urteile der Verwaltungsgerichte jetzt einer besonderen Zulassung
bedürfen. Ähnliche Entwicklungen gibt es ja auch im Zivilverfahrensrecht:
Einschränkung der Berufung, Einzelrichterprinzip usw.

IOW: Wenn man da noch mehr abbauen möchte, dann wird es wirklich
langsam kritisch. Auch vor dem Hintergrund, daß "Rechtswegegarantie"
ja gar nicht bedeutet, daß man einen Anspruch auf einen vollen 
dreistufigen Instanzenzug hätte; im Prinzip würde es reichen, wenn
einmal von einem Richter geprüft wird.

Riesige Verfahrensdauern gibt es allerdings noch immer, wenn Gutachter
im Spiel sind. Da die Leute nicht gescheit bezahlt werden, dauert das 
nicht selten Jahre, bis zu einem Verfahren mal ein Gutachten erstattet wird.
Und dann kommt noch'n Gegengutachten, anschließend wird Berufung
eingelegt usw. Wie man das lösen sollte, ist mir auch nicht klar.


-ut
-- 
Da kann man sich lohnender mit einem Toaster unterhalten. Der
gibt wenigstens was vernünftiges raus. 
(Rainer Behrendt in d.a.n-a.n über Debatten mit Rob Liebwein)

-- 
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