[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

[FYI] [computerwoche.de] Internet-Überwachung: In den Niederlanden ist nicht alles liberal



Hallo,

http://www.computerwoche.de/index.cfm?pageid=254&type=detail&artid=59878&linktype=rss

---[schnipp]---

Internet-Überwachung: In den Niederlanden ist nicht alles liberal
07.04.2004 um 17:34 Uhr 

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - In Deutschland wird heftig über die
Möglichkeiten der Exekutive bei der Überwachung von Kriminellen
nachgedacht. Eine Rechtsprechung, die den Strafverfolgungsbehörden
vergleichsweise weit gehend freie Hand bei der Observierung von
Telefonaten etc. ließ, hat der Bundesgerichtshof erst vor kurzem
kassiert und Modifikationen der Rechtsprechung gefordert. In den
Niederlanden scheint man da sehr viel weniger zimperlich zu sein. Dort
hat die Polizei große Freiheiten, auch im Internet die Bürger zu
überwachen und zu verfolgen.

Einmal mehr ins Gedächtnis gerufen wurden die vielfältigen
Verfolgungsoptionen der niederländischen Exekutive, als im vergangenen
Jahr Frans van Laarhoven der Polizei ins Netz ging. Laarhoven hatte
die Bevölkerung über Wochen in Atem gehalten mit seinen Drohungen,
Joghurt in Supermärkten zu vergiften. Schließlich hatte er
Lösegeldforderungen an den Lebensmittelkonzern Campina gestellt. Die
Übergabe dachte sich Laarhoven scheinbar ausgefuchst aus, indem er das
Internet als Kommunikationsmittel zwischen ihm und der Polizei nutzte:
Laarhoven wollte, dass die Behörden ein Bankkonto einrichteten, von
dem er das Lösegeld abheben würde. Alle Informationen hierzu sollte
die Polizei in einer Volkswagen-Golf-Werbung verstecken, die in eine
Online-Anzeige eingearbeitet wurde. Die Informationen sollten die
Übergabekonditionen darlegen.

Um seiner habhaft zu werden, holte sich die Polizei von möglichen
Internetprovidern Listen mit den Internet-Adressen (IP) der Surfer,
die die Werbung angeklickt hatten. Eher durch Zufall erwischte die
Polizei Laarhoven, der über den US-amerikanischen Service-Provider
Surfola.com kommend die präparierte Golf-Werbung herunter geladen
hatte. Surfola ist einer der Provider, der es seinen Mitgliedern
erlaubt, ihre Online-Identität anonym zu halten. Laarhoven hatte zur
Bedingung gemacht, dass die Polizei die Informationen auf der in den
Niederlanden sehr beliebten Internetseite von AutoTelegraaf platzieren
müsse. Nachdem die Polizei seine Identität aufgedeckt hatte,
überwachte sie ihn so lange, bis Laarhoven begann, Geld von dem
abgesprochenen Konto abzuheben. Dann schlug die Polizei zu.

Die Episode machte den Bürgern im Nachbarland einmal mehr klar, dass
in den Niederlanden jede Polizeidienststelle eine Überwachung des
Internet bei der Justiz beantragen kann, um alle örtlichen Internet
Service Provider (ISP) zur Mitarbeit bei Schnüffelaktionen
aufzufordern. Im beschrieben Fall hätte die Polizei theoretisch jeden
niederländischen Internetsurfer überwachen dürfen, der auf die
Web-Anzeige des Golfs von Volkswagen klickte.

Die Regierung hatte 1998 ein neues Gesetz eingebracht, dass ISPs
zwingt, Überwachungssoftware auf ihren Rechnern zu installieren, auf
die die Polizei zugreifen kann. Seinerzeit hatte es deswegen heftige
Diskussionen nicht nur von Menschenrechtsgruppierungen gegeben. Die
weitgehenden Überwachungsbefugnisse waren in der Öffentlichkeit sehr
umstritten. Seit den Anschlägen des 11. September 2001 flaute der
öffentliche Diskurs aber merklich ab.

In Deutschland sind die Bestimmungen noch nicht so weit gediehen wie
in den Niederlanden. Zwei Bundesländer erst haben der Polizei ähnliche
Internet-Überwachungsbefugnisse eingeräumt wie bei den Nachbarn.
Allerdings gibt es auch in den restlichen Bundesländern Überlegungen,
die Rechtsprechung zu ändern.

Die Niederlande haben in Sachen Überwachung auch in anderer Hinsicht
bereits eine lange Historie: Bereits seit den 70er Jahren, schreibt
das "Wall Street Journal", observieren die Exekutivorgane die Telefone
von inkriminierten Bürgern ab. Das US-Wirtschaftsblatt zitiert
Behörden mit der Angabe, pro Jahr würden in den Niederlanden rund
10.000 Telefonate abgehört. Dies bei einer Gesamtbevölkerung von 16
Millionen Menschen. (jm)

---[schnapp]---

Tschuess, Tim.

-- 
Haette man den Menschen 1880 genau das Leben beschrieben, das
wir heute fuehren, sie haetten es bestimmt graesslich gefunden.
-> Berliner Illustrierte Zeitung


-- 
To unsubscribe, e-mail: debate-unsubscribe@lists.fitug.de
For additional commands, e-mail: debate-help@lists.fitug.de