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heise online: Suchmaschinen in Deutschland bald nicht mehr jugendfrei?



Diese Meldung aus dem heise online-Newsticker wurde Ihnen von
"Joerg-Olaf Schaefers <listen@fx3.de>" gesandt. Wir weisen darauf hin,
dass die Absenderangabe nicht verifiziert ist. Sollten Sie Zweifel an
der Authentizität des Absenders haben, ignorieren Sie diese E-Mail
bitte. 
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Eine weitere Episode aus unserer geliebten Soap "Regulierte
Selbstregulierung/Co-Regulierung", der Plot entwickelt sich
erwartungsgemäß. 

Als regelmäßiger Zuschauer hätte ich mir seitens der Drehbuchautoren
vielleicht eine stärkere Differenzierung der Charaktere gewünscht,
vielleicht auch eine etwas weniger lineare Story. Aber ok, dafür ist
die Produktionsfirma ohnehin nicht bekannt. Vielen Dank an Stefan
Krempel für die Zusammenfassung. 
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Suchmaschinen in Deutschland bald nicht mehr jugendfrei?

Wolfgang Schulz, Geschäftsführer des Hamburger
Hans-Bredow-Instituts[1], warf am gestrigen Montag auf einer Tagung[2]
der Bertelsmann-Stiftung zum Thema "Suchmaschinen als Herausforderung
für die Medienpolitik" viele Fragen zur Regulierung von Suchmaschinen
auf. Dabei bestätigte er indirekt den Kurs der Düsseldorfer
Bezirksregierung[3], die künftig mit Sperrungsverfügungen[4] auch die
Betreiber von Suchmaschinen maßregeln will[5]. "Ich sehe durchaus
Möglichkeiten, hier vorzugehen", sagte er auf der Veranstaltung in
Berlin. Die entsprechende und heftig umstrittene deutsche Regelung im
Mediendienste-Staatsvertrag[6] sei "gar nicht so absurd", erklärte er
unter Hinweis auf die "fast wortwörtlich" gleiche Gesetzgebung im
US-Bundesstaat Pennsylvania[7].

Zu prüfen sei laut Schulz auch die Anwendung des nicht weniger
umstrittenen[8] Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) auf die
Internet-Spürhunde und Web-Indizes, die als Wegweiser durch die
netzbasierten Informationsmassen immer wichtiger werden. Da
Suchmaschinen auch nach deutschem Recht unzulässige Angebote in ihren
Ergebnissen auflisten, müsse man darüber nachdenken, ob ihre Betreiber
eventuell zur Installation von Jugendschutzprogramme und zum Aussperren
minderjähriger Altersgruppen verpflichtet seien.

Es sei zweifelhaft, erklärte der Medienrechtler, ob das redaktionelle
Intervenieren im Einzelfall bei problematischen Inhalten ausreichend
sei. Man könne so durchaus die "Gatekeeper"-Funktion von Suchmaschinen
auch als "Chance" zu Eingriffen verstehen, ohne gleich "chinesische
Verhältnissen" heraufzubeschwören. Bei derartigem "Vorfiltern" könnten
aber verfassungsrechtliche Bedenken auftreten, schränkte Schulz ein.
Weiter sei zu überlegen, inwiefern angesichts der starken Stellung
Googles das Wettbewerbsrecht zur Sicherung der "Meinungsvielfalt" bei
Suchmaschinen ausreiche oder ob weitergehende Spezialregelungen wie im
Rundfunkbereich zu treffen seien.

Michael Schneider, Rechtsanwalt und Mitglied der auf Basis des JMStV
agierenden Kommission für Jugendmedienschutz (KJM[9]), spannte den
theoretischen Bogen noch einen Schritt weiter. Wenn man Suchergebnisse
und ihre Beschreibungen tatsächlich als redaktionelle Inhalte begreife,
"könnten darunter auch absolut unzulässige Inhalte sein". Die müssten
dann mit einem Altersverifikationssystem geschützt werden.
Suchmaschinen müssten demnach eine Mauer um sich herum errichten,
distanzierte sich Schneider dann aber klar von derartigen Überlegungen.

Insgesamt gab es auf der Veranstaltung viel Druck auf die Betreiber von
Suchmaschinen, ihre Ergebnisse stärker regulatorisch zu steuern. Der
Leipziger Medienprofessor Marcel Machill von der Bertelsmann-Stiftung
bemängelte nicht nur eine oft ungenügende Kennzeichnung von Werbung. Er
mahnte zudem eine redaktionelle "Fehlerkontrolle" gerade bei
politischen Inhalten an fragte, ob der Suchkönig tatsächlich etwa bei
der Eingabe von Begriffen wie "NSDAP" oder "Gaskammer" auf
revisionistische Netzangebote verweisen müsse.

Machill befürwortet Eingriffe im Sinne von "Selbstregulierung und
ethischer Publizistik". Als der Stiftungsvertreter dieselbe Forderung
jüngst auf der Konferenz[10] Computers, Freedom & Privacy schon einmal
aufgeworfen hatte, erntete er heftige Proteste bei Andrew McLaughlin,
Chief Policy Officer bei Google: "Es ist uns unmöglich herauszufinden,
welche Einträge wir dann alles editieren sollen". Automatisch geblockt
werden könnten auf einer "klaren rechtlichen Basis" dagegen Suchen nach
Themen wie Kinderpornographie.

Mittelfristig werden die Suchmaschinenbetreiber aber wohl nicht
umhinkommen, mehr "Grey"- und "Blacklists" einzuführen, glaubt Manfred
Stegger, Chef des regionalen Suchanbieters allesklar.com[11]. Er
forderte die Aufsichtsbehörden zu "mehr Mut" auf, "sich einen
spektakulären Fall herauszugreifen und abzustrafen." Der Direktor der
Landesanstalt für Medien NRW[12], Norbert Schneider, zeigte sich
bedächtiger: Regulieren heißt seiner Meinung nach zumindest nicht
"strangulieren". (Stefan Krempl) /
 (anw[13]/c't)

URL dieses Artikels:
  http://www.heise.de/newsticker/meldung/47259

Links in diesem Artikel:
  [1] http://www.hans-bredow-institut.de/
  [2] http://www.bertelsmann-stiftung.de/de/4214.jsp
  [3] http://www.brd.nrw.de/BezRegDdorf/hierarchie/index.php
  [4] http://www.heise.de/newsticker/meldung/35562
  [5] http://www.heise.de/newsticker/meldung/41237
  [6] http://www.heise.de/newsticker/meldung/28738
  [7] http://www.heise.de/newsticker/meldung/43432
  [8] http://www.heise.de/newsticker/meldung/42653
  [9] http://www.alm.de/gem_stellen/gem_stellen_kjm.htm
  [10] http://www.heise.de/newsticker/meldung/46826
  [11] http://www.allesklar.com/
  [12] http://www.lfm-nrw.de/
  [13] mailto:anw@ct.heise.de

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