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Re: [FYI] Pressefreiheit.



* Hanno Wagner:

> Dann frage ich mich, warum bisher niemand gegen diesen
> Verfassungsbruch (Cicero-Durchsuchung) Klage eingereicht hat - und
> zwar direkt gegen Schily selbst. Oder ist dies längst geschehen und
> es wurde nicht darüber berichtet?

Was ist denn genau passiert?

Soweit ich weiß, hat "Cicero" in einem redaktionellen Beitrag
ausgiebig aus einem internen BKA-Dossier über einen sogenannten
Top-Terroristen zitiert, wobei auch Material veröffentlicht wurde, das
ursprünglich von ausländischen Diensten stammte. Es scheint sich um
folgenden Artikel zu handeln:

  <http://www.cicero.de/97.php?ress_id=1&item=554>

Der Artikel liefert im wesentlichen Hintergrundinformationen zu
Sarkawi. Vorwürfe zur Arbeit der (deutschen) Behörden oder ähnliches
ist nicht vorhanden -- und nur etwas aus dieser Ecke kann m.E. den
Bruch des Dienstgeheimnisses rechtfertigen.

Für mich sieht das (nach zugegebenermaßen oberflächlicher Prüfung) so
aus, als ob Cicero seinen Lesern einfach gutes Material bieten wollte,
völlig in dem Bewußtsein, daß dies negative Folgen für die Arbeit des
BKA und der deutschen Dienste haben kann. Gerade weil das BKA und
andere Behörden so weitgehende Befugnisse zur Überwachung von Bürgern
besitzen, muß absolut sichergestellt sein, daß aus diesen Behörden
keine Daten lecken, weil wir sonst der Unschuldsvermutung ade sagen
können und bereits ein Ermittlungsverfahren allein einer öffentlichen
Hinrichtung gleichkommt (wenn die betroffene Person nur ein bißchen
Medieninteresse weckt).

Wer sagt uns, daß Cicero nicht einfach zur Auflagensteigerung
genüßlich aus Dienstakten zitiert, ohne daß die Sachlage ein solches
Vorgehen rechtfertigen würde? Mag sein, daß man als Journalist
vertrauliche Informationen wie das BKA-Dossier braucht, um seine
Arbeit zu machen, aber dann muß man sich auch die Zeit nehmen, um den
Bezug zur eigenen Quelle zu verwischen. Alle beteiligten hätten das im
vorligenden Fall wesentlich entspannter gesehen. Für den Leser wirkt
das Ergebnis sicherlich weitaus weniger spannend, und als Journalist
bekommt man dadurch vielleicht den ultimativen Kick, aber an den
genannten Fakten (und ihrer Nachprüfbarkeit für den Leser!) ändert
sich nichts.

Ein bißchen kommt das mir so vor wie die Geschichte vom leeten
Cracker, der per Social Engineering Zugang zu Firmengeheimnissen
erhält, damit gegenüber seiner Peer Group prahlt, und dann eben
verknackt wird. Warum soll esJournalisten anders ergehen, wenn sie
letztlich das gleiche machen? Sind sie Bürger erster Klasse mit mehr
Rechten als wir?

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