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Re: Auswertung von Web-Seiten gerichtlich eingeschränkt



Am 19 Jan 2006, um 17:37 hat Felix Deutsch geschrieben:


> > Deinem o.g. Satz folgend hätte auch paperboy vor dem BGH nicht Recht
> > bekommen dürfen.
> 
> Doch, weil Pressespiegel (also auszugsweise Zitate anderer
> Presseerzeugnisse) ausdrücklich erlaubt sind. Dies ist ein Fall, wo das
> Verbraucherinteresse (also der Nutzen des Lesers) vom Gesetzgeber höher
> bewertet worden ist als das Urheberrecht der originären
> Presseerzeugnisse.

Bei Paperboy ging es nicht um Pressespiegel, das war eine andere 
Entscheidung.

Bei Bettercom geht es letztlich wie bei Paperboy um die Frage, ob die 
systematische Verwertung von jeweils unwesentlichen Teilen einer 
Datenbank einer normalen Auswertung der Datenbank zuwider laeuft oder 
die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar 
beeintraechtigt.

Die Frage ist also erneut - wie bei Paperboy auch - auf welche Art und 
Weise Daten, die im Web allgemein zugaenglich sind, ausgewertet werden 
duerfen.

Das LG Berlin hat sich mit dieser Frage leider nur sehr kurz 
auseinandergesetzt und insoweit die nicht naeher begruendete These 
aufgestellt, dass Bettercom anders als Paperboy nicht lediglich die 
Benutzung einer Datenbank anrege, sondern sie ersetze.

Da Bettercom die Einzelbewertungen ja nicht wiedergibt, wird die 
Benutzung der eBay Datenbank auch nicht ersetzt. Wer die 
Einzelbeurteilungen sehen will, muss nach wie vor zu eBay.

Stellen wir die Frage doch mal anders. Was ist denn, wenn man die 
Bewertungsdaten von eBay mit einer Suchengine im Rahmen einer 
Stichwortsuche durchforstet und Suchergebnisse erlangt, die eBay selbst 
nicht liefert? Unzulaessig? Wenn ja, dann wird sich die Frage 
anschliessen muessen, weshalb man dann Suchmaschinen nicht generell als 
Verletzung der Rechte von Datenbankherstellern ansehen muss. Denn 
Suchmaschinen durchstoebern permanent und systematisch komplette 
Datenbanken und bieten dann in der Trefferanzeige eine 
Vervielfaeltigung eines kleinen Teils (Titel, Beschreibung) an.

Der BGH hat dieses Problem und auch seine Tragweite erkannt und deshalb 
in der Paperboy-Entscheidung - fuer viele ueberraschend - einen sehr 
grosszuegigen Eingriff in ueber das WWW abrufbare "Datenbanken" 
gestattet.

Man wird zu einer in sich schluessigen Betrachtung nur dann finden, 
wenn man bei ueber das WWW frei abrufbaren Daten verschiedenste Formen 
der Auswertung als normal im Sinne des Gesetzes ansieht.

Gruesse

Thomas


Thomas Stadler
ts@cplus.de
http://www.afs-rechtsanwaelte.de
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Die Neuauflage 2005: Haftung fuer Informationen im Internet
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