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Re: BGHZ 66, 182 (Fernsehen, Newsserver, Schwarze Bretter)



Also nochmal zu Rigos mail, auf reply-to geh ich nicht mehr ein.., 

Maillisten sind eine Bitnet Erfindung, aber man kann gerne jede Liste 
konfigurieren wie man will........

Rigo schrieb:

>wenn Du so ein wichtiges Urteil in die Liste sendest, solltest Du es auch       
>fuer Nichtjuristen verstaendlich machen, indem Du nur die                       
>wichtigen und entscheidenden Stellen sendest und erlaeuterst                    
>und die juristischen Nebelkerzen ausbaust.                                      

Ich weiss nicht, was Du mit Nebelkerzen meinst. Die Ausschnitte fand ich
ok. Der Zusammenhang sollte deutlich werden, in dem die bei Sieber wieder-
gegebene und dort mit der Haftung fuer anderer Leute Graffiti an der
eigenen Hauswand in Zusammenhang gebrachte Stelle steht. Darueber kann man
ja mal nachdenken, ein paar mal lesen und wiegen, abwaegen....... Die Sprache
des Urteils mag fuer den Nichtjuristen etwas ungewohnt sein, aber sowas
muss man eh mehrfach lesen, ich jedenfalls, und im Prinzip ist die Problematik
doch gelaeufig, oder??

Entscheidend war hier, dass Panorama gerade kein Newsserver war, der blos
andere Leute zu Worte kommen laesst, um Minderheiten etc ein Sprachrohr zu
geben usw..., und deshalb nicht haftet, wenn Dritte beleidigen usw....

Hier also noch mal die bei Sieber zitierte Stelle, die aber ohne ihren
Zusammenhang voellig wertlos ist:

"Wo das Fernsehen als Veranlasser oder Verbreiter einer AEusserung 
zuruecktritt und - etwa im Rahmen einer gar "live" ausgestrahlten 
Fernsehdiskussion - gewissermassen nur als "Markt" der verschiedenen 
Ansichten und Richtungen in Erscheinung tritt, widerspraeche es dem Wesen 
des Mediums und seiner Funktion, es neben oder gar anstelle des 
eigentlichen Urhebers der AEusserung in Anspruch nehmen zu koennen."

Wenn man das Fernsehen fuer solche Sendungen haften liesse, gaeb es diese
Sendungen nicht. 

Und so gehts dann weiter:

"Eine der wichtigsten Aufgaben von Rundfunk und Fernsehen ist, der
Meinungsvielfalt die Moeglichkeit zur Darstellung zu geben und gerade auch
Minderheiten zum Wort zu verhelfen; vornehmlich zur Gewaehrleistung dieser
Moeglichkeit ist durch Art 5 Abs 1 GG die Rundfunkfreiheit (die auch das
Fernsehen schuetzt) verfassungsrechtlich garantiert. Das verpflichtet dazu,
schon bei Beantwortung der Frage, ob das Fernsehen allein wegen des
Ausstrahlens einer ehrverletzenden AEusserung belangt werden kann, den
Besonderheiten Rechnung zu tragen, die sich aus seiner Rolle ebenso wie aus den
Moeglichkeiten und Zwaengen fernsehgerechter Darstellung ergeben, damit nicht
durch vorschnelle Bejahung solcher "Teilnehmerschaft an der Stoerung" der
verfassungsrechtlich gewaehrleistete Zugang zu diesem Meinungsmarkt "Markt"
unzulaessig verengt wird."


>Ausserdem ist doch noch nicht klar, ob Internet ueberhaupt                      
>dem Rundfunkbegriff unterfaellt. 

Glaub nicht, dass die besondere Erwaehnung der Rundfunkfreiheit fuer
die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 oder das Urteil irgendeine wesentliche 
Bedeutung hat. Es geht um die Rolle der Meinungsfreiheit in der Demokratie.
Vgl. irgendeines der Fernsehurteile aus Karlsruhe. Da wird nicht auf Technik,
sondern auf die Bedingungen, Kosten, Knappheit etc und die Funktion in der
Gesellschaft abgestellt. Je mehr "demokratischer Meinungskampf" desto besser,
mit welchen Mitteln auch immer.

>Du arbeitest also mit einem                    
>Argumentum minus ad majore, ohne uns dies kundzutun.                            

Du meinst, Rundfunk ist staerker geschuetzt als die "neuen Medien"?????

Usenet ist im Prinzip wie Telephon, nie wie Panorama, und ueber die 
Einrichtung von Gruppen, wo man sich denken kann, dass dort konzentriert 
Straftaten begangen wuerden, wenn der Urheber strafbar waer, in welchem 
Land auch immer, sagen wir alt.sex.bestialities, muss man differenziert reden.
Und nie den Begriff der "Schrift" vergessen.......

Wenn ich Graffitis nicht wegwischen muss, kann ich auch an die Hauswand
schreiben: illegales bitte in diese Ecke, damit es die anderen nicht
lesen muessen. Und das sollte auch zu vermitteln sein, wenn es um die Haftung
des Providers geht. Man muss das Usenet so nehmen, wie es ist.

Aber ich wollte an sich keine neuen Grundsatzdiskussion ausloesen, was ist 
denn der aktuelle Meinungsstand??, sondern nur mal das fuer Siebers 
"ergebnisorientierte Auslegung" zentrale Urteil dokumentieren, Sieber, 
JZ 1996, Heft 9 und 10, in jeder UB, das beruehmte "Sieber-Gutachten", vor
allem eine Fundgrube ueber Haftung bei anderen Medien, aber auch eine gute
Darstellung des Usenets, wie es nun einmal ist.


Heiko