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Re: AW: AW: Vor- und Nachteile einer Zensur auf Nutzerebene



> 
> Inhaltsneutral heist, das man ein- und derselben Webpage verschiedene, sich auch
> widersprechende Klassifizierungen verpassen kann. Ich kann also eine Liste fur
> fanatisch-konservative Christen rausgeben und eine, wo was alles offen ist. Und
> noch eine. Und noch eine. 

Ich glaube, so einfach kann man es sich da nicht machen.

Wer entscheidet ueber die Listen? Etwa Vertreter der Katholischen Kirche
ueber das, von dem sie meinen, es ihren Anhaengern nicht zumuten zu koennen?
Oder steht es etwa den Gruenen an, bei einer Umwelt-Liste alles zu sperren,
was z.B. mit Autoverkehr und Kernkraft zusammenhaengt?
Beliebige andere Beispiele sind moeglich. Die Tendenz ist aber klar: gibt
man *irgendeiner* Interessengruppe ein Machtmittel in die Hand zu entscheiden,
was andere konsumieren duerfen, *werden* sie es fuer eigene Meinungsmache
ausnutzen.
   
Auch Du bist, ebensowenig wie ich oder jeder andere hier vollkommen 
objektiv, eine wirkliche Sperrliste z.B. gegen Pornographie, noch dazu
fuer fanatisch-konservative oder gemaessigt-evangelische oder was-auch-immer
fuer Christen oder andere Gruppen herauszugeben. Das liegt aber nicht daran,
dass ich Dich nicht als qualifizierten Entscheidungstraeger anerkenne, sondern
daran, dass es naemlich keine objektiven Kriterien fuer den Richtigkeitsgehalt
einer Meinung gibt. Eine mechanistische Entscheidung etwa aufgrund des
Erektionswinkels des Penis taugt da ueberhaupt nichts. Ich mag ja durchaus
huebsche Bilder im Playboy ansehen, aber Wixvorlagen aus dem St.Pauli-Magazin
ablehnen. Die Grenze kann eigentlich nur jeder selbst ziehen. Das gilt auch
fuer Elternentscheidungen ueber das, was ihre Kinder sehen sollen (erfahrungs-
gemaess sehen sie dann doch, was ihnen verboten ist :-) ).

> 
> Wer meint, er konne seinen Kindern nicht das ganze Internet zumuten, mus sich
> dann nur eine passende Sperrliste raussuchen.

Die Auswahl der Sperrlisten bedingt zweierlei:
1. Es muss sie in hinreichender Menge geben, um dem Meinungspluralismus
   Genuege zu tun. Sie muessen sorgfaeltig gewartet werden; ein Rundumschlag
   in Form eines 'egrep {sex|erotica}' ist untauglich.
2. Sie muessen verlaesslich sein. Da dies aber nicht definiert und mit einem
   Siegel attestiert werden kann (wer prueft die Pruefer?), muessen sich die
   armen Eltern selbst hinsetzen und sich mit dem Thema auseinandersetzen
   (die meisten freilich nehmen unkritisch, was Abhilfe verspricht; ist mir 
   auch klar), und mehrere Listen bewerten. Das mag noch eine verhaeltnis-
   maessig einfache ja/nein-Entscheidung bei Nacktfotos sein, aber wird
   schon schwierig bis unmoeglich bei anderen Themenbereichen (Politik,
   Religion).

-- 
         Dr.-Ing. Holger Veit             | INTERNET: Holger.Veit@gmd.de
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