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Re: CIX-DE: "Freiwillige Selbstkontrolle"



In article <4qrcuq$r5@news.Dortmund.Germany.EU.net>,
sastre@Anwalt.DE (Michael Schneider) wrote:

> (4) Die ISPs ¸ben selbst gar keine "Kontrolle" aus. Dazu sind sie als bloþe
> Carrier weder willens, noch in der Lage. Sie bedienen sich lediglich der
> Dienstleistung einer gemeinsam (aber nicht nur von den ISPs) getragenen
> Organisation, um sich Empfehlungen f¸r das grunds”tzlichen Vorgehen bei der
> Distribution von Newsgroups und im Einzelfall f¸r die L–schung von Nachrichten
> auf ihren Servern geben zu lassen.

(...)

> "Editorial control" h”tte - was ich aber auch noch bestreite - allenfalls
> ICTF. Die k–nnte sich "Editorial cotrol" nach deutschem Recht aber durchaus
> leisten. Da ICTF selbst eben keine News verbreitet, Zugang dazu gew”hrt
> etc.pp. kann sie sich durch bloþe Kenntnis der Inhalte ebensowenig strafbar
> machen, wie jeder "gew–hnliche deutsche UseNet-Teilnehmer".

Gimme a break. Warum sollen sich denn die ISPs dadurch aus der Affäre ziehen können, daß sie die Kontrolle nicht selbst durchführen, sondern durch einen Dritten, der in ihrem Auftrag handelt und dafür (denke ich doch) bezahlt wird?

> Echte Aufkl”rung betreibt man in Politik und Jusitz anders: Still und
> nachdr¸cklich. Und wenn das nichts bewirkt, erzeugt man mit
> –ffentlichkeitswirksamen Maþnahmen den Druck, den einige brauchen, um ihre
> innere Tr”gheit zu ¸berwinden.

Wie eco durch diese PE Druck auf Richter, StA, Politiker ausgeübt haben soll, wüßte ich gerne. Druck erzeugt habt Ihr allerdings: auf die ISPs nämlich. Die haben es _nach_ Eurem Vorpreschen nämlich verdammt schwer, den Eventualvorsatz zu widerlegen.

> >Vielleicht h”tten die dem nicht alles abgekauft, aber was Ihr mit diesem
> >Vorschlag angerichtet habt, ist viel schlimmer: F¸r den durchschnittlichen
> >ahnungslosen Staatsanwalt oder Richter, der von den Feinheiten des Usenets
> >keine Ahnung hat, sieht das doch bis jetzt so aus:
>
> >1. Es gibt in einer seltsamen Entit”t namens Internet, von der jetzt alle
> >sprechen, Dateien, die eigentlich verboten sind, deren Produktion,
> >Verbreitung, zT. Besitz strafbar ist.
>
> >2. Produzenten und Besitzer sind anscheinend schwer oder gar nicht zu
> >ermitteln, die Verbreiter aber schon.
>
> >3. Die Verbreiter heben aber die H”nde und behaupten, sie k–nnten f¸r nix.
> >Naja, glauben wir erstmal nicht. Sollen die erstmal beweisen.
>
> >Das ist der Stand vor dem 5. Juni. Da passiert aber was Komisches:
>
> >4. Jetzt sagen die Verbreiter pl–tzlich, sie k–nnten das doch
> >kontrollieren. Na also, ham wa doch gleich gewuþt.
>
> Siehe dazu die Argumentation oben. Die ISPs sagen gar nichts - sie verhalten
> sich aus sehr guten Gr¸nden "ganz still". Wenn hier jemand etwas sagt, ist es
> eco, respektive Harald Summa und ich.

Das stimmt nichtmal formal, denn (wie hier bereits bemerkt worden ist) Eure PE beginnt mit den Worten:

> Die fuehrenden Internet Service Provider, auf deren Initiative der Internet
> Medienrat zurueckgeht, haben im Rahmen der Freiwilligen Selbstkontrolle die
> Internet Content Task Force (ICTF) beschlossen.

und behauptet später:

> Mit der Einrichtung der ICTF uebernehmen die Internet Service Provider einen
> Teil der Verantwortung bei der Gestaltung einer modernen
> Informationsgesellschaft.

Mein obiger Versuch, einen möglichen Gedankengang von Joe Staatsanwalt nachzuvollziehen, beruht aber realistischerweise gar nicht auf Fakten, sondern auf Stimmungen, Halbwissen und Eindrücken. Und wenn ein Verein, der für Die Deutschen ISPs spricht, sagt, daß man doch irgendwie kontrollieren kann und daß irgendwie Verantwortung übernommen wird, dann begründet dieser Verein damit den Eventualvorsatz für alle, die sich dem nicht anschließen.

> >Mehr noch: er ist unverantwortlich.
>
> Ich kann und will es niemandem nehmen, ICTF zu bewerten, wie er meint, es tun
> zu m¸ssen. Allerdings bin ich der Ansicht, daþ eine derartige Bewertung alles
> andere als objektiv ist.

Geschenkt. Das ist eine klare Wertung von mir, die nicht objektiv ist, die ich aber begründet habe.

Bitte nicht so dünnhäutig; ich bin weder Donnerhacke noch Ksoll.

> >Vermittelnde Ansichten geh–ren ins Seminar oder in die Literatur und
> >schm¸cken den, der sie ”uþert
>
> Das ist absolut praxisfern. Vermittelnde Ansichten geh–ren in jede gute
> Mandantenberatung.

Das wäre mir neu, daß Mandanten via Presseerklärung beraten werden.

> > (und das ist nota bene anwalt.de).
>
> Wenn ich mich mit irgend etwas h”tte "schm¸cken" wollen, h”tte ich den
> klassischen Weg gew”hlt: Konzept schreiben, Konzept begr¸nden, dabei in
> Detailfragen eine "sch–ne neue" Ansicht einf¸gen,  mit Fuþnoten wichtiger
> machen, gute Fachzeitschrift suchen, publizieren und in die Ablage damit.

Dann hätte Dich der BR aber gewiß nicht interviewt.

> > Und das tut man nicht, indem man sie in einer wenigstens
> >noch offenen Situation aufgibt.
>
> Wir f¸hren die politische Auseinandersetzung mit einer, wie ich finde,
> glasklaren Strategie. Und wir geben hier keineswegs Positionen auf.

C'm on. Du sagst doch selbst dauernd, daß der Common carrier Status von den Verfolgern im Zweifel nicht so gesehen wird wie zB. von Sieber, und daß Ihr deshalb vorbauen müßtet. Ihr _seid_ in der Defensive und Euer Vorschlag _gibt_ eine Position auf, weil Du sie für vor Gericht nicht durchsetzbar hältst.

Ich betone nochmal: Es kann ja richtig und realistisch sein, sich taktisch defensiv zu verhalten. Wie gesagt, ich erwarte von kommerziellen Unternehmen nicht, den Helden zu spielen. Ich bestreite nur, daß die ICTF ein kluger taktischer Rückzug ist, sondern behaupte, daß Ihr Euch damit ins eigene Fleisch schneidet.

Boris.

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