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In einem anderen Licht, Re: p960912d.htm



--- Newsclip vom 27.5.97 ---


Peking (eigener  Bericht) -   Das chinesische
Innenministerium gab heute in Peking bekannt,
daß  es für  die  etwa  500.000  chinesischen
Internet-Nutzer     den   Zugang     zu   den
Internet-Seiten  der  deutschen Wochenzeitung
DIE   ZEIT  sperren  werde.   Anlaß für diese
Maßnahme  stellt ein Artikel  der Ausgabe vom
22.5.97  dar.   Darin hatte ein  profilierter
Kritiker der chinesischen  Machthaber schwere
Vorwürfe   gegenüber  führenden  Funktionären
geäußert.   DIE  ZEIT stellte  diesen Artikel
auch im Internet bereit.  Auf diese Weise war
der  Artikel  auch in  China zugänglich.  Ein
Sprecher des Innenministeriums erklärte,  man
habe     Kontakt   zu  den   verantwortlichen
Redakteuren der   ZEIT     aufgenommen    und
erfolglos   darauf gedrängt,  den Artikel  zu
entfernen.      Der  Artikel beinhaltet  nach
Darstellung   des   Sprechers    beleidigende
Formulierungen, die nach chinesischem   Recht
zu  ahnden seien.   Der  Sprecher  in  Peking
führte weiter aus, daß die Sperrung einzelner
Adressen auf dem Internet kaum zu realisieren
sei.  Daher  habe    man  zu  der    Maßnahme
gegriffen, den  gesamten Zugang zum deutschen
Internet-Anbieter  BDA-Verein,  über  den die
ZEIT  ihre   Seiten in   das Netz speist,  zu
blockieren.   Dieses Vorgehen hat zur  Folge,
daß andere  Angebote, die über den BDA-Verein
erreichbar sind, wie etwa DER SPIEGEL und die
Firma  Euro-Asia-Connection, den chinesischen
Nutzern  ebenfalls vorenthalten bleiben.   In
China unterhalten bislang vorwiegend   Firmen
einen   Zugang  zum  Internet.  Der  Sprecher
äußerte die Hoffnung, chinesischen Firmen den
Zugang zu deutschen Anbietern zu  verweigern,
wecke in   Deutschland Verständnis  für   die
chinesische    Position.  In einer     ersten
Stellungnahme  erklärte    Robert     Leicht,
Chefredakteur der ZEIT, der fragliche Artikel
falle unter das  deutsche Presserecht und sei
auf  dieser  Grundlage nicht zu  beanstanden.
Außerdem, so Leicht, sei Meinungsfreiheit ein
hohes  Gut, daß  es  zu wahren gelte.  Anders
reagierte der  Geschäftsführer    der   Firma
Deutschland-China  Direkt,  Klaus   Mann:  Er
werde   noch innerhalb  dieser Woche   seinen
Vertrag mit dem BDA-Verein kündigen und seine
Informationen     über       einen    anderen
Internet-Anbieter  zugänglich  machen.  Seine
Firma  könne es sich   nicht leisten  auf die
Kontakte   zu seinen  chinesischen  Kunden zu
verzichten.   Eine Stellungnahme seitens  des
BDA-Vereins  steht   noch  aus.  Auch seitens
ECO,    dem   Zusammenschluß        deutscher
Internet-Anbieter,  der in der  Vergangenheit
durch ähnliche  Aktionen   von  sich    reden
machte,  und    dem  auch die   Betreiber des
BDA-Vereins angehören, äußerte man sich  noch
nicht zu den Vorfällen.