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Schneider: Neue PE.





                                  [INLINE]
                                      
             Mitteilung der Internet Content Task Force (ICTF)
                                      
                       RA Michael Schneider, eco e.V.
                                      
   Seit unserer ersten Pressemitteilung sind nunmehr knapp zwei Wochen
   vergangen. In der Zwischenzeit haben die von der Sperrung betroffenen
   Betreiber ebenso auf die Maßnahme reagiert, wie Teilnehmer "aus der
   Mitte des Internet". Auch der Dialog zwischen eco und der
   Bundesanwaltschaft wurde fortgesetzt. Auf dieser Seite informieren wir
   Sie über den aktuellen Stand aus unserer Sicht.
   
   Um den Umfang des Dokumentes zu reduzieren, haben wir einige
   Bestandteile auf gesonderten Seiten beigefügt.
   
   Zum Inhalt der vorliegenden Mitteilung:
   
     * Unser Schreiben an die Bundesanwaltschaft vom 09.09. (Auszug)
     * Gesprächsnotiz vom 09.09. (Auszug)
     * Unser Schreiben vom 10.09. (Auszug)
     * Empfehlung zu www.serve.com vom 11.09.
     * Fax der Bundesanwaltschaft vom 13.09.
     * Vorläufiges Fazit
     * Spiegelung von
       http://ourworld.compuserve.com/homepages/angela1/radilink.htm
     * [1]Links zur Presse-Berichterstattung (bitte schicken Sie uns
       Referenzexemplare oder URLs !)
       
   Aus aktuellem Anlaß weisen wir auf folgendes hin: Dieses Dokument darf
   zitiert, auf anderen Servern hinterlegt und geposted werden, wenn und
   so lange sichergestellt ist, daß der Text vollständig und unverändert
   wiedergegeben wird.
   
     _________________________________________________________________
                                      
   Mit Schreiben/Fax vom 09.09. haben wir der Bundesanwaltschaft folgende
   "Stellungnahme zum aktuellen Status" übermittelt (Auszug):
   
                                     I.
                                      
   Inzwischen haben wir zahlreiche Rückmeldungen zu der Sperrung erhalten
   und zwar sowohl von Vertretern der Presse, wie auch von
   Interessenverbänden "aus der Mitte des Internet". ...
   
   Zu Ihrer Information führe ich einige Anfragen und Statements
   auszugsweise auf:
   
   1.) Reaktion der XS4ALL-Betreiber
   
   XS4ALL hat inzwischen weltweite Aufmerksamkeit auf sich gezogen und
   dokumentiert diese auf ihrem WWW-Server:
   
     /* es folgt der Abdruck [2]dieser Seite */
     
   Die erwähnte Nachricht an mich gebe ich nachfolgend wieder (die
   Passagen mit vorangestellter eckiger Klammer bezeichnen - den
   Gepflogenheiten im Internet entsprechend - Zitate aus einer
   vorangegangenen Mail von mir):
   
     /* den Beitrag finden Sie im Original auf [3]dieser Seite */
     
   2.) Reaktion eines deutschen Verbandes:
   
   Es ist wieder soweit: Deutsche Internetanbieter beginnen mit
   elektronischer Bücherverbrennung ...
   
     /* die vollständige Pressemitteilung finden Sie auf [4]dieser Seite
     */
     
   3.) Stimmen aus dem Internet
   
   Hier einige Aussagen, die uns per Mail oder News erreichten. Die
   Beiträge wurden von mir annonymisiert und gekürzt:
   
     /* Bitte lesen Sie die Zusammenstellung auf [5]dieser Seite */
     
                                    II.
                                      
   Die Situation stellt sich aus unserer Sicht wie folgt dar:
   
    1. Die bisher ergriffenen Maßnahmen sind wirkungslos. Die
       Radikal-Ausgabe, die Gegenstand Ihrer Ermittlungen ist, wurde
       inzwischen so weit gestreut, daß es de facto unmöglich ist, zu
       verhindern, daß Kunden eines Internet-Service-Providers Zugriff
       darauf erhalten. Täglich werden neue sogenannte "Mirror-Sites"
       eingerichtet (zur Zeit sind es mindestens 20); die Radikal wurde
       und wird wohl auch weiterhin mehrfach in den News geposted und die
       Anbieter im Internet haben inzwischen mehrere Ansätze entwickelt,
       um eine eindeutige Identifizierung von Servern, welche die Radikal
       beherbergen, zu verhindern (Anonymous-Server, automatisierter
       Wechsel von Adressen). Die in der vergangenen Woche erfolgte und
       von den angeschlossenen Providern nach wie vor aufrecht erhaltene
       Sperrung führt daher nicht mehr zu dem gewünschten Erfolg.
    2. Selbst wenn wir erhebliche personelle Ressourcen zur Verfügung
       stellen könnten, um alle einschlägigen Aktivitäten im Internet
       auszuwerten, ließe sich die Verbreitung der Schrift nicht mehr
       wirksam eindämmen. Im übrigen werden Sie verstehen, daß wir es
       nicht als unsere Aufgabe ansehen, die ICTF angeschlossen ISPs
       selbst "bösgläubig zu machen" und sie auf diese Weise einem
       Strafvorwurf auszusetzen, der sie ohne unsere Tätigkeit nicht
       treffen würde.
    3. Die von uns vertretenen Provider sehen sich inzwischen einem
       öffentlichen Druck ausgesetzt, der in keinem Verhältnis zu dem
       Erfolg steht, den die Bundesanwaltschaft durch die Sperrung der
       maßgeblichen Hosts erreicht haben kann. Mit Befremdung haben wir
       darüber hinaus die - möglicherweise nicht zutreffenden -
       Behauptungen gelesen, wonach den ICTF nicht angeschlossenen
       Providern (das Forschungsnetz DFN bzw. die sogenannten
       "Online-Dienste" von DTAG, Compuserve und AOL) die Sperrung nicht
       aufgegeben worden sei.
       
                                    III.
                                      
   Nach alledem ergibt sich für mich folgende rechtliche Bewertung, die
   ich gerne mit Ihnen diskutieren möchte.
   
   Wie Sie wissen, kommt im vorliegenden Fall nach unserer Ansicht
   ohnehin nur eine Strafbarkeit der ISPs durch Unterlassen in Betracht.
   Wenn man dann - was wir bezweifeln, worüber in der Literatur
   allerdings gestritten wird - davon ausgehen wollte, daß eine
   Garantenpflicht der ISPs besteht, ist eine Strafbarkeit zum
   gegenwärtigen Zeitpunkt unter zwei Gesichtspunkten nicht mehr gegeben:
   
    1. Selbst wenn eine Person nämlich kraft ihrer Garantenstellung zur
       Vornahme einer Handlung verpflichtet ist, muß als weitere
       Voraussetzung für ihre Bestrafung hinzutreten, daß sie eine zur
       Herstellung des rechtmäßigen Zustandes geforderte Leistung
       tatsächlich erbringen kann. Was objektiv unmöglich ist - und ein
       erfolgreiches Sperren aller inkriminierten Informationsquellen ist
       vorliegend nicht mehr umsetzbar - kann man nicht unterlassen. Die
       einzige wirklich wirksame Maßnahme, die ISPs zum gegenwärtigen
       Zeitpunkt noch vornehmen könnten, wäre eine vollständige Sperrung
       des gesamten Internet-Zuganges für alle Kunden. Dies verbietet
       sich jedoch von selbst.
    2. Auch unter dem Gesichtspunkt der Ursächlichkeit scheidet eine
       Strafbarkeit der ISPs aus. Nach der gängigen
       Conditio-sine-qua-non-Formel ist es erforderlich, daß die
       rechtlich erwartete Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne
       daß der Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
       entfiele. Eine Handlung, welche diese Voraussetzungen erfüllt, ist
       für mich und auch für technisch versierte Dritte jedoch nicht mehr
       erkennbar.
       
   Ich ziehe daher in Betracht, die in der vergangenen Woche namens der
   ICTF ausgesprochene Empfehlung zu widerrufen oder die Empfehlung zur
   Sperrung jedenfalls nicht über die darin genannten 28 Tage hinaus zu
   verlängern.
   
   Allerdings vermag ich natürlich nicht auszuschließen, daß die
   Bundesanwaltschaft den ICTF angeschlossenen Providern Handlungsmaximen
   aufzeigen kann, die ich in meiner vorläufigen Bewertung übersehen
   habe.
   
                                    IV.
                                      
   Falls auch Sie keine wirksamen Handlungsalternativen sehen, die eine
   Verbreitung der aktuellen Radikal-Ausgabe effektiv einschränken
   können, biete ich Ihnen an, in einen Dialog darüber einzutreten, wie
   man Äußerungsdelikten im Internet anderweitig wirksam begegnen kann.
   Der eco e.V. hat unter anderem zu diesem Zweck den sogenannten
   "Internet Medienrat" eingerichtet. Einzelheiten können Sie aus dem
   Entwurf einer Resolution entnehmen, die wir im August formuliert haben
   und die dem Internet Medienrat in seiner konstituierenden Sitzung zur
   Diskussion vorlegen wird:
   
     /* es folgt der Abdruck der Resolution, die in ihrer aktuellen
     Fassung auf [6]dieser Seite wiedergegeben wird */ 
     
   Wir sind der Ansicht, daß gerade das vorliegende Ermittlungsverfahren
   deutlich aufzeigt, wie nötig die oben beschriebene "neue Strategie"
   ist. Bitte seien Sie versichert, daß wir den Internet Medienrat nicht
   als "Debattierclub", sondern als eine ernsthafte Plattform betrachten,
   die organisations- und fachbereichsübergreifend praxistaugliche
   Lösungen entwickeln soll. Selbstverständlich sollen diese Lösungen den
   wesentlichen Grundsätzen unseres Rechtsstaates Rechnung tragen. Um
   dies zu gewährleisten, wäre eine mindestens mittelbare Beteiligung
   auch der Bundesanwaltschaft hilfreich - allerdings müßte dabei
   gewährleistet sein, daß die Ihnen im Rahmen der Diskussion
   gegebenenfalls zur Kenntnis gelangenden Einzelheiten
   strafrechtsrelevanter Vorgänge nicht zum Gegenstand von Ermittlungen
   gemacht werden.
   
   Auch außerhalb des Internet Medienrates halten wir eine Diskussion
   über neue Strategien für wünschenswert, die das staatliche Interesse
   an der Wahrung der Rechtsordnung umsetzen, ohne unverhältnismäßig in
   die Gepflogenheiten des Internet oder die Rechte von Teilnehmern und
   Providern einzugreifen. Unter der Voraussetzung, daß Dritten aus der
   Zusammenarbeit zwischen Ihnen und eco keine Nachteile erwachsen,
   stehen wir Ihnen gerne mit unserem Knowhow zur Verfügung.
   
     _________________________________________________________________
                                      
   Am Nachmittag des 09.09. ergab sich dann erneut die Gelegenheit zur
   Rücksprache. Dabei wurde deutlich, daß die Bundesanwaltschaft keinen
   Anlaß sah, ihre Strategie zu ändern. Das weitere Vorgehen werde zwar
   Gegenstand weiterer hausinterner Abwägungen sein, einstweilen bleibe
   es aber bei dem bekannten Standpunkt. Die ICTF nicht angeschlossenen
   Provider - auch die sogenannten Online-Dienste - seien von der
   Bundesanwaltschaft "ebenfalls abgemahnt" worden. Maßnahmen gegen
   diejenigen Provider, die der bereits in der ersten Pressemitteilung
   wiedergegebenen Aufforderung nach angemessener Frist nicht
   nachgekommen seien, würden nunmehr eingeleitet.
   
   Dies betreffe auch die uns angeschlossenen Provider, über die XS4ALL
   wieder abrufbar sei. Ich habe erläutert, daß die Ursache für die
   erneute Erreichbarkeit von XS4ALL in dem Umstand liege, daß die
   Betreiber einen kontinuierlichen Wechsel der Abbildung des
   Rechnernamens auf die jeweils zugehörige IP-Adresse implementiert
   haben. Dazu wurde ich um weitergehende Ausführungen gebeten.
   
     _________________________________________________________________
                                      
   Die erbetenen Ausführungen wurden der Bundesanwaltschaft am Abend des
   10.09. übersandt. Sie sind nachfolgend wiedergegeben (Auszug):
   
   ...
   
                                    II.
                                      
   Sie hatten mich weiterhin gebeten, darzustellen, aus welchem Grund der
   WWW-Server von XS4ALL - trotz der aufgrund unserer Empfehlung
   erfolgten Sperrung der Host-ID - über einige der angeschlossenen
   Provider gegebenenfalls wieder zugreifbar sei. Ich verweise in diesem
   Zusammenhang auf die Ausführungen in meinem letzten Schreiben und im
   übrigen auf folgendes:
   
   Als Reaktion auf die Sperrung des Zugangs zu der IP-Nummer von XS4ALL
   hat der Betreiber des Servers nach den Feststellungen der ICTF einen
   kontinuierlichen Wechsel der Abbildung des Namens "www.xs4all.nl" auf
   IP-Nummern implementiert. Dieser Mechanismus setzt zum einen auf einer
   Rekonfiguration des Servers selbst auf, dem eine neue IP-Nummer
   entweder aus einem vorkonfigurierten Satz von Nummern oder nach dem
   Zufallsprinzip aus dem zugehörigen Class-C-Netz, potentiell aber auch
   aus einem anderen nur temporär zugeordneten Netz zugewiesen wird.
   Damit diese neue Zuordnung auch für Dritte wirksam wird, mußte der
   Domain-Name-Service (DNS) dergestalt modifiziert werden, daß die
   Abbildung des Namens auf die IP-Nummer in kurzen Intervallen auf den
   jeweils konfigurierten Wert geändert wird.
   
   Für Änderungen der Abbildung sieht das DNS standardmäßig vor,
   herausgegebene Informationen mit einer Lebensdauer (time to live, TTL)
   zu versehen, die anzeigt, wie lange die Information als gültig
   betrachtet werden kann. Nach Ablauf der Lebensdauer sind Anwendungen
   im Internet gehalten, die Informationen neu zu laden. XS4ALL hat zur
   Zeit die Lebensdauer der Abbildung des Namens auf die IP-Nummer auf ~
   30 min. gesetzt. Nach Ablauf dieser Frist laden die von potentiellen
   Interessenten verwendeten Systeme automatisch eine neue Abbildung (die
   sich nicht notwendigerweise von der alten unterscheiden muß, dies aber
   im Falle von XS4ALL häufig tun wird).
   
   Sodann greifen die Clients, ohne daß dieser Vorgang für den
   Endanwender sichtbar wird, unter Verwendung der neuen IP-Nummer auf
   den Server zu. In den beigefügten Sitzungsmitschnitten wurden Anfragen
   an das DNS dokumentiert. Die TTL ist dabei direkt hinter dem Namen des
   Servers (hervorgehoben durch Fettdruck und eine Unterstreichung) zu
   erkennen. Die Einstellung des Mechanismus auf zur Zeit ~ 30 min. kann
   seitens des Betreiber durch Änderungen in seinem Directoryservice ohne
   weiteres auf wenige Minuten oder gar Sekunden reduziert werden.
   
   Ein Provider, der einem solchen Mechanismus folgen wollte, müßte die
   jeweilige Abbildung des Namens auf eine IP-Nummer kontinuierlich
   überwachen, was sich nicht manuell sondern nur durch eine zu diesem
   Zweck zu erstellende Software realisieren ließe. Hinzu kommt, daß eine
   permanente Rekonfiguration der in Produktion befindlichen Router
   erforderlich wäre. Derartige Maßnahmen beeinträchtigen die Performance
   der gesamten Infrastruktur eines Providers und sie sind sogar
   geeignet, die für einen unter kommerziellen Rahmenbedingungen
   arbeitenden Provider überlebenswichtige Servicequalität zu
   beeinträchtigen (durch Reduzierung der Gesamtverfügbarkeit des
   Systems, die sich aufgrund von Inkonsistenzen ergeben kann, die bei
   häufigen Rekonfigurationen typischerweise auftreten).
   
   Eine Alternative zu dem geschilderten aufwendigen Verfahren besteht
   allenfalls darin, die für die Zone XS4ALL.NL zuständigen Nameserver zu
   blockieren, was aber dazu führen würde, daß die Namen aller anderen
   dort verwalteten Systeme dann ebenfalls nicht mehr aufgelöst werden
   könnten. Davon wären vermutlich zahlreiche von XS4ALL verschiedene
   Organisationen betroffen (die Maßnahme wäre der Löschung einer
   Postleitzahl aus dem Zustellsystem der Post AG vergleichbar).
   
   Hier nun die erwähnte Dokumentation der Anfragen:
   
     /* es folgt der Inhalt [7]dieser Seite */
     
                                    III.
                                      
   Der niederländische Betreiber von XS4ALL teilte uns inzwischen
   folgendes mit (Auszüge):
   
     Today we got the first cancellations of accounts and webservers at
     Xs4all. One of them sent us a fax that Germany is of large economic
     value to his business, and that he cannot afford to be blocked. If
     this goes on, we'll have to consider recovering these damages. This
     could mean that Xs4all will have to start litigation against both
     Germany and the ICTF. I seriously hope we will not be forced into
     that situation.
     
     We can prevent further damage to Xs4all by sending out a
     press-release in the following days, that states that Xs4all is no
     longer being blocked, and that the recommendation to censor the
     whole host was cancelled. If we can send this message out quickly
     enough, then further damages will be avoided, and we'd not be
     forced to start litigating. Even 28 days of censorship is costing
     us customers. Please keep me updated on any developments.
     
     Someone at Human Rights Watch emailed me today, requesting the
     (email and snailmail) address of the Prosecutor General. Could you
     please send it to me, they want to send him a letter of protest.
     
     Today Elly Plooij, liberal delegate in the European Parliament,
     asked a whole list of question about this case to the comission.
     ...
     
   Ich habe mitgeteilt, daß ich der angedrohten Klage keine
   Erfolgsaussichten beimesse und darauf hingewiesen, daß nicht ICTF den
   Anlaß für den gegenwärtigen Vorgang gegeben hat, sondern die Tatsache,
   daß die ermittlungsgegenständliche Ausgabe von "Radikal" über dern
   XS4ALL-Server zugänglich gemacht worden sei.
   
   In einer weiteren Stellungnahme gibt XS4ALL die aktuelle Situation
   dann wie folgt wieder:
   
     ... if this goes on, then ICTF will have to block hunderds of
     sites, censor newsgroups, email-lists et cetera. The more
     censorship the more protest from the internet-community. It's a
     neverending spiral of blocking and recreating information. There
     are no winners in such a game, only losers."
     
   Dieses Szenario beschreibt die jetzt bevorstehende Entwicklung aus
   unserer Sicht zutreffend. Zu den erwähnten "losers" gehören auch und
   gerade die von uns vertretenen Provider.
   
                                    IV.
                                      
   Danach ist folgendes festzustellen:
   
    1. Die der ICTF angeschlossenen Provider haben die Sperrung nicht
       wieder aufgehoben, sie ist lediglich aus Gründen, die nicht in
       ihrem Einflußbereich liegen, hinsichtich XS4ALL nicht mehr
       wirksam.
    2. Wir halten an den im letzten Schreiben gemachten rechtlichen
       Ausführungen fest, wonach eine Beihilfe der Provider unter den
       gegebenen Bedingungen nicht mehr gegeben sein kann.
    3. Wir teilen nach wie vor Ihre rechtliche Einschätzung hinsichtlich
       der Strafrechtswidrigkeit der maßgeblichen Ausgabe von "Radikal".
       Unabhängig von der rechtlichen Beurteilung scheitert allerdings
       jeder äußere Eingriff in das Internet und auch jede Form der
       Selbstkontrolle, wenn der Urheber einer Schrift nicht Kunde eines
       im Geltungsbereich der deutschen Rechtsordnung tätigen
       Service-Providers ist und wenn er sich darüber hinaus auf eine
       netzweite Solidarität berufen kann (was bei Straftaten mit
       politischem Hintergrund wesentlich regelmäßiger der Fall sein
       wird, als beispielsweise bei der Verbreitung "harter"
       Pornographie).
       
   Wir ziehen daher weiterhin in Betracht, die von ICTF in der
   vergangenen Woche ausgesprochene Empfehlung zu widerrufen. Sofern im
   Falle eines solchen Widerrufes von Ihren erwogen würde, die
   Ermittlungen auf einzelne Provider auszuweiten, weise ich vorsorglich
   darauf hin, daß ein Strafverfahren gegen die uns angeschlossenen
   Provider nicht zur Verurteilung führen kann. Wenn sich diese nämlich
   nach einer Abwägung aller Argumente entschließen, unserem fachlich
   fundierten Rat zu folgen, entfällt für sie der Vorsatz (auch in der
   Form des dolus eventualis). Richtiger Beschuldigter wäre daher - wenn
   überhaupt - eco/ICTF als Organisation bzw. ich als Person, da ich die
   Provider zur Aufhebung veranlaßt und damit im Sinne der
   Conditio-sine-qua-non-Formel die letzte Ursache dafür gesetzt hätte,
   daß die Kunden der Provider wieder auf die "Radikal" zugreifen können.
   
                                     V.
                                      
   Ein konstruktives weiteres Vorgehen können wir uns nur auf der Basis
   folgender Alternativen vorstellen:
   
    1. Die Bundesanwaltschaft konzentriert ihre Ermittlungstätigkeit auf
       diejenigen, die sich an der Verbreitung der Schrift aktiv
       beteiligen. Zugriffssperrungen erfolgen nicht mehr vor der
       Datensenke, sondern - wenn überhaupt - an der Datenquelle. Wir
       sind der Ansicht, daß der Aufwand, dies im Wege der Amtshilfe zu
       erreichen - jedenfalls im Falle von XS4ALL - geringer ist, als der
       oben dargestellte Programmier- und Implementationsaufwand.
    2. Wenn Sperrungen durch deutsche Provider - entgegen unserer Ansicht
       - nach wie vor als realisierbar und erforderlich angesehen werden,
       ist ein allgemeiner Hinweis wie der aus Ihrem Telefax vom 30.08.
       dafür keine geeignete Grundlage. Stattdessen benötigen wir
       konkrete Angaben darüber, auf welche Host-IDs sich die Maßnahme
       erstrecken soll. Zur Übermittlung der Host-IDs sollten wir eine
       geeignete Schnittstelle vereinbaren (z.B. die Übersendung von
       E-Mails, die in geeigneter Weise formatierte Bodies enthalten),
       damit eine Prüfung durch uns - ebenso wie die sich dann
       anschließende Sperrung - ohne zeitlichen Verzug und weitgehend
       automatisiert erfolgen kann.
    3. Wesentlich sinnvoller als die beiden vorgenannten Alternativen
       erscheint es uns jedoch, im gegenwärtigen Stadium der Eskalation
       die Sperrungen zunächst wieder aufzuheben, die Vorgänge zu
       dokumentieren und in einem Strafverfahren gegen einen der
       Beteiligten (genauer: Einen Beteiligten, der dem Haupttäter näher
       ist, als ein Provider, der Daten nur als IP-Pakete transportiert)
       eine grundlegende rechtliche Klärung der im Internet und in der
       juristischen Fachliteratur umstrittenen Frage der
       Inhaltsverantwortung zu suchen.
       
   Wir halten im übrigen unser Angebot aufrecht, im Dialog an weiteren
   Strategien zu arbeiten, die eine mildere Form der Ahndung von
   Äußerungsdelikten im Internet ermöglichen.
   
     _________________________________________________________________
                                      
   Am Nachmittag des 11.09. wurde uns folgende Information übermittelt:
   
     „As you can see we removed the radikal 154 from www.serve.com.
     We demand you to send a message to all ISP in Germany to stop
     filtering ip-traffic to and from www.serve.com. You have to cc:
     this message to webmaster@mail.serve.com and to tank@xs4all.nl. We
     have put a new index-file instead describing the situation and also
     list servers where the radikal 154 is now mirrored. We demand you
     to either block all servers or to stop blocking access to
     www.xs4all.nl."
     
   Wir haben die Angaben überprüft und fanden sie zu diesem Zeitpunkt
   bestätigt. Daraufhin haben wir der Bundesanwaltschaft mitgeteilt, daß
   der Grund für eine Sperrung aus unserer Sicht entfallen sei. Zugleich
   haben wir den angeschlossenen Providern empfohlen, die Sperrung von
   www.serve.com aufzuheben.
   
     _________________________________________________________________
                                      
   Nach weiteren Gesprächen teilte uns die Bundesanwaltschaft am 13.09.
   per Telefax folgendes mit:
   
     "Sehr geehrter Herr Schneider,
     
     den Erhalt der o.a. Schreiben bestätige ich.
     
     Was den inzwischen teilweise wieder möglichen Zugang zu der URL
     "http://www.xs4all.nl/~tank/radikal/154/" betrifft, reicht es
     meines Erachtens nicht aus, den Zugang zu einer einzeln
     festgelegten IP-Nummer zu unterbinden, sofern der Betreiber des
     Servers, wie wohl inzwischen geschehen, einen kontinuierlichen
     Wechsel der Abbildung des Namens "www.xs4all.nl" auf
     unterschiedliche IP-Nummern implementiert.
     
     Mein Telefax-Schreiben vom 30. August 1996 bezog sich ausdrücklich
     auf die vorgenannte URL und nicht auf eine einzelne IP-Nummer.
     Daher scheinen mir die Betreiber, welche bislang nur eine IP-Nummer
     gesperrt haben, ihrer Verpflichtung nicht vollständig Genüge getan
     zu haben, sofern hierdurch mögliche strafrechtliche Konsequenzen
     vermieden werden sollen.
     
     Vielmehr erscheint es hierzu notwendig, sämtliche technischen
     Möglichkeiten auszuschöpfen, um einen Abruf der Druckschrift
     "radikal Nr. 154" über die o.a. URL zu unterbinden.
     
     Hochachtungsvoll
     Im Auftrag ..."
     
   Aufgrund weiterer Nachforschungen stand für ICTF fest, daß erste
   Ermittlungsverfahren gegen ISPs zu diesem Zeitpunkt bereits
   eingeleitet worden waren. Allerdings waren und sind die von ICTF
   vertretenen Provider nach unseren Erkenntnissen (zum Zeitpunkt dieser
   Pressemitteilung) davon nicht betroffen.
   
     _________________________________________________________________
                                      
   Die ICTF hat daraufhin empfohlen, die Maßnahmen gegen XS4ALL
   auszuweiten. Einzelheiten können wir zur Zeit nicht bekanntgeben. Eine
   Bewertung der jetzt ergriffenen Maßnahmen wird im Verlaufe der Woche
   erfolgen. Sodann werden wir eine Entscheidung über weitere Schritte
   treffen.
   
     _________________________________________________________________
                                      
   Die URL, deren Sperrung wir ursprünglich abgelehnt hatten, ist nach
   wie vor nicht blockiert:
   
     [8]http://ourworld.compuserve.com/homepages/angela1/radilink.htm 
     
   Allerdings ist der Inhalt am Mittwoch durch den Betreiber des Hosts
   gelöscht worden. Wir haben uns erlaubt, die maßgeblichen Seiten
   vorläufig zu [9]spiegeln.
   
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   [10][LINK] Zurück zur [11]ICTF-Leitseite.
   
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              Copyright © 1996 Rechtsanwalt Michael Schneider
                   Letzte Änderung am 15. September 1996

References

   1. http://www.anwalt.de/ictf/radpress.htm
   2. http://www.anwalt.de/ictf/p9609161.htm
   3. http://www.anwalt.de/ictf/p9609162.htm
   4. http://www.anwalt.de/ictf/p9609163.htm
   5. http://www.anwalt.de/ictf/p9609164.htm
   6. http://www.anwalt.de/ictf/p9609165.htm
   7. http://www.anwalt.de/ictf/p9609166.htm
   8. http://ourworld.compuserve.com/homepages/angela1/radilink.htm
   9. http://www.anwalt.de/ictf/mirror/radilink.htm
  10. http://www.anwalt.de/ictf/index.html
  11. http://www.anwalt.de/ictf/index.htm
  12. mailto:webmaster@anwalt.de


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Thomas Roessler                  	  http://www.rhein.de/~roessler/