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Oeffentliche Stellungnahme der Fitug e.V



                        OEFFENTLICHE STELLUNGNAHME
                              des FITUG e.V.
                            in den Usenet News

            zur deutschen Sperrung von nichtdeutschen Webseiten


Das Internet ist geschaffen worden, um Daten auch ueber fehlerbehaftete
Verbindungsnetze transportieren zu koennen. Das Konzept ist so
erfolgreich, dass das Internet zum beherrschenden weltumspannenden
Computernetz herangewachsen ist. So liegt es in der Natur des Internets,
jeden Zensurversuch wie einen technischen Fehler zu umgehen.

Im Fruehjahr 1996 gruendete die ECO, die Vereinigung der kommerziellen
Internetanbieter Deutschlands, die Internet Content Task Force (ICTF).
Deren Presseerklaerungen besagen, dass diese Organisation jede in ihren
Augen strafrechtlich relevante Information aus dem Netz entfernen wird,
wenn sie der ICTF bekannt wird. Begruendet wird dies mit der ungewissen
juristischen Lage des Datentransports in Deutschland. Dies stellt den
untauglichen Versuch dar, durch vorauseilenden Gehorsam die Technik der
einzelnen Anbieter vor einem eventuellen Zugriff der Staatsanwaltschaft zu
schuetzen. Mit diesem Angebot wird versucht, einem eventuellem (und nicht
durchfuehrbaren) Verbot, strafbare Inhalte zu transportieren,
zuvorzukommen.

Bezugnehmend auf die sachlich falsche Behauptung von ECO, man koenne die
Zugriffe auf gesetzwidrige Texte im Internet einschraenken, hat die
Bundesanwaltschaft (BAW) die ECO auf Inhalte eines niederlaendischen
Rechners hingewiesen. Gegen die Autoren der betreffenden Texte wird
momentan ermittelt wird. Mit einem impliziten Verweis auf die
Presseerklaerungen der ECO teilte die BAW der ECO mit, dass es Beihilfe
zu Straftaten seien koennte, wenn diese Daten von Kunden der in ECO
organisierten Firmen abgerufen werden koennten.

ECO reagierte mit einer Erklaerung gegenueber der BAW, eine wirksame
Zugriffssperre sei aus technischen Gruenden nicht machbar. Leider kam
diese Aussage zu spaet. Darueberhinaus widerspricht diese Erklaerung auch
den vorherigen Pressemitteilungen der ECO.

Aufgrund eines Hinweisschreibens der ECO stoppten einige Mitglieder der
ECO den ungehinderten Transport von Datenpaketen und sperrten den Zugriff
auf die entsprechenden Rechner. Dabei werden etwa 3500 andere
Inhaltsanbieter und Dienste auf den betreffenden Rechnern ebenfalls
gesperrt. Einige wenige ECO-Mitglieder habe auch andere Angebote gesperrt,
die teilweise nur auf die niederlaendischen Quellen verweisen. Betroffen
ist davon auch Compuserve mit einigen Mio. Nutzern. Firmen, die auf die
internationale Kommunikation angewiesen sind, ist so schwerer Schaden
zugefuegt worden.

Die Nutzer des Internets reagierten mit einer massiven Kopieraktion der
Inhalte auf andere Rechner, auf die der Zugriff weiterhin frei zugaenglich
ist. Darueberhinaus aendert der niederlaendische Rechner zufaellig seine
Rechneradresse, was eine triviale technische Sperrung unwirksam macht.
Wollte irgend jemand alle diese Spiegel und Adressen blockieren, wuerde
sich Deutschland selbst aus dem Internet ausklinken.

Die deutschen Dienstleister haben inzwischen auch weitaus effektivere und
selektivere Sperren aufgebaut. Diese sind jedoch ebenso wirkungslos, wie
auf http://www.fitug.de/archiv/dokus/allgemeines/anonymizer.html
nachzulesen ist.

Deutschland ist - dank des vorauseilenden Gehorsams und gegen jede
Einsicht der technischen Unmoeglichkeit - zu den fuehrenden Zensurstaaten
der Welt zu zaehlen und wird inzwischen weltweit in einem Atemzug mit
China und Singapur genannt. Der Standort Deutschland wird so fuer
Zukunftstechnologien politisch wie wirtschaftlich gefaehrdet.

Als Sofortmassnahme empfielt FITUG die Aufhebung saemtlicher derartiger
Sperren und eine oeffentliche Erklaerung der ECO, den untauglichen Versuch
ICTF zu beenden. Die gesetzgebenden Organe werden aufgefordert, endlich
die notwendige Rechtssicherheit herzustellen.

Weitere Informationen auf http://www.fitug.de/.
Telefonische Rueckfragen bitte abends an +49/3641/380259.