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Pressespiegel /FRR (fwd)
- To: debate@fitug.de
- Subject: Pressespiegel /FRR (fwd)
- From: Lutz Donnerhacke <lutz@as-node.jena.thur.de>
- Date: Sun, 13 Oct 1996 12:44:41 +0000
- Comment: This message comes from the debate mailing list.
- Sender: owner-debate@fitug.de
---------- Forwarded message ----------
Date: 12 Oct 96 11:32:00 +0200
From: Juergen Wieckmann <J.WIECKMANN@NADESHDA.gun.de>
To: WAU@OLN-273.OLN.comlink.apc.org
Subject: Pressespiegel /FRR
## Nachricht vom 11.10.96 weitergeleitet
## Ursprung : WAU@OLN-273.OLN.comlink.apc.org
## Ersteller: J.WIECKMANN@NADESHDA.gun.de
Quelle=FRR-Frankfurter-Rundschau; Seite=9;
Autor: Helmut Lölhöffel
Perverser Mißbrauch des Internet / Bundestagsanhörung:
Parlamentarier zeigen sich entsetzt
Wie schwierig es ist, gesetzwidrige oder jugendgefährdende
Veröffentlichungen in offenen Mediensystemen zu entdecken und zu
ahnden, erlebten Bundestagsabgeordnete, die sich darüber
informierten. Zunächst wühlte ein Fachmann der Münchner Polizei
emsig im Internet herum, fand aber keine aktuellen Beispiele.
Wenig später kam heraus, daß es eine Zeitschrift gibt, die für
ganz besonders üble Porno-Programme wirbt, aber dafür nicht
belangt werden kann.
+Jugendschutz und neue Medien- Nutzen und Risiken der
neuen Medien für Kinder+ war der Titel einer Anhörung, zu der
das Bonner Parlament am Mittwoch 17 Sachverständige eingeladen
hattevom Verband der Unterhaltungssoftware bis zur Freiwilligen
Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, von Pädagogen und Juristen
bis zu Jugend- und Datenschützern, vom Chaos Computer Club bis
Terre des femmes.
Vor Beginn der öffentlichen Befragung wollten sich
Mitglieder des Ausschusses für Jugend, Familie und Frauen sowie
der Enquetekommission +Neue Medien+ hinter verschlossenen Türen
zeigen lassen, worüber sie reden. Denn die Mehrzahl der
Abgeordneten ist ungeübt im Umgang mit Computern und weiß nur
vom Hörensagen oder aus der Fachliteratur, worum es geht. Doch
die geplante Vorführung brachte kaum praxisnahen
Anschauungsunterricht. Als ein Experte aus der +Arbeitsgruppe
Beweismittelsicherung+ des Münchner Polizeipräsidiums ihm
bekannte Adressen anklickte, erschien zweimal der Hinweis +Your
request does not appear+ auf dem Bildschirm, und er mußte teils
bedauernd, teils erfreut - mitteilen, +daß die Seiten gesperrt
sind+.
Immerhin konnte der polizeiliche Computerfachmann den
Volksvertretern anhand von Inhaltsverzeichnissen nahebringen,
daß es ein reichhaltiges Angebot an Pornographie schlimmster
Sorte (+Erotic bestiality+), gewaltverherrlichendem
Rechtsextremismus und Propaganda abseitiger Sekten gibt. Was der
Fahnder aus seinem Konservenkoffer vorführte, war zum
Erschrecken: Kinder, die von Erwachsenen und Apparaten gequält
werden. +Das ist nicht Kinderpornographie, sondern Folter+,
sagte die Abgeordnete Edith Niehuis (SPD), Vorsitzende des
Jugendausschusses. +Ein perverser Mißbrauch des Netzes+,
kommentierte der Abgeordnete Siegmar Mosdorf (SPD), Vorsitzender
der Medien-Enquetekommission.
Ein Beispiel für die Ohnmacht der Behörden und der Politik
gegenüber solchen Auswüchsen ungefilterter Informationsfreiheit
kam zur Sprache, als Elke Monssen-Engberding, die Vorsitzende
der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften, über
Werbung für abseitige Angebote berichtete. Sie zitierte aus
einem Blatt namens Pizza, das Internetadressen nennt, wo unter
Schlag- und Stichwörtern wie +Hart, gefesselt, Lederlust, autsch
das tut weh+ oder +Monika hat gar ein Loch im Po+ abnorme Bilder
oder Texte zu finden sind. Diese Zeitschrift enthält nach ihren
Angaben auch Zugangshinweise zu abscheulichen Informationen über
Nekrophilie, Katastrophenopfer, mißhandelte Tiere oder
Mißgeburten.
Als der SPD-Abgeordnete Jörg Tauss darauf hinwies, +daß es
dieses Heft am Bonner Bahnhof zu kaufen gibt+, waren Erstaunen
und Entsetzen groß: Kann das denn nicht verboten werden? fragten
manche. Doch Monssen-Engberding machte sie mit einem unerkannten
Problem vertraut: Pizza könne nicht auf den Index
jugendgefährdender Schriften gesetzt werden, weil der Inhalt der
Anzeigen selbst nicht jugendgefährdend sei. +Nur wenn die
Angebote im Internet indiziert sind, darf dafür auch nicht
geworben werden.+ Vor dem Hintergrund solcher Informationen
sahen die Abgeordneten Maria Böhmer (CDU) und Johannes
Singhammer (CSU) nur einen Ausweg: +Gesetzeslücken müssen
geschlossen werden.
10.10.1996