[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]
Verwertungsgesellschaften (war: Re: [Muc.DE #4247])
- To: debate@fitug.de
- Subject: Verwertungsgesellschaften (war: Re: [Muc.DE #4247])
- From: Zierke@zierke.COM (Hans-Joachim Zierke)
- Date: 10 Nov 1996 17:55:00 +0100
- Comment: This message comes from the debate mailing list.
- In-Reply-To: <m0vMYFc-0008LkC@sleepy.greenie.muc.de>
- Sender: owner-debate@fitug.de
Hallo neko,
Du schriebst am 10.11.96:
> Und wer dann, sozusagen widerrechtlich kopiert und veroeffentlicht, ist
> halt dran, da kann man dann nix machen... Ist wie im Buchladen.
:-) Eben nicht. "Im Buchladen" ist das beste Beispiel, um zu zeigen, daß
dies nicht funktionieren kann. Man war gezwungen, eine pauschale
Kopiererabgabe einzuführen, damit auch weiterhin Bücher geschrieben werden.
Jeder hier weiß, daß die Möglichkeit, Dateien zu kopieren, weit näher liegt
als das Betreten eines Copyshops, und ich glaube Dir nicht eine Sekunde
lang, daß Du meinst, was Du geschrieben hast - Du bist unredlich in Deiner
Argumentation.
Natürlich ist die Frage des Urheberrechts eng gekoppelt daran, wie man sich
die vernetzte Weltgesellschaft von morgen vorstellt:
1) Eine Austauschbörse für schnell erstellte, nicht nachrecherchierte
Hobby-Information, die zu überprüfen jedem Nutzer selbst überlassen ist.
Das wäre eine Beschreibung für das bisherige Usenet, das durch Beiträge
fest angestelter Akademiker und Bafög- oder Papa-finanzierter Studenten in
seiner Qualität wesentlich aufgewertet wird. Bezahlte Information soll
draußen bleiben, oder das Risiko eingehen, trotz eifriger Nutzung unbezahlt
zu bleiben.
2) Professionelle Informationsangebote, zielgruppenspezifisch ausgerichtet,
werden nicht für die Leser im Internet, sondern für Werbeagenturen
verfaßt, die sie in's Internet einstellen. Diese Angebote ergänzen das
Usenet-Angebot, und sind ebenfalls kostenfrei zugänglich.
3) Professionelle Informationsangebote werden bezahlt angeboten, die nicht
vermeidbare Kopiererei wird über Pauschalen und Verwertungsgesellschaften
abgegolten.
Herr Artzt beispielsweise, Werbechef von Procter & Gamble, hat bereits vor
Jahren sehr deutlich die Risiken und Chancen des Internet analysiert.
Einerseits wird die bisherige Gießkannen-Werbung nicht mehr möglich sein,
und die Möglichkeiten für das Anbieten werbefreier Information steigen an.
Andererseits gibt es ganz neue Möglichkeiten der professionellen
Integration von zielgruppenspezifischer Werbung und zielgruppenspezifischer
Information. Werbeagenturen träumen davon, daß endlich die letzten
Schranken der Trennung zwischen redaktionellem Inhalt und Werbung fallen.
Die Crux ist, daß "free flow of information" und die Interessen der
Werbewirtschaft derzeit perfekt kompatibel sind. Eine Auseinandersetzung
gibt es allenfalls um Junkmail, aber das ist sowieso völliger Blödsinn für
jeden Werbekunden mit nennenswertem Etat, und bietet sich nur für die
Bachblütentherapisten an. Eine Bereitschaft, für Informationsangebote zu
zahlen (die nicht durch Weiterkopieren die Existenz des Angebotes
gefährdet), ist das größte, schwer berechenbare Risiko für die
Werbewirtschaft.
Du kannst Dich darauf verlassen, bei Deinem Kampf gegen die
Verwertungsgesellschaften sehr mächtige Verbündete mit dicken Geldbörsen zu
haben.
hajo