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Tagesspiegel-Interview bzgl. Austro-net



Hallo !

Im Tagesspiegel Berlin vom 6.4.97 ist ein Interview mit
Christian Jung, "Rechtswissenschaftler und Internet-Experte von der
FU Berlin" (Tagesspiegel).

Ich poste hier einige Auszuege, in denen sich Herr Jung mit der Rechtslage
befasst:
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[...]
_JUNG_:
[...]
Nach meiner ersten Einschaetzung sind normale "links", die den Betrachter
nicht darueber taeuschen, dass er auf die Seite eines anderen Anbieters
gelenkt wird, und diesen Anbieter auch ueber seinen URL identifizieren,
urheberrechtlich wie Zitate zu behandeln. Nach dem deutschen
Urheberrechtsgesetz sind Zitate zulaessig, soweit sie fuer den Zweck, der
mit der Zitierung verfolgt wird, erforderlich sind. Im Grossen und Ganzen
kann man sagen, dass die Verwendung von Zitaten ohne Zustimmung des Urhebers
unzulaessig wird, wo das zugrundeliegende Werk fuer sich keinen eigenen
Gehalt mehr hat und nur noch von Zitaten getragen wird. Es darf nicht so
weit kommen, dass sich der Zitierende eigene Ausfuehrungen erspart und durch
Zitate ersetzt, denn wie der Bundesgerichtshof 1972 bereits ausgefuehrt hat:
Das Zitierrecht ist kein Freibrief fuer die Ausbeutung fremder Werke. In
dieselbe Richtung zielt auch der wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz. Das
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verbietet, dass Leistungen, die ein
anderer mit Muehe und Kosten geschaffen hat, im geschaeftlichen Verkehr
durch Nachahmung ausgebeutet werden. Im Normalfall sehe ich aber nach dem
derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung keine grundsaetzlichen juristischen
Bedenken gegen "links".

_TSP_:
Dass ein Unternehmen seine Investitionen schuetzen will und somit nicht
tatenlos zusieht, wenn sein Angebot plagiiert wird, ist verstaendlich. Doch
in der Regel steckt hinter einem Link keine boese Absicht. Wie also kann man
sich gegen Missbrauchsvorwuerfe schutzen ?

_JUNG_:
Ihre Frage liefert bereits das Loesungswort. Plagiate sind unzulaessig,
Zitate in den vorhin aufgezeigten Grenzen schon.
Wer sich also gegen Missbrauchsvorwuerfe schuetzen will, sollte zuerst
folgende Regeln beachten: immer deutlich machen, dass es sich um eine
Verweisung handelt, und durch Anzeige des URL, wohin sie fuehren und
Urheberrechtsschutzvermerke nicht ausblenden; ebensowenig darf man "frames"
so verwirrend einbauen, dass sie als originaerer Teil der eigenen
Internet-Praesentation erscheinen. Weiterhin sollte man Web-Seiten
vermeiden, die ohne eigenstaendigen Gehalt nur noch aus "links" bestehen. Im
geschaeftlichen Verkehr ist die unmittelbare Uebernahme und Ausbeutung einer
fremden Leistung zu Zwecken des Wettbewerbs ohnehin verboten. Um ganz sicher
zu gehen, sollte man in Zweifelsfaellen stets die Einwilligung des Urhebers
der Web-Seiten, auf die man sich beziehen will, einholen.
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Falls jetzt alle anfangen, die Linkseiten zu entfernen und "eigenstaendigen
Gehalt" einbauen, kommt vielleicht wieder mehr content in's Web :-)

mfG, Carsten