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Re: Deutsche Bank



Martin Stehle wrote:
> 
> Am 17 Feb 98 um 13:34 Uhr mailten Sie zum Thema "Re: Deutsche Bank":
> 
> > > >Ich frage mich, warum die Banken nicht Kontofuehrung per Email
> > > anbieten.
> > Es ist doch relativ klar, warum die Deutsche Bank das nicht will.
> will das die bank nicht oder hat sie davon einfach keine
> vorstellung?

Einen sehr aehnlichen Fall habe ich live erlebt:
Es ging dabei darum, fuer ein grosses Unternehmen die Abrechnungskosten
drastisch zu senken. Auch bei den Banken verursachen ja die kleinen
Privatkunden, die unbedingt mit einer Bankangestellten reden wollen,
horrende Kosten. Die Rechnungen der Zulieferer sollten nicht mehr auf
Papier, sondern elektronisch geschickt werden. Dazu wurden alle diese
Zulieferer eingeladen zu einer "Informationsveranstaltung". Dort wurde
gesagt, man habe die Firma Bla als Partner ausgesucht, und alle
Rechnungen der Zulieferer sollten bitte mit dem System der Firma Bla
geschickt werden. Das war eine sauteure EDI-Software auf W95-Basis, die
eine Mailbox ueber ISDN anruft. Die Mailbox nannte sich "Value Added
Network". 
Einen Windows-Computer und ISDN haette doch ein jeder und damit waere
das alles doch kein Problem. Leider schon: Mein Kunde hatte keine DOSe,
sondern eine dicke Sun. Und auch ein bestens funktionierendes System zum
Austausch von Geschaeftsdokumenten wie Bestellungen und Rechnungen ueber
pgp-verschluesselte Mails. Das System war vollstaendig in die
Buchhaltung und Lagerverwaltung integriert und hielt sich an saemtliche
Standards. (Nein, das ist keine Eigenwerbung. Nur ein kleiner Teil des
Systems stammte von uns.)
Also haben wir gefragt, ob man die Rechnungen nicht per Mail schicken
koenne? Ueber das Internet? Nein, das ginge natuerlich nicht, Internet
waere ganz grosses Pfui, ein Hort der Hacker, Kinderschaender und
Kriminalitaet. Das waere viel zu unsicher. Da koenne doch jeder mitlesen
und Rechnungen faelschen. Das konnten wir entkraeften, die Mails sein
verschluesselt und unterschrieben (pgp!!). Der Internet-Anschluss waere
unsicher. Nein, wir haben eine Firewall, da koenne mit sehr grosser
Wahrscheinlichkeit nix passieren. Die Mailbox waere doch viel besser,
denn ISDN sei 100% sicher. Und Verschluesslung werde eh bald verboten.
Die EDI-Software uebertraegt Passwort und Daten im Klartext, und auf
welchem Layer man eine Leitung abhoert, spielt doch keine Rolle.
Mittlerweile hatten sogar die Bosse und IT-Haeuptlinge der anderen
Zulieferer kapiert, was da ablaeuft. Der Vertreter des grossen
Unternehmen sagte dann ziemlich unverbluemt, man koenne die Produkte
auch bei anderen Zulieferern kaufen. Punkt.

Die Firma Bla verkaufte ihre Software und kassiert nicht zu knapp fuer
den Betrieb der Mailbox. Die Telekom kassiert fuer Ferngespraeche, denn
der Zugang zur Mailbox ist natuerlich nicht im Ortsbereich. Und im
grossen Unternehmen ist sicher auch irgendwo eine Provision angekommen
fuer diese tolle strategische Partnerschaft. Die Kosten fuer die
Abrechnungen hatte man deutlich gesenkt. Die kleinen Zulieferer haben 
wie bisher die Rechnungen ausgedruckt und dann wieder manuell in dieses
nicht automatisierbare Spezialsystem eingetippt. Sie durften also dafuer
eine Haufen Geld bezahlen, dass ihnen ein hoeherer Aufwand entstanden
ist.

Solche Spielchen haben ich, mit der einen oder anderen Variation,
mittlerweile ein paar Mal mitbekommen. Solange die Starken dabei Geld
verdienen und die Schwachen zahlen, werden sich bessere Loesungen nicht
durchsetzen. 
Genauso ist es bei Kontofuehrung ueber Mail: Das Klickiklicki-System
wird sowieso fuer die Dummuser benoetigt, die muss man einfach an der
kurzen Leine halten. Fuer Grosskunden hat man eine teure
Spezialsoftware. Konto-Mails bedeuten hingegen fuer die Bank nur
zusaetzliche Kosten und mindern womoeglich die Einnahmen.
Und damit ist die Idee gestorben, so toll wir hier das auch finden
moegen.

Rudi