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Re: Computer-Meisterbrief



On 28 Feb 98 at 9:57, PILCH Hartmut wrote:

> Wer weiss, ob "mittelalterliche" Regelungen nicht manchmal gerade
> zur Zukunftsfaehigkeit beitragen koennen?

Hmmm... Das ist auch nur eine Behauptung. Mich wuerde ja mal
interessieren, wie das in den High-Tech-Branchen konkret aussehen
soll?

> Als durch mittelalterlichen Zunftregelungen privilegierter
> "staatlich gepruefter und gerichtlich beeidigter Uebersetzer und
> Dolmetscher fuer Chinesisch und Japanisch" nehme ich zu
> beglaubigende Uebersetzungen sehr ernst, da Schlamperei zum Entzug
> meiner Privilegien fuehren wuerde.

Na ja. Wird nicht de facto moeglicherweise in den reglementierten Berufen
eher nicht derjenige geschurigelt, der seine Arbeit schlecht macht, sondern
derjenige, der die kartellhafte Mechanismen zur Unterbindung eines
offenen und transparenten Markes stoert? Gegen eine Qualitätssicherung
durch Absolvieren einer staatlich ueberwachten Ausbildung und Pruefung hat
ja niemand was. Die Frage ist doch, ob die Ausuebung bestimmter Berufe *nach*
der erfolgten Qualifizierung weiter und weiter durch Kammern und andere
zunftartige Institutionen reglementiert werden soll, indem Mitgliedschaften
in solchen Organisationen gesetzlich aufgezwungen werden. Gibt es eigentlich
so etwas wie eine Uebersetzerkammer? Wenn ja, was leistet sie? Ist das ein
Verein der schon Etablierten, die darauf aus sind, alle das Mass kleinerer
Fluktuationen uebersteigender Stoerungen der Marktaufteilung
abzuwenden? Oder machen die etwa objektiv sinnvolles?   ;-)

> Der "Markt" verhindert
> keineswegs den Aufstieg der Zocker und Nichtskoenner, wie man an der
> Existenz von Verbraucherzentralen sehr gut sehen kann.   Ich
> wuenschte mir z.B. die Branche der Umzugsunternehmer waere
> Lizenzierungen unterworfen (http://www.a2e.de/zock/aauzA3de.html).

Schoen und gut. Aber braucht man dazu gleich eine
Umzugsunternehmerkammer? Darum geht es.

> Das Zunftsystem selbst muesste gruendlich modernisiert werden.

Wenn man "Abschaffung" mit unter "Modernisierung" subsumieren darf,
stimme ich zu.

In diesem Zusammenhang kann ich waermstens zur Lektuere empfehlen:

  Lothar Gall: Buergertum in Deutschland. Berlin: Wolf Jobst Siedler,
  1989. Taschenbuchausgabe: btb Taschenbuecher im Goldmann Verlag,
  Guetersloh, 1996.

Lothar Gall erzaehlt und reflektiert in diesem Buch die Geschichte
einer Familie ueber einige Jahrhunderte hinweg, deren Mitglieder sich
mehr oder minder erfolgreich als gewerbetreibende Unternehmer betaetigt
haben und dabei immer wieder die beiden Pole, eine in Zuenften gegliederte
Zwangsordnung vs. freies Marktgeschehen, erfahren haben.

Axel H. Horns