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Re: http://www.spiegel.de/netzwelt/aktuell/somm_leeb.html



Holger hat mich zum Text angeregt, als ich bei  ihm ueber das Wort "Endlager"
unmittelbar nach "Archive" fiel und lachen musste:  und ewig lagern die Bits
im Abklingbecken. So markierte er mir einen Weg durch den Begriffedschungel:
(...)
>> >In dem steht nichts von Stunden oder Tagen. Dort steht "kurzzeitig", und
>> >die Aufgabe des Rechtsanwenders ist es, eine möglichst richtige
>> >Auslegung dieses Begriffes zu finden.

Ersetze "moeglichst richtige" durch "praktikable" ist  schmutzig.

(...)
>> >Nochmal: Wo ist der Unterschied zwischen einer automatischen Speicherung
>> >über einige Stunden und einer über einige Tage?
(...)

Atomerkelig betrachtet erinnert mich das an Fragen wie "warum ist dauernde
Zwischenlagerung atomrechtlich etwas anderes als Endlagerung? und
Ist ein Abtransportlager ein Lager oder nur ein zeitlich undefiniert
befristetes Nichts, eine Art aleph Null-Zeit im Abklingkbecken, also
abzaehlbar unendlich lange und nicht regelungsbeduerftig?
Eine Art Proxy im Atomkraftwerk.

Die naechste Verteidigungsrede fuer einen ISP klaut man sich als Entwurf von
der Atommafia oder von Frau Merkel. Dabei hebt man hervor:
Der fundamentale Unterschied zwischen Atommuell und Bitgeroell liegt exakt
beim Endlager. Denn bei Bits sind sie einfach "weg" durch Endlagerung in den
Einfuellstuetzen der Nullungsmaschine --- beim Atommuell muss  man sich
auch dann Jahrmillionen um den letzten Dreck kuemmern, wenn man an ein
Loch im Boden dranschreibt "Nuldevice - weg ist weg" und eine Mauer mit
bewaffneten Maennern drumrum baut wie zu Gorleben. Im Reisejournal der
FAZ wurde Eltern empfohlen, dorthin in Urlaub zu fahren, um den Kindern zu
zeigen, wie es frueher an der Mauer zur DDR ausgesehen hat, ernsthaft.

Frei nach Holger differenziere ich die einzelnen Bitgeroellgemische durch
Halbwertszeit, die  man abhaengig machen kann vom Atomgewicht.
Binaries sind die Heavy Metal Gruppen des Netzes, etliche Gigabytes pro Tag.
Um mit dem Geroell fertig zu werden, muss man die Wege zum Bitkuebel kurz
halten; das Zeug lagert nur tageweise im Abklingbecken.

Eine Beschleunigung  mit dem Ziel maximaler Durchflussmenge bringt mit der
derzeitigen Technik vielleicht ein paar Dutzend Gigabytes taeglich, bei
eingebauter
Selbstvernichtung im Stundenbereich. Wenn man sich bei US-TV-Krimis mit
Agentenauftrag  die Szene "dieses Band vernichtet sich in wenigen Sekunden
selbst" mit der Stoppuhr anschaut, kann man die maximale derzeitige technische
Obergrenze ahnen. Denn Loeschen braucht ebenso Zeit wie das Bespielen.

Den Datenkleinkram, Flaum der fruehen Jahre, bilden etwa Apple-News mit der
Summe aller jemals geschriebenen Software. Ein paar CDs, mehr nicht.
Aehnlich im "Flaumbereich" der C64, obwohl man dort mit den verschiedenen
Programmen auf Datasette und Diskette bereits mindestens ein Wohnzimmer bis
zur Decke fuellen koennte. Doch auf  CDs liegt alles zusammen im
Groessenbereich,
die vermutlich ein geschickter Jongleur gleichzeitig in der Luft halten koennte.
Und die Debatten dazu sind nicht mehr als eine Kerze im Wind, inklusive
aller lokalen
Newsgroups. Sogar die komplette klassische Musik als MP3 auf CD ergibt keinen
besonders hohen Stapel. Wieviel Stunden Musik war Bachs Lebenswerk, auf
wieviel CDs  passt das? Selbst wenn man die noch heute von der Stadtverwaltung
Arnstadt in Thueringen dort archivierten Bussgeldbescheide wegen Kneipen-
Schlaegereien auf CD brennt, braucht da nicht viel mehr Platz.
Komponieren ist Tondichtung, Poesie Textdichtung und
Atomkraftwerke bekommt man garnicht dicht. Zur klassischen Musik dann noch
die komplette abendlaendische Literatur aller mehr als 70 Jahre  toten: ein
gleichfalls kleiner Stapel CDs.
Datenbanken: selbst wenn man  taeglich das komplette Telefonbuch
Deutschlands aktualisiert
neu durchs Netz jagen wuerde, waere die Mehrbelastung im Kleinkrambereich.

Text. Bild. Ton. Film.
Man  streitet jetzt um Bilder, weil da der Regelungsbedarf am einfachsten
durchzusetzen
ist. Angeblich sagt ein Bild mehr als 1000 Worte, doch im Kern geht es anders.
Egal, wie "sauber" man  eine Datensammlung hat - es kann immer jemand
kommen und sagen
"ich floehe den Rotz durch und suche das dreckige Dutzend raus, bei dem die
meisten
quietschen. Gemessen wird die Quietschlautstaerke in db-KiPo und dann wird
zugeschlagen.

Man gebe mir ein Bildungsbuergerbuchregal mit mehr als zwei Meter Laenge
und ich ziehe
den Job durch, reisse ein paar Bilder aus dem Kontext - notfalls aus dem
Bildbrockhaus -,
fuchtele damit entsprechend aufgeregt rum und fertig ist der
Kinderschaenderprozess.

Die Nummer kann man mit jedem durchziehen.

Und dann kommt da einer daher und verlangt das  taegliche Durchfloehen
einer Datenmenge
von vielleicht 10 Gigabytes - sind doch nur 20 CDs.

Ich sehe schon einen Sinn darin, zu unterscheiden zwischen Zwischenlager
und Endlager,
zwischen Castor-Transport und Abklingbecken, zwischen der Rolle der
Deutschen Bahn
und den AKW-Betreibern. Die Unterscheidungen sind nicht trivial.

Aber ich stelle mir vor, was passiert, wenn Herr Schroeder als
Atomaufsichtsrats-
Mitglied vom Amtsrichter in Gorleben verurteilt wird, zu einer Bewaehrungsstrafe
und einer Geldstrafe von 200 000, denn  vom Schwitzen der Castoren haette er
wissen muessen.

Ganz einfach.

Verdammt,  ich will die Urteilsbegruendung.

Und das Ding will ich als Textstrang druckreif kriegen.

Aber nicht in den Knast, Herr Schroeder. Und keine Bewaehrung.
Nein, Festungshaft im landschaftlich schoenen Freiluftzwinger in Gorleben.
Da gehoert er hin, zumindest einen Sommerurlaub lang.
Eingesperrt hinter der Mauer, von aussen freigegeben zur Besichtigung.
Er haette es ja wissen koennen.
Statt seiner Frau wird ihm Frau Merkel dazugesperrt.

wau

--
So daemlich kann doch nicht mal ein bayerischer Richter sein. Wenn doch,
dann sollten wir den Laden hier zu machen, die Auslaender nach Hause
schicken, die Staedte aufloesen und wieder auf die Baeume klettern.
                       (muenchner Webmistress zum Prozess gegen Felix Somm)