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Re: Schock: Ex-CompuServe-Chef verurteilt



Holger Veit wrote:
> Ich behaupte eher, dass die Internet-Schmutzdebatte, ausgetragen mit den
> plakativen missbrauchten Kindern, eine gesellschaftspolitische
> Alibihandlung ist, welche von anderen weitaus uebleren Missstaenden unserer
> Gesellschaft ablenkt. Sexuellen Missbrauch von Kindern, oder auch nur
> "einfach" (sic!) Ausbeutung durch Kinderarbeit, ob hier oder in der Dritten
> Welt, hat es seit jeher gegeben, und wird sich nicht dadurch aendern, dass
> man einzelne Vertriebswege, etwa im neuen Medium Internet unterbindet.

Bei der Gerichtsverhandlung zu dem Studenten, der hier an der Uni
systematisch Kinderpronos von verschiedenen Newsservern gezogen hat,
hatte ich Gelegenheit, mit zwei Bonner Kripo-Beamten ueber das Thema
zu sprechen. Kinderpronografie steht zwar bei der Kripo (im Raum Bonn)
mehrmals im Monat auf dem Programm, aber die elektronische Version sei
eher selten. Einer der beiden war speziell fuers Elektronische
zustaendig;
er meinte, dass dort seit Jahren eigentlich fast immer nur dieselben,
teilweise jahrzehntealten Bilder wieder auftauchten. Und PERKEO sei kaum
mehr als ein System von Batchdateien, die ihnen bei der Untersuchung das
ziemlich nervige persoenliche Begutachten der Bilder durch Kripobeamte
oder Staatsanwaelte ersparten... Verschluesselte oder in ihrer
Checksumme
manipulierte Bilder koennte man damit zwar nicht erkennen, aber die
meisten
Taeter haetten Ihrer "Persoenlichkeitsstruktur" nach gar nicht die
Faehigkeiten, die Bilder oder die Dateiinhalte zu verschluesseln
oder zu veraendern.

Der Student ist uebrigens freigesprochen worden - wegen
Geringfuegigkeit.
Ihm konnte nur eine einzige Session (von meiner Schaetzung nach
mindestens
20-30) nachgewiesen werden, da er die Daten auf seinem eigenen Rechner
zu
Hause zum Zeitpunkt der Beschlagnahmung bereits geloescht haette.
Ausserdem
hatte die Bilder wohl nicht weitergegeben.

Und die Kripobeamten haben sich wahnsinning gefreut, weil das Verfahren
eingestellt worden ist. Warum? Na - "Einstellung gegen Hardware", das
"Tatwerkzeug" hatte die Polizei zur Verbesserung des eigenen
Internetzugangs bitter noetig...

Der Staatsanwalt hatte angeblich keine Ahnung von der Technik, und als
die Richterin kurzfristig eine Kopie unserer Rechner-Benutzerordnung
haben
wollte, fuehrte die Frage nach der E-Mail-Adresse des Amtsgerichts zu
allgemeiner Heiterkeit. Dennoch hat die Richterin (IMHO) durchaus ein
brauchbares Urteil abgegeben: die Sache lag hier naeher an der
"Geringfuegigkeit" als an einer Vorbestrafung mit all ihren Folgen
fuer den betroffenen Studenten. Der hatte immerhin knapp ueber 1,5 Jahre
auf seine Verhandlung warten muessen, und hat dabei ob seiner damaligen
Naivitaet wohl schon ziemlich schwitzen muessen...

Yours,
Markus.

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