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Die Zukunft des Fernsehens



Ueber multimedial-interaktives Fernsehen redet ja inzwischen
kaum noch jemand, aber ich stiess beim Durchsehen verschiedener
leichtverdaulicher Machwerke auf das folgende Juwel von Herrn
Kalkhofe, das auf eine einzigartig-pointierte Weise des
Zentralbug von interaktivem Fernsehen auf den Punkt bringt:


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Die Geschichte des Fernsehens ist eine Geschichte voller
Missverstaendinisse. Dabei hat dieser kleine Kasten vielleicht
mehr fuer die Verbloedung der Menschheit getan als jedes andere
Medium. Doch wie wird seine Zukunft aussehen? Was wird unser
flimmernder Lebensabschnittsgefaehrte beispielsweise im Jahr
2000 zu bieten haben? So viele neue Sackgassen stehen ihm offen
- fuer welche wird er sich entscheiden? Betrachtet man
Entwicklungen wie den Reste-Verwerter Super-RTL, der "innovativ"
fuer eine Ferkelei haelt und 100% seines Programmes aus der
Tupperschale des Muttersenders bestueckt, scheint seine Zukunft
ja mehr im Futur 2 ("Ich werde es schon mal gesehen haben") zu
liegen.

"Interaktives Fernsehen! Der Zuschauer wird aktiv in das
Geschehen auf dem Bildschirm eingreifen koennen!" hoert man die
Medien-Visionaere allerorten aus dem Kaffeesatz fabulieren. Wie
soll ich das verstehen? Ich kann von meinem Sessel aus Ilona
Christen einen Eimer ueber den Kopf stuelpen? Bei Alfredissimo
in die Suppe spucken? Derrick einen Stuhl anbieten? Oder kann
ich endlich bei Hans Meiser ganz laut "Schnauze, ihr Idioten!"
in das Studio bruellen? (*1) Keine Ahnung, wahrscheinlich wieder
mal gar nichts davon. Das Interaktivste wird auch in hundert
Jahren noch bleiben, den Abschaltknopf zu druecken oder beim
Puppen-Theater "Vorsicht, Kasper, das Krokodil!" zu rufen.

Wo sich allerdings einiges tun wird, ist der Bereich der
Game-Show. Da es doofer als heute ohnehin nicht mehr geht und
man ausser den Goldreserven von Fort Knox bereits alle
moeglichen Geldpreise verballert hat, werden Leben und
Gesundheit an erster Stelle stehen. (*2) "Operier mir!" - die
lustige Transplantations-Show mit acht bleichen Kandidaten am
Gute-Laune-Tropf, die um eine Spenderniere spielen.
"Traum-Selbstmord" - vier Suizid-Kandidaten im
Depressions-Contest auf dem Dach eines Wolkenkratzers, der
Gewinner wird geschubst. Oder auch "Familien-Duell 2000":
"Werner, ich setze meine Schwaegerin und meinen zweiten Sohn" -
"Spannend, Helga - das ist eine Master-Frage! Wenn du sie falsch
beantwortest, muessen wir sie leider erschiessen!" Und falls die
Quoten sinken, nehmen die Sender Geiseln: "Bleiben Sie dran -
oder wir jagen einen Kindergarten in die Luft!" Brave New
Bullshit.
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Kristian

(*1) In Brunners "Schockwellenreiter" (1974!) gibt es eine
     Szene, die diesen Ideen sehr verwandt ist und in denen
Nicholas Haflinger sich damit vergnuegt, den Figuren im
Fernsehen Baerte anzumalen oder sie sonstwie zu modifizieren.

(*2) Sorry, Kalki, aber auch hier war Brunner schneller.