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Re: Es ist Wahlkampf ...



> 
> Holger Veit wrote:
> > Ein lesenswertes
> > Buch zum Thema - allerdings dabei mit einer m.A. schraegen conclusio - ist
> > Neil Postman ueber "Das Verschwinden der Kindheit", in dem er aufzeigt,
> > dass die Konstruktion "Kind" bis vor zwei Jahrhunderten gar nicht existierte.
> > Es ist der heutige puritanische Mythos, [...]
> 
> Von Postman habe ich ein paar Buecher gelesen (u.a. auch dieses),
> aber ich halte ihn trotzdem fuer einen ziemlichen Spinner (und
> Wichtigtuer. :-)

Da besteht zwischen uns voller Konsens. Ich wollte ihn hier auch nicht 
benutzen, um seine Folgerungen (s.o. "schraege conclusio") herzuzeigen, 
sondern wegen seiner zutreffenden Beobachtung ueber die Historie der Idee 
"Kindheit". Die These, dass das "Kind", im Gegensatz zu "kleiner Erwachsener"
eine durch die Alphabetisierung entstandene Konstruktion ist, ist m.A. 
dagegen ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Postman versucht da seit 
jeher - vergeblich - in die Fussstapfen von McLuhan zu treten.

> Ich denke schon, dass man Jugendliche z.B. vor S/M-Darstellungen
> "schuetzen" sollte. Es kann nicht der Sinn der Sache sein, Kinder
> (und Jugendliche!) zu irgendeiner Form von Gewalt zu erziehen.

An dieser Stelle ist Postman als Quellenlieferant wiederum brauchbar:
er gibt Statistiken darueber an, wieviele Morde, Gewalt- und Sexdarstellungen
Kinder allein durch die Medien Zeitung und Fernsehen bis zur Pubertaet
mitbekommen; ich habe keinen Grund, an den Zahlen zu zweifeln. Die Erziehung
*zur* Gewalt, wie Du es nennst, findet aber trotzdem nicht statt, eher eine
- bloedes Wort, aber mir faellt im Augenblick kein besseres Wort ein -
Nichterziehung zu Gewaltlosigkeit oder gesellschaftlichen Werten. Und dieses
Problem kann man schwerlich S/M- o.ae.-Darstellungen im Internet anlasten,
wenn es genuegend andere Quellen gibt. Was Kris hier mit dem "das ist kein
Kindernet" in den letzten paar Mails trefflich sagt, ist Ausdruck dessen,
dass Erzieher bislang ihre eigene Unfaehigkeit versuchten zu kompensieren, 
dass sie Kinder einfach for die "neue" Glotze setzen wollten, um sie so
ruhigzustellen. Und stellen jetzt fest: vor den Fernseher setzen geht nicht
mehr, zuviel Sex and Crime, und vor dem Computer wird jetzt auch gefaehrlich,
da zuviel Sex and Quake. Zeter und Mordio!

> Und ein Kind oder Jugendlicher davon einmal Wind bekommen hat,
> laesst sich das kaum mehr rueckgaengig machen. Aehnlich mit
> faschistischen Ideen und Ideologien - aber da macht es *im*

Diese Kausalkette ist zu primitiv gedacht; ich zweifele sie pauschal an.
Mit der These muesste andersrum jedes Kind, welches im Religionsunterricht
die Bibel liest, ein orthodox glaeubiger Christ werden.

> *Internet* nur bedingt Sinn, das nur auf nationaler Ebene zu
> verbieten - allerdings im "RL" durchaus. (Nicht nur fuer Kinder
> und Jugendliche.)

Wenn Du auf die weitgehende Unmuendigkeit und fehlendes Verantwortungsbewusst-
sein von zahlreichen Leuten anspielst, muesste man vermutlich ALLES
verbieten.


-- 
         Dr.-Ing. Holger Veit             | INTERNET: Holger.Veit"at"gmd.de
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