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Privatsender legen sich bei Talkshows Zügel an



Und die (Selbst-)Zensur in den Medien geht weiter...

http://www.yahoo.de/schlagzeilen/980630/kultur/899221920-0899214753-0000000698.html

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Privatsender legen sich bei Talkshows Zügel an

Landesmedienanstalten akzeptieren das Vorhaben - Vulgäre Sprache soll 
vermeiden werden - Kinder besser schützen 

Hamburg (AP) Die privaten Fernsehsender wollen ihre oft mit Sex-und 
Gewaltthemen überladenen Nachmittags-Talkshows entschärfen. Die Sender 
legten am Dienstag in Hamburg eine freiwillige Selbstbeschränkung vor, 
mit der geschmacklose Auswüchse vermieden werden sollen. Die 
Landesmedienanstalten stimmten auf einer Konferenz dem Vorhaben zu. In 
den letzten Monaten waren die Nachmittags-Talkshows in die Kritik 
geraten, weil Sexthemen der geschmacklosesten Art ausgebreitet wurden. 
Der freiwillige Verhaltenskodex enthält detaillierte Leitlinien zur 
inhaltlichen Ausgestaltung und zur Rolle des Moderators. 

Die Selbstbeschränkung gibt dem Moderator mehr Pflichten. Er oder sie 
muß darauf achten, daß die Gäste sich nicht danebenbenehmen oder 
vulgäre Sprüche klopfen. Falls ein Gast trotzdem weiter "auf grobe 
Weise gegen den guten Geschmack" verstößt, sollen seine Äußerungen vor 
der Ausstrahlung unverständlich gemacht werden. Außerdem sollen Kinder 
und Jugendliche sowohl als Gäste wie auch als Zuschauer besser 
geschützt werden. Nachmittags gegen 14.00 Uhr sitzen nach 
Expertenmeinung rund 75.000 Kinder vor den Fernsehern. 

Im Detail wird festgelegt, daß der Moderator oder die Moderatorin in 
Zukunft Aufrufe zur Verletzung der Menschenwürde, zur Intoleranz oder 
zur Diskriminierung unterbinden oder "in der gebotenen Schärfe in den 
normativen Kontext einordnen" muß. Kinder und Jugendliche dürfen nur 
mit Erlaubnis der Erziehungsberechtigten auftreten. Die Gäste müssen 
betreut werden. Selbst Grundsätze der journalistischen Arbeit tauchen 
in den Regeln für Talkshows auf: Bei einem kontroversen Thema sollten 
Befürworter und Gegner eingeladen werden. Meinungen, "deren sozial 
fragwürdiger Charakter offenkundig ist" dürfen nur in dem Maße 
präsentiert werden, in dem der Moderator in der Lage ist, die 
Problematik der Meinung deutlich zu machen. Themen wie Sexualität, 
Gewalt oder Umgang mit Minderheiten sind "besonders sensibel zu 
behandeln und bedürfen einer besonders gründlichen Vorbereitung". 
Kinder und Jugendliche sollen vor "einseitigen und unrelativierten und 
desorientierten Extremvorstellungen sowie beeinträchtigenden Inhalten" 
geschützt werden. Kriminelle Verhaltensweisen dürfen nicht verharmlost 
werden. Der federführende Direktor der Landesmedienanstalt 
Rheinland-Pfalz, Reiner Hochstein, sagte nach der Sitzung in Hamburg, 
die freiwillige Verpflichtung sei sehr positiv aufgenommen worden. 
Jetzt müßten die Sender das Papier auch umsetzen. Der Verband Privater 
Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) teilte mit, die neuen Regeln 
würden ab sofort von den privaten Fernsehveranstaltern angewendet. 
Dabei würden auch die an den Talkshows beteiligten unabhängigen 
Produktionsfirmen einbezogen. 

In Zusammenhang mit der Verabschiedung der Verhaltensgrundsätze 
kritisierte der Präsident des VPRT, Jürgen Doetz, die Absicht einiger 
Länder, trotz der Bereitschaft der Sender zu freiwilligen Maßnahmen im 
gesetzliche Verschärfungen im Gesetz zu verankern.

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