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Re: Wtr: Bayerisches Gericht: Im Internet nur gottesfürchtige...



Wau bellte sich in Rage:
 
> Zu neko und Zwang zur Gottesfurcht schrob Hartmut Pilch:
> (...)
> >> * kann man via Internet Kreuzzuege durchfuehren? (wohl eher eine Frage
> >>   fuer unsere Philosophen...)
> >
> >Das machen wir doch dauernd:
> >http://www.anybrowser.org, http://www.ipnot.org,
> >http://www.netaction.org, http://www.capitalism.org, ...
> 
> Zum einen stopfe ich Dir das "wir" zurueck. TV-speak:
> (x) Du bist raus
> 
> Zum andern geht es um das Kreuzzugs-Gegenteil.
> Kreuzzuege saeten Hass gegen Andersglaeubige.
> anybrowser predigt Toleranz gegenueber Warm-
> und Kaltduschern sowie allen Andersduschenden.

Beim Kreuzzug geht es darum, den militaerischen Vormarsch eines
aggressiven Eroberers zurueckzuwerfen und zu diesem Zweck an das
Religions- und Geschichtsbewusstsein der zerstrittenen Europaeer
zu appellieren.  Die Tuerken hatten kurz zuvor Kernlaender des
roemisch-christlichen Reiches besetzt und waren weiter auf dem
Vormarsch.  Byzanz fiel z.B. erst 1453, lange *nach* den Kreuzzuegen.

> 
> Auf der Ebene der Formatdefinition wird anybrowser historisch
> Bestand haben wie die Gutenbergbibel im Unterschied zu
> Tuerkenkalendern, Lotterielosen, Ablasszetteln und MSIE-
> Inkarnationen (eher Bitbrei- als Fleischwerdungen).
> Diese Bestandsaussage ist unabhaengig  vom Sammlermarkt
> fuer Militaria wie Tuerkenkalender, Software und Ablasszettel.
> 
> Toleranz ist etwas anderes als Profitgier, wo Schlachtzetteldrucker
> eine Gier nach totem Fleisch von Feinden hervorgerufen haben.

Geschichtsinterpretationen wechseln alle paar Jahre wie die Mode.
"Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin, ...."
... dann kommt der Krieg bis vor die Tore von Byzanz, bis vor die
Tore von Wien.
Spaetfolgen der Tuerkenherrschaft erleben wir jetzt noch auf dem Balkan.
Moslems und Albaner sind in den Augen der Serben die
Opportunisten, die sich damals den Tuerken anbiederten, Kosovo ist
das "Amselfeld" der serbischen Heldentaten gegen die Tuerken.
K.u.K. hinterliess bis heute eine diffuse Nostalgie, die Tuerken
hingegen ein Erbe, dass noch immer Animositaeten auf dem Balkan
anheizt.  Das am staerksten turkisierte Land, Albanien, ist das aermste
Europas, auch Griechenland hat sich kaum erholt.  Die K.u.K.-Laender 
hingegen sind die Spitzenreiter des osteuropaeischen Wiederaufbaus. 

In eben diesem Masse haben auch die Kreuzzuege "historischen Bestand".
Vielleicht wird man demnaechst entdecken, dass bei vielen allzu negativen
Darstellungen der Kreuzzuege in den 60-80er Jahren ein pazifistischer
Zeitgeist die Feder fuehrte, dem etwa die "NATO-Ideologie" ebenso wie
das Christentum und alles, was einer westeuropaeischen Gesellschaft im
kalten Krieg das Rueckgrat staerken konnte, ein Dorn im Auge war.

> (ereifer)
> Bilde Dich statt Dreck ueber anybrowser.org zu schreiben.
> Sonst spielt Dein Computer Fleischwolf und macht 0xDEADBEEF aus Dir.
> (/ereifer)

Schau mal nach, von wem die chinesische Version von 
http://www.anybrowser.org stammt.

Zur Zeit meines ersten China-Aufenthaltes war in China die hoelzerne Sprache
noch weit verbreitet, das Parteichinesisch, bei dem jedes Wort entweder
fortschrittlich oder reaktionaer ist.   Inzwischen gibt es das in China
kaum noch, dafuer im politkorrekten Amerika und Europa.  Aber manche sehen
das lockerer.  Die iX berichtete z.B. recht positiv von einem Linux-Kongress,
bei dem John maddog Hall seine Hoerer aufrief, ihnen nahestehende MS-Benutzer
zu konvertieren, und titelte dazu "Kreuzzug".

--
Hartmut Pilch <phm@a2e.de>
a2e Ostasien-Sprachendienste Pilch, Wang & Co 
http://www.a2e.de/oas/, Tel +49891278960-8