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Re: Dem Internet ist es egal, wie man es speichert



Ballwechsel:
(...)
>> >MPEG aufzuzeichnen (A.C. Clarke spricht von 1E15 Bits in "3001"), aber
>>
>> Ich gebe jedoch zu bedenken, dass das Leben, gelebt vor der
>> Kamera bei Betrachtung des Films, der so entsteht, oede ist.
>> Kurz: Zeit. Filter. Gewichtung.
>
>Clarification nach nochmaligem Lesen des Textes: nicht MPEG, sondern quasi
>Full-Backup mit allem wesentlichen Wissen, Look & Feel, etwa das, was bei
>StarTrek im Musterpuffer landet. Wird physikalisch natuerlich eine Kopie sein,

Dosperanto Mustpuff.
(...)
>> Die Enzyklopaedie von Diderot und dAlembert wurde
(...)
>
>Die Frage ist der Unterschied zwischen Information und Wissen. Was
>gehoert in eine Enzyklopaedie der heutigen Kultur? Da beschreibt
>ein SF-Autor, dass sich ein paar K (oder sogar M) Leute auf einen
>Planeten namens Terminus, am anderen Ende der Galaxis, zurueckziehen
>wollen, um dort die "Encyclopaedia Galactica" zu verfassen. Mein G*tt,
(...)
>Wir koennen nicht aus unserer heutigen Sicht entscheiden, was in der
>Zukunft Wissen oder Muell sein wird. Vielleicht verzapfe ich in 20 Jahren
>eine Diss zum dann historischen Thema "Das Junkmail-Wesen in den neunziger
>Jahren des letzten Jahrhunderts" und brauche dann ein umfassende Sammlung
>von quellen, Zitaten und Kommentaren. Also Leute, drueckt bei einem
>Subject "Make Money Fast" nicht sofort auf den Delete-Knopf, sondern
>speichert das sauber ab; ich komme moeglicherweise in 20 Jahren auf
>euch zurueck und befrage euch nach euren damaligen Empfindungen.

<vlg>
Siehe meinen Brieftauben-Link auf Cosmo Roadkill.
Das ist ein Teilaspekt abgestimmt automatisierter Loeschung von
Dubletten (mit Du>BI). An anderer Stelle geschieht das haerter.

Etwa bei der Archivierung der SZ in einer Pressedatenbank.

Von einem guten Freund weiss ich, wie das laeuft.
Da gibt es die Redakteurseitelkeit, die ihre Worthuelsen als
Kollektion von drei Agenturmeldungen plus Hintergrundwissen
separat archiviert haben wollen. Da gibt es eine Liste von Divas.

Die Texte bleiben erstmal drin und fliegen vielleicht nach einem
halben Jahr raus. Eine SZ bringt am Tag aus Sicht einer solchen
Datenbank eine Anzahl speicherwuerdiger Texte vom Typ Diva++
im tendenziell unteren zweistelligen Bereich. Selbstverstaendlich
ist die so entstehende Datenbank nur ein Backup der Welt mit einem
sehr groben Filter, der aber benennbar ist: Agenturgeroellhalde plus
Bonbonhaufen. Die Definition des Breidbart-Index BI ist einfacher.

>Jeder Historiker hat eine solide Sammlung von nichtdruckbaren Fluechen,
>die er dann konsultiert, wenn er feststellt, was in dem betrachteten
>Zeitalter alles an Information unwiederbringlich weggeworfen wurde.

ACK.
Ein Buch wird nicht dadurch, dass es gedruckt wurde, wichtig.
Im Rueckblick jedoch ist es noch gar nicht lange her, dass ein
Koenig stolz war, eine zweistellige Anzahl von Buecher zu haben.
Sowas traegt heute eine Brieftaube am Fuss als Backup.

Gewiss sind mehr Buecher ueber Gott ueberliefert als ueber das
Wissen der Welt, denn weise Frauen wurden als Hexen verbrannt.
Mit Schwund muss man rechnen und ueber Ursachen nachdenken.

(...)
>Das WWW mit im Mittel vielleicht 5 Links per Seite (3.14*Daumen-Schaetzung)

Mein Bauch sagt mir: nimm die groessere Haelfte von 5, also e.

(...)
>> das Wissen der Welt waechst weit langsamer als die
>> Speichertechnik. Das ist ein binaerer Wende-Punkt.
>
>s.o. Was gehoert in eine Enzyklopaedie? Welches Buch gehoert in eine
>Bibliothek? Jedes? Was konstituiert den Begriff Buch? Fester Einband?
>Also gehoeren Zeitungen und Zeitschriften erst dann dahin, wenn sie
>vom Buchbinder zusammengeklebt wurden? Oder ist die Restriktion ein
>Ausdruck der Datenhaltung in Regalen? Warum gibt's in meiner Uni-Bibliothek
>nicht die Blitz-Illu? Zensur? Speicherplatzprobleme? Kein Wissen, nur

Erstmal ist es eine Frage des Knowhow, zweitens ist es haerter.

Es war ein dpa-Mann, der dafuer sorgte, dass die erste komplett
farbig binaerisiert archivierte Tageszeitung Deutschlands SUPER
war, wenn ich mich an den Namen richtig erinnere. BILD war im
Vergleich dazu ein Blatt des gehobenen Bildungsbuergertum.

SUPER wurde mit Geld der katholischen Kirche der
DDR-Bevoelkerung um die Augen gehauen.
Ich habe zur Zeit in der Nach-DDR als Dozent gearbeitet.
Wenn ich Freunden im Westen das Blatt zeigte, haben die
gestaunt ueber den Dreck. Die haben zB einen Kran gemietet,
um Schlafzimmerbilder einer Berliner Prominenten drucken
zu koennen, die in einem Hochhaus wohnte.

Eine Studentin, die in den Semesterferien dort als Redakteurin
jobbte, nannte mir die Summen, die zB bei Unfallopfern fuer
Kinderbilder aus dem Fotoalbum zuhause gezahlt wurden.
Sie erklaerte mir auch die Dienstanweisung der Redaktion
zum Umgang mit Angehoerigen, um Bild und Bericht
als Exklusivstory zu kriegen.
Haustuerdruecker sind vergleichsweise Wohltaeter der
Menschheit, wenn sie Vertraege unterschreiben lassen.

Sowas habe ich im Kopfe, wenn sich Schwarzkittel ueber ein
Schwein am Kreuz empoeren. Ihre Suenden sind archiviert,
aber nicht auf CD im Handel. Ich hielt die Tageszeitung SUPER
bereits als sie erschien fuer ein katholisch finanziertes Blatt,
das taeglich die Menschenwuerde verletzte.

Sie wurde mit NeXt gemacht und AFAIK in Postscript archiviert.
Ich weiss nicht, wieviel Jahre sie erschien. Die Datenmenge ist
ueberschaubar. Es duerfte jedoch nicht trivial sein, ausgerechnet
diese Daten von der katholischen Kirche als "Mitbesitzer" der Bits
in die Uni-Bibliothek zu bekommen, obwohl es ein abgeschlossenes
historisches Projekt ist ohne allzu grosse wirtschaftliche Relevanz
heute (um dieses Argument allerhoechstvorsorglich zu entkraeften).

Eine wissenschaftliche Arbeit ueber dieses Blatt halte ich fuer
gesellschaftlich relevant bei der Frage, welchen Wert Information
hat. Soviel als Ball zurueck zu Deinem Spam-Projekt, heute.

(...)
>> Frank sagt dazu sinngemaess, wir haben einen Riss in
>> der Geschichte  etwa um das das Jahr 1995.
>> Ab da ist tendenziell "alles" im Netz.
>
>Jorge Luis Borges, Die Bibliothek von Babel. Sofort lesen.

ACK, suche es im chaotischen Umfeld.

[...]
>Ball direkt zurueckgeworfen, freie Diskussion macht Spass; OT: vielleicht
>sollten wir mal gemeinsam irgendwo in RL ein Glas Hopfenbluetentee antesten...

Butter bei die Fische: "Netz der ungeahnten Moeglichkeiten".
Ferienakademie fuer SchuelerInnen und StudentInnen.
5.-8. Juli 1998. Friedrich Naumann Stiftung, Gummersbach.
Ist doch fast bei GMD. Ich bin Mittwoch um 11 Uhr dran.
Bin aber wohl schon vorher dort, mal sehen.

Will noch eine Art Baby-Datenschleuder produzieren.
Ziel: kindgerecht ab drei, verlockend wie ein kaltes Buffet.
Keine Ahnung, ob mir das gelingt, hab das noch nie gemacht.
Ausserdem hat der CCC  noch keinen Buntlaserdrucker.

>> Es geht nicht darum, Daten zu konservieren, sondern Inhalte.
>> Konservation und Konversation wachsen zusammen,
>> bleiben aber zwei Dinge.
>> Diese ML als Webarchiv ist ein Beispiel.
>
>Betrachten wir mal die Situation mal von der anderen Richtung aus,
>nicht zusammenwachsen, sondern Reduktion auf das wesentliche.
(...)
>10 Nullen weniger. Babels Bibliothek wird nicht dadurch uebersichtlicher,
>dass man sie halb abfackelt. Erst wenn es nicht mehr zu jedem Nonsense-Text
>einen hinreichend aehnlichen Backup gibt, gibt es ein Problem. Und selbst dann
>fehlt uns immer noch die Unterscheidung zwischen nonsense und non-nonsense.

Der Brieftauben Telepathomat ist Bestandteil von Threads, die sich
wiederholen. Sich wiederholen sich wie der SPAM. Das Betrachten
des Threads macht zumindest an einer Stelle Unterscheidung zwischen
nonsense und non-nonsense moeglich. Denn bei detebe weiss ich, was mich
erwartet. Bei de.admin.net-abuse.ALL ist ab einem gewissen Grad  von
Wiederholung erkennbar,  dass SPAMer die Selbstorganisation stoeren.
Gerade als Hacker, der oft genug selbst als Stoerer zumindest empfunden
wird, liegt mir sehr an der letztlich nicht sauber durchfuehrbaren Trennung
von grober Unfug (will ich nicht) und feinem Fug (mehr davon bitte).

Gerade die Beobachtung von SPAM-Debatten hat mir in vielen Dingen
weiter geholfen, an bestimmten Dingen glashart zu unterscheiden und
eine bestimmte Plattwelt des Datentierreichs distanziert zu sehen.

>> Merksatz:
>> Wir leben in der Bitzeit, nicht in der Digitalzeit.
>
>Die Zahlenbasis ist fuer das Wesen des Digitalen unwichtig. BTW: wenn

Siehe anderes Posting.
Samuel Morse hatte bereits das Tupel Zeit.

(...)
>"omagic", kaum eine Chance zur Loesung fuer Leute juenger als 30-35. Na Wau,
>hast Du es ohne Nachsehen unten entschluesselt?

Nein.
Ich habe erstaunt bis erschrocken festgestellt, dass ich dem BKA
damals nicht glaubhaft machen konnte, dass ich von DEC-Computern
keine Ahnung habe, sondern mit dem Ableger Data General vertraut
bin. Das fand  ich komisch: es ist nicht moeglich, Nichtwissen zu
beweisen. Dummstellen ist einfach. Umgekehrt wusste ich nach der
Lektuere von ein paar Metern Passwortlisten in verschiedenen
Sprachen, nach Haeufigkeit sortiert in de, en, fr und it, dass man
mir den Kopf abschlagen muss, weil dieses Wissen nicht mehr
entfernt werden kann. Naja abgesehen von den SF-Stories mit der
Laserknarre, die eine Zeitscheibe Erinnerung wegbraet. Aber das
erscheint mir biounlogisch. Das war schon ein komisches Gefuehl
als mir das damals klarwurde :-)

Nach TTL-Technik der Fruehzeit hatte ich den
OSI Challenger 3 CPUs bei gemeinsamem Speicher.
6502 Master CPU, zwei IO-Bits zur Umschaltung auf
6800 und Z80. Als vierte CPU gab es eine Platine mit
SI 6100, PDP8 on Chip und 4 K*12 Bit (im 6502-
Adressraum 8 KB). Das Ding konnte ich mir nicht
leisten. Die 6100 konnte zwar die maechtigen
IO-Befehle der PDP8 nicht, machte aber einen Trap.
Dann wurde zum 6502 umgeschaltet, der emulierte die
IO-Befehle und schaltete danach wieder um auf den
6100. Echt schmutziges Design; sowas liebe ich :-)

Das 12-Bit-Design der PDP8 wurde fuer Fotosatzmaschinen
benutzt und ich hatte grossen Respekt davor, in 4 KW ein
Fotosatzprogramm mit Silbentrennung unterzubringen.
Aber es war mir "zu klein".
Ich hab den ganzen Krempel auf Kisten ab NOVA2
programmiert und dieses CPU-Design fand ich nett.
Doch erst Eclipse brachte mir die Assemblerbefehle,
die ich am Z80 schaetzte.
Grrr. Alte Maenner...
Schluss for now.
wau

--
Historische Ergaenzung. Wegen des neugierigen CCC baute die Post bei
Btx eine AFAIK bis heute aktive Bitbremse ein, die das Scannen nach
Seitennummern um Sekunden verlangsamt, je mehr nicht existente
Seiten angefordert werden. Just for thinking about now...