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Re: KI und Filter (was: Re: Zetern und zensieren)



> 
> Wau sprüht und läßt sprühen, der alte Faun.

Ich erlaube mir die Frechheit, meinen Senf dazuzugeben, obwohl ich nicht
gemein bin. Der Faun sagt sicher noch was dazu.

> > >The silicon computer chip has become the new life form. Eventually the
[...]
> > >                         Are we controlling computers, or are we merely
> > >helping them to control us? 
[...]
> Nicht abstrakt genug. Der unbekannte Hacker in Sherry Turkle's
> "Wunschmaschine" sinngemäß: wenn eine materielle Struktur komplex/schön
> genug ist, warum sollte sich dann nicht eine Seele/Geist entscheiden, diese
> für eine Zeitlang als körperliches Interface zu benutzen?

Und noch eine Umdrehung weiter: was wenn Seele/Geist nur glaubt, dass sie/es
darueber entscheidet, dass die materielle Struktur tatsaechlich benutzt?
Oder anders gesagt: wer ist hier die Maschine?

> Trivial: Menschen haben noch nie auf Dauer eine Unterdrückung zugelassen. So
> negativ sich "Hyperion" bzgl. Maschinenherrschaft liest, dieses Fazit läßt
> jede Pessimistin verstummen, bzw. den Poeten aufleben.

Dazu muessen sich Menschen bewusst werden, ob bzw. dass sie unterdrueckt
werden. In bestimmten Situation kann es toleriert werden, in gewisser
Weise unterdrueckt zu werden (oder neutraler, sich einem bestimmten
Schema unterzuordnen - dieser Schriftverkehr ist ein Beispiel: ich passe
mich den Gegebenheiten dieser Tastatur an, obwohl ich mir vorstellen kann,
dass es eine bessere Kommuinikationsform geben koennte - naemlich an einem
Ort zusammenzusitzen und zu plauschen, statt merkwuerdige beschriftete
Plastikknoepfe in bestimmter Reihenfolge zu beruehren und dabei in Kauf
zu nehmen, dass eine ganze Reihe von Informationskanaelen (Sprache, Gestik/
Koerpersprache) ausgeschaltet sind).

> Wollte das Folgende eigentlich noch gären lassen, aber es ist grad so
> gemütlich hier, und --- wer weiß?
> 
> Eines meiner Steckenpferde ist die Idee, einen 'Psycholog am Telefon' zu
> bauen.  Einzelteile: ELIZA, Spracherkennung, Sprachsynthese, ISDN, Linux. 
> Wer ELIZA kennt oder die Untiefe von Psychologen, weiß, was ich meine.  Das
> ist schon KI, genauso wie MPEG Layer 3: der Mensch wird überlistet, das Ziel
> ist die Vereinfachung des Problems.

Ist es das? Sagt Eliza nun etwas ueber einen einfachen Algorithmus aus, der
in vielen Menschen arbeiten mag, die sich davon ueberlisten lassen, oder ueber
die (maro:-)) Trivialitaet von Aussagen der Psychologie? Der Turingtest ist
eine Stufe komplizierter, weil er nicht einen bestimmten Intelligenz- oder
Erkenntnislevel voraussetzt. Heisst: Eliza oder ein geeignet verbessertes
Programm mag 99% der Menschen taeuschen, aber damit wird es nicht bereits
intelligent, autonom, oder wie man immer lebendig beschreiben mag. Was Du
lieferst, ist keine Vereinfachung des Problems, sondern einen Placebo, der
eher das Wesen des Problems verschleiert. 

> Nächster Schritt:  Holger bezweifelte die Bedienbarkeit eines mächtigen
> intelligenten Filtersystems (die letzten zwei Worte sind im abstrakten Sinn
> äquivalent).  Wohlan, hier ist die Lösung: http://www.media.mit.edu/affect/
> Summary: Affective Computing versucht, durch Kamera und Bildverarbeitung,
> menschliche Emotionen zu erkennen und entsprechend das Verhalten der
> Software zu optimieren. Dadurch vereinfacht sich das Problem Nr.1 für
> Designer von Mensch-Maschine-Interfaces derart, daß Software zu einer
> natürlichen Erweiterung des menschlichen Denkens wird.  Biofeedback in neuem
> Gewand.

Hmmm. Ich bin am Wochenende in der Buchhandlung ueber ein Buch von
Samy Molcho (Pantomime) zur Koerpersprache gestolpert. Selbiger gibt zwar
massenhaft faszinierende Beispiele fuer emotionale Signale, die wir staendig
aussenden und empfangen, aber nicht *bewusst* wahrnehmen, sofern wir uns nicht
dafuer sensibilisieren, warnt aber gleichzeitig davor, dass eine Vielzahl
dieser Signale hochgradig mehrdeutig sind und im Kontext mit allen anderen
Signalen analysiert werden muss. Eine Kamera, die mein Grinsen beim
Schreiben dieses Satzes aufnimmt (warum grinse ich hier - ein Smiley kann das
auch wieder nur unzureichend repraesentieren, aber hier ist einer: ;-) ), wird
ohne ein Verstaendnis dessen, was ich hier gerade schreibe, uebel in die
Irre geleitet.

> Das heißt, ein hypothetisches 'mächtiges Filtersystem' muß mensch sich wie den
> Bibliothekar in "Snow Crash" vorstellen.  Eigentlich nicht mehr als eine 
> Suchmaschine mit der Fähigkeit, hilfreich und schnell ihr Verhalten
> umzustellen, *fast* ohne daß es der Bedienende bemerkt.  Selbstverständlich
> sollte die Default-Einstellung ALL.ALL sein, mir ging es um den Beweis der
> Möglichkeit der Bedienbarkeit.

Du spielst vermutlich auf die gerade populaere Idee der Software-"Agenten"
an, die Dir, in der Art des pantoffelschleppenden Hundes, jedem Morgen
eine "individuell nach Deinen Interessen" zusammengestellte Zeitung auf
den Desktop legen. Das ist konzeptionell wieder so ein Eliza-Placebo, welches
fuer 99% der Bevoelkerung funktionieren mag, aber es macht gerade dadurch
den Konsumenten zum Sklaven seiner Maschine. Wer sich einmal einem solchen
System aussetzt, der findet moeglicherweise nie wieder zu der irritierenden
und komplex-komplizierten ALL.ALL-Welt zurueck - und er merkt es noch
nicht mal, weil sein goldener Kaefig so toll geschmueckt ist.

> Schlußendlich: wer ein mächtiges Filtersystem will, mit dem alle zufrieden
> sind, muß die KI-Forschung fördern ;)

KI ist Nebelstangen-Ruehr-Sport mit anderen Mitteln :-(

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