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Kommentar MZ, 22.07.98, zu http://www.westline.de/welt/nachrichten/computer/onl31_1_2107_0721110632.html



Ein Medium kommt in Verruf

Kontrolle des Internets

Schade. Das Internet kommt in Verruf. Kinderpornographie, Kriminalität,
Radikalismus, egal aus welcher Ecke - alle Widrigkeiten des
unmenschlichen Miteinanders unserer Tage gedeihen in einigen wenigen
Maschen dieses Netzes.

Ein Netz aus Rechnern rund um den Erdball, geschaffen zur Kommunikation. 
Schnell, direkt, informativ, bunt, grenzenlos... ein globaler Kiosk. Klick 
für Klick.

Natürlich kommt die Frage auf: Kann man das Internet nicht
kontrollieren? Kann man nicht jene, die im Schutz der Masse und der
Anonymität des Netzes Perversitäten verbreiten, dingfest machen? Man
kann. Und kann nicht.

Das Internet ist kein statisches Gebilde, es wächst wie kein anderes
Medium im ausgehenden 20. Jahrhundert. Allein in Deutschland hat sich
die Anzahl der Hosts, also der Rechner mit abzurufenden Informationen,
in den letzten zwei Jahren mehr als verdoppelt; und liegt jetzt bei fast
1,3 Millionen.

Die Inflation der Inhalte macht die Kontrolle schwierig. Zudem gibt es
Bereiche des Internets, die von den Nutzern selbst und direkt mit Daten
gefüllt werden. Gerade in diesen Diskussionsforen, in denen Menschen
Texte, Bilder, Töne jeder Art austauschen und ablegen, finden sich die
Schmuddel- und Ekel-Ecken des Internets.

Technisch ist klar: Jeder Provider, also technische Anbieter von
Internet-Inhalten und -Zugängen, kann seinen Kunden den Zugriff auf
anstößiges und gesetzeswidriges Material verwehren. Er muß nur wissen,
wo sich dieses im Datenwirrwarr findet. Jede Uni läßt perversen
Datenmüll erst gar nicht auf ihre Rechner - wenn sie aufpaßt.

Natürlich gibt es Computer-Programme, die den Tatort Internet nach
signifikanten Begriffen durchforsten. Das Wort "Striptease" kann aber
auch einen Film meinen. Der (teure) Mensch muß entscheiden, ob eine
digitale Spur zu verfolgen ist. Kommunikationsstrukturen von heute
brauchen Ermittlungsmethoden von heute.

Nicht das Medium, das Internet ist das Problem. Die gewissenlosen
Existenzen sind es, die das Netz für ihre Zwecke ge- und mißbrauchen.
Gesetze sind vorhanden. Kinderpornographie ist strafbar.

Wir müssen uns vor Augen führen: Die Daten sind virtuell. Verbrechen
nicht. Kinder gequält, abgebildet, angeschaut. Ob nun Internet oder
realer Kiosk. Leid zum Vergnügen. Unbegreiflich.

Wolfram Kiwit

(Mail: kiwit@westline.de)

(Münstersche Zeitung, 22. Juli 1998, S. 2; der durch die URL
 referenzierte dpa-Artikel war auf der gleichen Seite geringfügig gekürzt
 abgedruckt) 


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Fachbegriffe der Informatik einfach erklaert, Teil 28:
"... werden wir den Schutz Minderjaehriger in den Vordergrund stellen."  ==
"Im Grunde weiss ich genausowenig ueber die ganze Sache wie meine
 Waehler, aber verbieten bringt mehr Stimmen." (Peter Berlich)

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