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Otto Schily philosophiert ueber die Schwachen und den Staat



In der heutigen Ausgabe der F.A.Z. vom 03.08.1998 findet sich auf 
Seite 1 ein Bericht ueber ein Interview, das Otto Schily der letzten 
Ausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gegeben hatte. 
Schily wird darin zitiert mit der Bemerkung, gerade die Schwachen der 
Gesellschaft seien auf einen starken Staat angewiesen. Ferner bekennt 
sich Schily zu dem auch in dieser Liste schon mehrfach thematisierten 
Gedanken, die Grundrechte als Anspruchsnormen lesen zu wollen: "Wer 
glaubt, dass der Staat gefaehrlicher ist als die organisierte 
Kriminalitaet, der denkt an der Realistaet total vorbei".

Der Spruch mit den "Schwachen", die den "starken Staat" noetig 
haetten, ist in seiner pseudochristlichen Substanz Gegenaufklaerung 
pur. Mit ihm laesst sich bei Bedarf einiges an Eingriffen des Staates 
in die Freiheitsrechte der Buerger rechtfertigen. Hier sollte sich 
Schily vielleicht noch einmal der Anfangsgeschichte derjenigen Partei 
zuwenden, als deren Mandatstraeger er jetzt auftritt. Der 
Grundgedanke war naemlich nicht, das Los der proletarischen Massen 
durch einen ins Gute gewendeten autoritaeren Staat zu bessern, 
sondern die Schwachen in ihren Moeglichkeiten so zu staerken, dass 
sie nicht einfach untergebuttert werden koennen. Es gab einmal 
sozialdemokratische Arbeiterbildungsvereine - lang, lang ist es her. 
Vergessen. Vertan. Nicht mehr das Ueberwinden von autoritaeren 
Strukturen steht auf der Tagesordnung, sondern die Restauration - 
des bevormundenden Nanny-Staates der sich als Gutmenschen duenkenden 
Regulierer.

Axel H. Horns