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Otto Schily philosophiert ueber die Schwachen und den Staat
- To: debate@fitug.de
- Subject: Otto Schily philosophiert ueber die Schwachen und den Staat
- From: Horns@t-online.de
- Date: Mon, 3 Aug 1998 16:34:02 +0000
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In der heutigen Ausgabe der F.A.Z. vom 03.08.1998 findet sich auf
Seite 1 ein Bericht ueber ein Interview, das Otto Schily der letzten
Ausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gegeben hatte.
Schily wird darin zitiert mit der Bemerkung, gerade die Schwachen der
Gesellschaft seien auf einen starken Staat angewiesen. Ferner bekennt
sich Schily zu dem auch in dieser Liste schon mehrfach thematisierten
Gedanken, die Grundrechte als Anspruchsnormen lesen zu wollen: "Wer
glaubt, dass der Staat gefaehrlicher ist als die organisierte
Kriminalitaet, der denkt an der Realistaet total vorbei".
Der Spruch mit den "Schwachen", die den "starken Staat" noetig
haetten, ist in seiner pseudochristlichen Substanz Gegenaufklaerung
pur. Mit ihm laesst sich bei Bedarf einiges an Eingriffen des Staates
in die Freiheitsrechte der Buerger rechtfertigen. Hier sollte sich
Schily vielleicht noch einmal der Anfangsgeschichte derjenigen Partei
zuwenden, als deren Mandatstraeger er jetzt auftritt. Der
Grundgedanke war naemlich nicht, das Los der proletarischen Massen
durch einen ins Gute gewendeten autoritaeren Staat zu bessern,
sondern die Schwachen in ihren Moeglichkeiten so zu staerken, dass
sie nicht einfach untergebuttert werden koennen. Es gab einmal
sozialdemokratische Arbeiterbildungsvereine - lang, lang ist es her.
Vergessen. Vertan. Nicht mehr das Ueberwinden von autoritaeren
Strukturen steht auf der Tagesordnung, sondern die Restauration -
des bevormundenden Nanny-Staates der sich als Gutmenschen duenkenden
Regulierer.
Axel H. Horns