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[]FYI] CH-Perspektiven



Interessanter Detail=Bericht von David Rosenthal in der NZZ
(Neue Zürcher Zeitung)vom 14.08.98:

http://www.nzz.ch/online/01_nzz_aktuell/beilagen/el_medien/00_el_medi
e n.htm

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Kooperation statt Konfrontation 

Gesinnungswandel bei der Bundespolizei 

Nach anfänglichen Drohgebärden krebste die
Bundespolizei letzte Woche zurück: Sie will den
Rassismus im Internet in Kooperation mit den
Zugangsanbietern und nicht gegen sie bekämpfen. Die
Probleme bleiben aber ungelöst. Eines ist
allerdings klar: Um Zensur geht es nicht. 

Zur Aussprache am Freitag vor einer Woche erschien
Bundespolizeichef Urs von Däniken höchstpersönlich.
Die Aufgabe war auch delikat: Rund 50 verunsicherte
Provider wollten wissen, warum sie künftig auch für
illegale Internet-Inhalte aus dem Ausland ihren
Kopf hinhalten sollten, falls sie diese nicht
sperren. Denn genau das mussten sie auf Grund eines
Schreibens der Bundespolizei vom 23. Juli und der
öffentlichen Äusserungen der normalerweise als
wenig zimperlich bekannten Behörde befürchten (NZZ
31. 7. 98). Doch so sei es nicht gemeint gewesen,
versuchte der vom enormen Medienecho völlig
überraschte von Däniken die Wogen zu glätten.
Prävention sei das Ziel. Aber man habe sich wohl im
Ton etwas vergriffen, räumte er an der für Medien
nicht zugänglichen Aussprache offenbar ein.

Nach zweieinhalb Stunden war klar: Künftig soll das
Problem in Kooperation statt Konfrontation mit den
Providern gelöst werden. Der Brief sollte der
Startschuss dazu sein. Geplant ist nun eine
Kontaktgruppe mit Vertretern der Provider, der
Bundespolizei und erstmals auch der anderen
betroffenen Bundesstellen. Thema soll nicht mehr
nur die Bekämpfung rassistischer Inhalte und
dergleichen sein, sondern ebenso diejenige anderer
illegaler Angebote wie etwa aus dem Bereich der
Kinderpornographie.

[...]

Mehr vermochte das Treffen freilich nicht zu
klären. Zwar versprach Bundespolizeichef von
Däniken, wegen der verbotenen Inhalte aus dem
Ausland «vorerst» keine Strafanzeigen gegen
Provider zu erstatten, um das «konstruktive
Gesprächsklima» nicht zu zerstören. Auch sollen
Provider bei Schadenersatzansprüchen wegen
Sperrungen auf die Unterstützung der Behörde zählen
können. In der zentralen Frage, welche
Sperrversuche für Schweizer Zugangsanbieter möglich
und zumutbar sind, gingen die Meinungen aber nach
wie vor weit auseinander. Die Bundespolizei hatte
in ihrem Brief etwa die Sperrung einer Adresse auf
dem Rechner eines grossen US- Anbieters verlangt,
was für die Provider aber meist nur durch die
Sperrung aller Angebote jenes Systems möglich war -
Tausende «legale» Websites waren nicht mehr
verfügbar.

Das Beispiel zeigt, dass die technischen Probleme
auch bei Kooperation aller Beteiligten nicht gelöst
sind - und es wohl auch nicht werden. Es zeigt
auch, dass die Bundespolizei aus der für sie eher
peinlichen Angelegenheit lernen sollte (und
offenbar will): Die Internet-Szene mag wenig
organisiert sein, ist aber äusserst sensibel. Und
wenn den Providern Internet-Adressen mitgeteilt
werden, dann sollten sie auch richtig abgetippt
werden. Bei dem erwähnten Beispiel etwa fehlte der
Adresse ein «l». In der Öffentlichkeitsarbeit würde
zudem etwas weniger Kommandoton aus der
Pressestelle nicht schaden. Es erstaunt ansonsten
nicht, dass Sinn und Zweck der Aktion - die
Prävention - in der Diskussion um die
Verantwortlichkeit der Provider völlig untergehen.

[...]

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