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Re: Schnelle Meldung



On 14 Aug 98 at 9:21, Chr. Schulzki-Haddouti wrote:

> Frage: ist das in Ordnung, wenn man eine Meldung schnell aus
> Beitraegen einer geschlossenen Liste zusammenschreibt? Wie könnten
> sich Listenmitglieder eigentlich dagegen wehren
> (Nichteinverstaendnis vorausgesetzt)?

Die hier in Betracht kommende Anspruchsgrundlage waere wohl
urheberrechtlicher Natur, schuetzt aber nur das Werk (sofern dieses 
denn ueberhaupt die erforderliche Werkhoehe besitzt und dem 
Urheberrechtsschutz zugaenglich ist) in seiner Ausdrucksform. Inhalte 
als solche in umformulierter Gestalt darf man m.E. immer bringen. 
Ausserdem gibt es Schranken des Urheberrechtes, z.B. das 
Zitatprivileg. Demnach darf man mit genauer Quellenangabe zitieren, 
wenn und soweit dies durch einen Zitierzweck gerechtfertigt ist. 
(Einen genauen Verweis auf das UrhG spare ich mir hier, da ich z. Zt. 
urlaubshalber ohne Papier, aber mit Notebook an der coast line des 
mare balticum weile)

Meine persoenliche Sicht der Dinge waere die, dass das 
Vervielfaeltigen und Verbreiten meiner Beitraege durch und innerhalb 
derselben Mailingliste (z.B. Quotes bei Reply) allein durch meine 
Teilnahme an einer ML konkludent und entgeltfrei zugestanden ist. Der 
Abdruck in Presseerzeugnissen aber nicht. Ich koennte mir vorstellen, 
dass rechtliche Massnahmen gegen den Verlag dann im Prinzip moeglich 
waeren, wenn ein Text mit Werkqualitaet ganz oder in erheblichen 
Teilen ohne Zitatqualitaet (also insbesondere ohne erkennbaren 
rechtfertigenden Zitatzweck) abgedruckt wird.

Die andere Frage ist aber, ob man sich denn ueberhaupt dagegen wehren 
_sollte_, in Presseerzeugnissen mit Aeusserungen aus einer ML 
wiedergegeben zu werden. Unterstellt, die Wiedergabe ist korrekt und 
erfolgt unter angemessener Nennung des Urhebers, so koennte ich mir 
vorstellen, so etwas zu tolerieren, auch wenn kein mein Urheberrecht 
beschraenkender Zitatzweck erkennbar ist. Die Wirkung solcher 
Berichte nach aussen _kann_ (!) naemlich auch darin bestehen, dass 
der Oeffentlichkeit ausserhalb des Netztes vor Augen gefuehrt wird, 
dass dort auch relevantes Wisen existiert und nicht nur KiPo und 
Blahfasel.

Problematisch wird es dann, wenn sich die ML als _geschlossene_ Liste 
versteht, wobei alle Teilehmer explizit oder konkludent zugestimmt 
haben, Beitraege vertraulich zu behandeln. Die "Netlaw"-Liste ist 
aber gerade keine geschlossene ML. Ich bin u.a. auf zwei weiteren 
juristischen Mailing-Listen, von denen sich zumindestens eine als 
absolut geschlossen versteht (Zulassung nur nach persoenlicher 
Vorstellung mit PM beim listowner), bei der anderen zumindestens eine 
qualifizierte Minderheit der Subscribenten davon auszugehen scheint, 
dass aus der Liste nicht nach aussen zitiert wird. Man kann sich 
natuerlich fragen, welchen Sinn dieses Abgeschlossenheitsaxiom bei 
unverschluesselten MLs ueberhaupt haben soll, aber ich meine, 
derartige Zweckbestimmungen einer ML sind unbedingt zu respektieren.

Durchsetzbar waere das alles im Prinzip mit zivilrechtlichem 
Instrumentarium, also Abmahnung und ggfs. Unterlassungsklage, auch 
einstweilige Verfuegung bei konkreter Wiederholungsgefahr. In der 
Realitaet duerfte das aus verschiedenen Gruenden ein _sehr_ 
dornenvoller Weg werden, es sei denn, es ist ein glattes Plagiat 
eines Beitrages von Essay-Qualitaet. Vermutlich ist es besser, bei 
Verdacht auf unserioeses Auspluendern von MLs erst mal eine 
oeffentliche Diskussion anzuzetteln, auch mit dem verantwortlichen 
Journalisten des betreffenden Presseerzeugnisses.

Axel H. Horns