[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: Nochmal "oeffentlich"/"privat".........



Daniel:
> Wichtig ist m. E. noch, dass dem/n Empfaenger/n bekannt ist (oder
> sogar Zustimmung erfolgte), dass es sich um private Kommunikation
> handelt. Das mag unter die Sorgfaltspflicht des Senders fallen,
> aber da Kommunikation selten einseitig ist, gehoeren auch hierzu
> mindestens zwei, die dafuer Sorge zu tragen haben, dass privat
> privat bleibt.

Richtig. Wenn ich Dir per PM etwas anvertraue und Du das sogleich in alle
Newsgroups postest, besteht zwischen uns eine unterschiedliche Auffassung
ueber den Wert der Information (eine solche Diskrepanz wird es zwischen
uns beiden allerdings nur einmal geben ;-) ).

> > Veroeffentlichen ist dann eine
> > Neubewertung der Informations: der Veroeffentlichende besitzt eine
> > unterschiedliche Auffassung ueber die Empfaenger, den Kanal oder den 
> > Informationswert. Das bedeutet aber nicht, dass der Informationsgehalt selbst
> > (etwa seine Entropie) sich veraendert.
> 
> Wo liegt der Unterschied zwischen Informationswert und -gehalt in
> Bezug auf deren Bewertung? Beides ist abhaengig vom Empfaenger,

Der Informationsgehalt ist eine berechenbare Groesse, seine Entropie. Du
kannst, eine vereinbarte Syntax und Semantik und einen Informations-
kanal bestimmter Bandbreite vorausgesetzt, den Informationsgehalt einer
Nachricht bis zum Optimum ausreizen, ohne dass uebertragungs- oder kodierungs-
bedingte Verluste auftreten. Als Informationswert betrachte ich einen
ausserhalb des klassischen Kanalmodells liegenden subjektiven Wert, der
durch eine statische Entropiebetrachtung nicht erfassbar ist. Im Kanalmodell
etwa geht man davon aus, dass S und E sich auf eine geeignet Bedeutung einer
Message geeinigt haben, und S schickt nun an E z.B. ein Bit, welches
1 oder 0 ist. Je nach der Auftrittswahrscheinlichkeit p(0) bzw p(1)=1-p(0) ist
die Message mehr oder weniger ueberraschend fuer E, was genau den Begriff der
Entropie E(0)=1/p(0) ausmacht. Nur: im RL findet so reinrassige Kommunikation 
auf Bitbasis nicht statt, und selbst wenn man jedem uebermittelten
Wort einen Informationsgehalt zuordnen wuerde, wuerden noch die 
zeitlich veraenderlichen Eigenschaften von S und E fehlen. S und E sind nun
dummerweise Menschen, die sich nicht so ohne weiteres durch etwa einen
endlichen Automaten oder ein Markov-Modell abbilden lassen. Das daraus 
resultierende Problem der Beschreibung von Sendern und Empfaengern will 
ich genau mit diesem etwas diffusen "Wert der Information" ausdruecken.
Dieser haengt in komplexer Weise von Dingen wie Auffassungsvermoegen,
Sachverstand, Vorwissen, Interesse, Kontext, Ort, Zeit, Einschaetzung 
des Gegenuebers u.v.m. ab. Formal ist das etwa dasselbe wie das Zugestaendnis,
der Nachricht keine Entropie mehr zuordnen zu koennen, oder die Eigenschaften
von S und E in ein unueberschaubares Kanalmodell zu verpacken, was dann
auch wieder keine Aussage zulaesst.

> (u. U. sogar, je nach Art der Informationsverpackung,
> manipulierbar vom Sender), demnach sehr wohl veraenderbar. Je

Bezueglich des Wertes sind da auf beiden Seiten beliebige Unterschiede
moeglich, was gerade die Quelle aller moeglichen absichtlichen und
unabsichtlichen Missverstaendnisse ist. Als Sender habe ich nicht nur
eine Sachaussage, die ich an den Empfaenger bringen will (das sowieso nicht,
da ich typischerweise unbewusst auch noch mehrere nonverbale Kanaele benutze,
welche u.U. sogar meine Aussage relativieren oder umkehren koennen), sondern 
auch eine Hypothese ueber den Empfaenger. Und diese Hypothese veraendert sich
sogar noch waehrend des Kommunikationsprozesses. Das passiert sogar hier,
bei geschriebener Kommunikation :-) Und schon habe ich mit Doppelpunkt-Minus-
Klammerzu wieder eine Mehrdeutigkeit produziert und lasse den Empfaenger im
Unklaren, was ich als Sender gemeint habe. Wenn ich so ein Stilmittel
mehrmals benutze :-), entwerte ich :-) es damit :-) nicht nur, sondern
veraendere damit auch die Hypothese des Empfaengers ueber die Ernsthaftig-
keit meines Textes. Aber - meine Hypothese wiederum ueber den Empfaenger -
das faellt vermutlich wiederum niemandem mehr auf - worueber ich selbst
auch keine Gewissheit habe, kurz: die Schleifen werden immer seltsamer
und verwickelter. Ich mache da besser Schluss und warte auf eine Reaktion
zum Realitaetsabgleich meiner Hypothesen ueber die Leser. Und keine Antwort
ist da sogar auch eine Antwort ;-)

> hoeher der Informationsstand des Empfaengers, desto niedriger der
> Informationsgehalt fuer den Empfaenger. Oder waere das der
> Informationswert, weil der Informationsgehalt eine feste Groesse
> darstellt?

-- 
         Dr.-Ing. Holger Veit             | INTERNET: Holger.Veit"at"gmd.de
|  |   / GMD - German National Research   | Phone: (+49) 2241 14 2448
|__|  /  Center for Information Technology| Fax:   (+49) 2241 14 2242
|  | /   Schloss Birlinghoven             |  Get XFree86/OS2 Bugfix Version
|  |/    D-53754 Sankt Augustin, Germany  |     V3.3.2.3 from set.gmd.de
         WWW: http://borneo.gmd.de/~veit/ |    /pub/misc/XFree86OS2/3.3.2