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Re: [telepolis] Verlust der Geschichte (fwd)



> Franzoesische "Amtspersonen" hatten den Esperanto-Verein in .fr
> in der Fuehrungsebene unterwandert, um dann zu verkuenden, dass
> franzoesisch besser geeignet sei als esperanto. Das gehoerte mit
> zur WK1-Kriegspolitik der Franzosen und sowas vergesse ich nicht.

Das ist mir neu und schwer zu glauben, denn auch damals hatte FR schon
keine Aussicht auf Welthegemonie mehr. 

> Aktuell bemueht sich .fr wieder darum, der Amtssprache des
> Internet die eigene entgegenzusetzen, mit Vorschriften und
> mit Zwang. Beim Bericht ueber die Einfuehrung von UUCP in

M.E. bemueht sich .fr darum, ein wenig von seiner Wuerde zu wahren. 
Selbst wenn die Sprache immer unbedeutender wird, muss man sie ja nicht
verhunzen, um sie am Schluss nur noch voller Ekel wegwerfen zu koennen,
wie wir das mit dem Deutschen machen.  Auch wenn man sterben muss, koennte
man dabei die Wuerde bewahren. 

In Paris hat man noch das Gefuehl, eine eigenstaendige, und keineswegs
groessenwahnsinnige sondern einfach wuerdevolle, Nation zu besuchen.
Am Flughafen sind ueberall englische Aufschriften zu finden, aber eben
eine Nummer kleiner als die franzoesischen, und man orientiert sich auch
als Auslaender eher an "Aerogare 1" als an "Terminal 1".

Philips hat das Logo "Faisons toujours mieux", was einige deutsche
Philips-Leute entsetzte, die "Let's make things better" fuer einen Teil
ihrer Firmenidentitaet halten.   Aber wenn man sich dran gewoehnt hat,
kommt man vielleicht darauf, dass es fuer das Selbstverstaendnis von 
Philips tatsaechlich entscheidender ist, die Dinge immer besser zu machen,
als sich ueberall als Kolonialherr mit eigener Amtssprache zu gebaerden.
Die Reaktion der Philips-Leute zeigte mir so richtig deutlich, wer hier
normalerweise Zwang ausuebt.  Das Gegengewicht, das die Academie Francaise
setzt, ist mit sehr wenig Zwang und viel Geist verbunden.  Es macht die
franzoesische Sprache lernenswert und bringt eine Ausstrahlung, die
ich kuerzlich besonders bemerkte, als ich in Prag einen jungen Tschechen
kennenlernte, der voller Enthusiasmus zum franzoesischen Gymnasium ging
und Frankreich zu seiner geistigen Heimat gemacht hatte.  Die franzoesische
Sprache erlaubt einem, sich heimisch zu fuehlen, die deutsche nicht mehr.
 
Die Eigenstaendigkeit der nationalen Kulturen und Sprachen ist
ein Gegengewicht zum Vereinheitlichungs- und Monokulturdruck der
Grosskonzerne.  Sie reflektiert auch die nach wie vor gueltige
Wirklichkeit, dass sich die meisten groesseren Projekte auf nationaler
Ebene am wirksamsten verfolgen lassen.  Z.B. das Telematikprojekt der
EU musste erst aufgeloest und nach DE, EN, FR delegiert werden.  Erst
nachdem auf nationaler Ebene Erfolge erzielt worden waren, konnten die
dann wiederum auf EU-Ebene gehievt werden.

--
Hartmut Pilch
http://www.a2e.de/phm/