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Re: [telepolis] Verlust der Geschichte (fwd)



Quoting PILCH Hartmut (phm@wtao97.oas):
[...]
> > Franzoesische "Amtspersonen" hatten den Esperanto-Verein in .fr
> > in der Fuehrungsebene unterwandert, um dann zu verkuenden, dass
> > franzoesisch besser geeignet sei als esperanto. Das gehoerte mit
> > zur WK1-Kriegspolitik der Franzosen und sowas vergesse ich nicht.
> 
> Das ist mir neu und schwer zu glauben, denn auch damals hatte FR schon
> keine Aussicht auf Welthegemonie mehr. 

Als CCC haben wir unsere Wunden mit Frankreich (Gruendung eines
Fake-CCC in .fr durch den franz. Geheimdienst) und da verfolge
ich auch die historischen Subversionsmethoden sehr genau.

Esperanto-Quelle: Neue deutsche Volkshochschule, Sammlung des Wissens
der Zeit, herausgegeben in Berlin in den 20er Jahren, 5 Baende.
Im Lauf meiner diversen letzten Umzuege untergegangen; muss mal
wieder nach schauen, wo ich sowas wieder herkriege...

Aehnlich wie Werner Pieper bei der Encyplopaedia Britannica
nicht irgendeine Ausgabe auf CD-ROM wollte, sondern die *letzte*
Papierausgabe, wo namentlich verantwortliche Autoren noch
fuer ihre Beitraege verantwortlich waren, so schaetze ich an
der "Neuen deutschen VHS" den jeweils thematisch gegebenen
Ueberblick zu einem Sachgebiet durch einen benannten Autor.

In den fuenf VHS-Baenden ist nicht nur ein "Esperanto-Kurs"
drin, sondern "alles" Wissen der Zeit - nicht im Sinne einer
Enzyklopaedie, sondern im Sinne einer VHS-Kurs-Sammlung auf
Papier, zu Beginn des Atomzeitalters.

> > Aktuell bemueht sich .fr wieder darum, der Amtssprache des
> > Internet die eigene entgegenzusetzen, mit Vorschriften und
> > mit Zwang. Beim Bericht ueber die Einfuehrung von UUCP in
> 
> M.E. bemueht sich .fr darum, ein wenig von seiner Wuerde zu wahren. 

Naja, "Wuerde" ist nicht unbedingt, was da an Vorschriften laeuft.
Das "positive" Beispiel, TV-Sprechern die Verwendung des Begriffes
"Computer" zu verbieten, sondern "ordinateur" vorzuschreiben,
meine ich dabei nicht, denn das kann ich von der Sache her (nicht
von der Form her) verstehen. Ich bemuehe mich auch in Deutschland,
Leuten die Verwendung von "EDV" auszutreiben und "ADV" zu
empfehlen, weil es nicht um Elektronen oder Photonen, sondern
um Automatische DV geht - aber ich bestrafe niemand fuer E-DV :-)
Und die "anderen" Vorschriften sind zT einfach bescheuert.

> Selbst wenn die Sprache immer unbedeutender wird, muss man sie ja nicht
> verhunzen, um sie am Schluss nur noch voller Ekel wegwerfen zu koennen,
> wie wir das mit dem Deutschen machen.  Auch wenn man sterben muss, koennte
> man dabei die Wuerde bewahren. 

Wuerdig sterben - naja...
In Kambodscha war das wohl eher ein Selbstmord, abgesehen von
den dort Getoeteten.

Du hast es doch so mit den Normen und mit der Offenheit:
Das erinnert mich an PAL und SECAM, das als Antinorm in den
franz. Kolonien incl. UdSSR und DDR durchgesetzt wurde.
Oder aktuell an IBM, die den Auftrag haben, 17 Mio MINITEL
durch "etwas anderes" zu ersetzen - was dabei wohl rauskommt...

Kurz: erst politische Fehlentscheidungen treffen (also zB RTL
verbieten, ein TV-Programm in franzoesischer Sprache fuer die
franzoesische Schweiz per Sat zu verbreiten, wenn nicht Pariser
Auflagen der Medienkontrolle eingehalten werden) und sich dann
ueber den Untergang des Franzoesischen zu beschweren, halte
ich fuer --- mutig.

Walter Bruch als PAL-Erfinder ist mir lieber als pariser
Affen, die Sprachkontrolle als Verlierer betreiben und
selbst dazu beitrugen, verloren zu haben; durch ihr
Machtgehabe und ihre Machtgelueste der force d'atrappe
incl. Ermordung eines Greenpeace-Fotografen.

Heinrich von Stephan hatte dem deutschen Kaiser nahegelegt,
nicht den Begriff TELEPHON einzufuehren, sondern auf dem
FERNSPRECHER zu beharren. Heute heisst das Ding TELEKOM,
trotz unserem guten alten Heinrich.

Bei Entscheidungen sind Zeitfenster zu beachten, die
groesser sind als manch einer denkt.

[...]
> Die Eigenstaendigkeit der nationalen Kulturen und Sprachen ist
> ein Gegengewicht zum Vereinheitlichungs- und Monokulturdruck der
> Grosskonzerne.  Sie reflektiert auch die nach wie vor gueltige
> Wirklichkeit, dass sich die meisten groesseren Projekte auf nationaler
> Ebene am wirksamsten verfolgen lassen.  Z.B. das Telematikprojekt der
> EU musste erst aufgeloest und nach DE, EN, FR delegiert werden.  Erst
> nachdem auf nationaler Ebene Erfolge erzielt worden waren, konnten die
> dann wiederum auf EU-Ebene gehievt werden.

Gut, das ist ein Aspekt.

Aber das "politische Asyl", das der CCC Katalonen und Valenzinern und
anderen Spaniern gewaehrte, die in ihrer Heimat politische Verfolgung
Verfolgung erlebten, weil sie u.a. einen Artikel eines Rechtsanwalts
im Internet publizierten, der sinnvolle Verhalten bei Verhaftungen
beschrieb (http://hispahack.ccc.de), hat mich etwas wichtiges gelehrt
in den diversen Chats, Mails und Recherchen im Vorfeld:

Viel wichtiger als die "Nationen" wie Spanien sind "Regionen" wie
Katalonien, Valenzina oder Bayern, Hessen, Thueringen, ...
Wenn ich mit einem Admin in Gibraltar chatte und der schreibt mir,
dass er mit 1000 km Abstand von seiner landsmannschaftlichen
Umgebung sich mehr als solcher denn als Spanier fuehlt, dann
gibt mir das sehr zu denken.

Und wenn ich an den politischen landsmannschaftlichen Proporz in
der BRD denke, bestaetigt das die Sicht auf Regionen...

Bretonisch oder baskisch _mit_ statt kontra franzoesisch - das
ist die spannende Frage. Pariser Verbieterli incl. Jack Lang
brauchen noch eine Weile, um das zu begreifen.
Erst wer begriffen hat, dass er u.a. bretonisch und baskisch
zu foerdern hat, kann franzoesisch vor dem Tod retten.

wau

-- 
Wie G.Brem von der Vet.Uni Wien berichtetet, produzieren die Forscher
heute Rinderembryonen in grosser Zahl aus Eierstoecken von geschlach-
teten Tieren. Das erleichtert gentechnische Zuechtungsversuche.
aus: Nahrung ohne Gentechnik bald Illusion? FAZ, Nat.&Wiss. 7.10.98