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[FYI] ENFOPOL



http://www.berliner-morgenpost.de/bin/bm/e?u=/bm/inhalt/heute/fernsehe
n/story01.html

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 Der große europäische
 Lauschangriff

 Empörung in Deutschland über geheime
 EU-Abhörpläne von Telekommunikation und
 Internet

 Von Ch. Schulzki-Haddouti 

 Die europäische Union plant die Überwachung des
 Telekommunikationsverkehrs sowie des Internet.
 Das geht aus geheimen EU-Unterlagen namens
 «Enfopol 98» hervor. Wenn es nach den
 europäischen Innenministern geht, sollen schon bald
 Strafverfolgungsbehörden, Zollämter und
 Geheimdienste Zugriff auf den gesamten
 Fernmeldeverkehr erhalten: Festnetz- und
 Mobiltelefonie, Internet und Fax, Pager und
 interaktives Kabel-TV.

 Der Clou des bislang geheimen Entwurfs eines
 EU-Ratsbeschlusses, den das Internet-Magazin
 Telepolis enthüllte: Die Abhörschnittstellen jedes
 EU-Mitgliedstaates sollen jedem anderen
 EU-Mitgliedstaat das Abhören über Fernzugriff
 ermöglichen. Die USA, Kanada, Australien und
 Neuseeland sollen auch an dem Netzwerk
 teilnehmen können. Das amerikanische FBI hätte
 sekundenschnellen Zugriff auf die europäische
 Kommunikation.

 [..]

 Abgeordnete, Bürgerrechtler und Datenschützer
 laufen mittlerweile Sturm gegen die
 Überwachungspläne. Als «inakzeptabel, gefährlich
 und teuer» verurteilt der
 SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss die Pläne
 der EU-Innenminister. Hier sei nicht nur «jegliches
 Maß für Verhältnismäßigkeit» abhanden
 gekommen, Enfopol stelle sogar «alle deutschen
 Bestimmungen zum Lauschangriff in den Schatten».
 Ute Bernhardt und Ingo Ruhmann,
 Vorstandsmitglieder des Forums InformatikerInnen
 für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung,
 kritisieren: «Ausufernde Überwachungsvorschriften
 passen leider nur zu gut ins Bild von
 Polizeibehörden, die sich jeglicher Kontrolle
 entziehen möchten.» Auch der
 schleswig-holsteinische Landesbeauftragte für den
 Datenschutz, Helmut Bäumler, vermißt die
 «notwendige Sensibilität». So fallen bei der
 Überwachung der Telekommunikation nicht nur
 Inhalte von Telefongesprächen an. Aus den
 Überwachungsdaten lasse sich auch ein
 «detailliertes Persönlichkeitsbild» zusammenstellen.

 Zwar ist die angestrebte EU-Ratsentschließung
 Enfopol für die Mitgliedstaaten nicht
 rechtsverbindlich, da Überwachungsmaßnahmen
 auch weiterhin eine nationale Angelegenheit bleiben.
 Doch sie bestimmt die Ausgestaltung künftiger
 Rechtshilfeabkommen. So heißt es in einer ebenfalls
 öffentlich gewordenen Tischvorlage, daß die für die
 Telekommunikation zuständigen Minister die
 EU-Auffassung unterstützen und mit den Justiz- und
 Innenministern zusammenarbeiten sollen, um einen
 europäischen Standard zu erreichen.

 Während es in Bonner Ministerialkreisen heißt, man
 wolle während der deutschen Ratspräsidentschaft
 im ersten Halbjahr 1999 nicht über dieses Thema
 beraten, drücken die Österreicher auf Tempo.
 Anfang Dezember traf der europäische Justiz- und
 Innenausschuß bereits zusammen, im Januar sollen
 letzte Details der Konvention im Europäischen Rat
 vereinbart werden. Bereits im Jahr 2000 könnten
 die Parlamente in den EU-Mitgliedstaaten die
 Konvention als Bestandteil der nationalen
 Gesetzgebung ratifizieren.

 Angesichts der wachsenden Kritik ist dies allerdings
 unwahrscheinlich. Justizministerin Herta
 Däubler-Gmelin (SPD) wünscht «neue Sicherungen
 für die Bürgerrechte» bei der geheimdienstlichen
 Tätigkeit und der sogenannten Vorfeldarbeit der
 Polizei. Im Sommer will sie hierzu einen Kreis von
 Verfassungsrechtlern und Fachleuten
 zusammenbringen, um Vorschläge zu erarbeiten.

 Die deutsche Ratspräsidentschaft im ersten
 Halbjahr 1999 müsse ein deutliches Signal setzen,
 um die Bedrohung für Bürgerrechte, Wirtschaft und
 Wissenschaft zu verhindern, fordert Jörg Tauss.
 Enfopol sei zudem nicht finanzierbar. Tauss rechnet
 mit Kosten, die «alle jetzigen Militärausgaben in der
 EU übertreffen». Der bündnisgrüne
 Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele forderte
 jetzt das deutsche Innen und Justizministerium auf,
 in Brüssel auf die «Überprüfung dieses gefährlichen,
 teueren und fragwürdigen Vorhabens» zu dringen.

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