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Re: [FYI] UNESCO: Provider sollen zensurieren



Hartmut:
> On 21 Jan 1999, Harald Milz wrote:
> 
> > > Solche Verbote lehne ich natürlich strikt ab. Die Grenze ist genau dort,
> > > wo Menschen gegen ihren Willen direkt zu Schaden kommen.
> > 
> > Was im Falle Kindesmißbrauch kein Thema ist, denn dort kommen die
> > Kinder zumindest psychisch, meist auch körperlich, zu Schaden. "Bloßes
> > Konsumieren" von KiPo fällt auch darunter -- irgendwer muß die Kinder
> > ja bei was weiß ich fotografiert haben, und wenn das kein Mißbrauch ist,
> > weiß ich es nicht. 
> 
> Zumindest in vielen Einzelfaellen wird man weder psychischen Schaden noch
> Gewaltanwendung nachweisen koennen.  Ausserdem ist es fraglich, ob das

SCHWACHFUG! SCHWACHFUG! SCHWACHFUG! Was erwartest Du: einen mathematischen
Beweis? Die Schaeden sind oft Spaetfolgen, die sich dann bei im Kindesalter
missbrauchten Menschen im Erwachsenenalter z.B. in Form von Stoerungen in
Partnerbeziehungen (oder sogar der Unfaehigkeit, solche aufbauen zu koennen) 
niederschlaegt. Auch wenn ich die Methodik der Psychologie grundsaetzlich
anzweifle, so sind gemachte Beobachtungen (wenn nicht als Hexenjagd uebertrieben)
zu Verhaltensstoerungen dennoch real.

> Anschauen und Verbreiten von Informationen nur deshalb verboten werden
> kann, weil diese Informationen illegal erstellt wurden.  Ein konsequenter
> Liberalismus muesste solche Verbote ablehnen und alles auf die Bestrafung
> der wenigen Fotografen beschraenken, die sich etwas nachweisen lassen. 

Ich habe Deinen allerersten Beitrag zum Thema noch unterschreiben koennen;
jetzt redest Du wirklich wieder Mist. Absoluter Liberalismus, wie Du ihn hier
darstellst, ist Anarchie. In einer solchen Welt, wo erst alles bis ins kleinste
nachgewiesen werden muss, ist alles moeglich - da wird sogar der in flagranti
erwischte Aepfelklauer (noch mit dem Boskopp in der Hand) zum Opfer der
Gesellschaft und ist danach fuer nichts verantwortlich zu machen.
BTW, Angelika: das ist meine Kritik an der pseudowissenschaftlichen 
Psychologie & verwandten Disziplinen: bis zur Untaetigkeit alles im 
Ungewissen zu belassen, bis mehr und weitere Erkenntnisse vorliegen, 
statt aufgrund des aktuellen Wissensstandes Position zu beziehen. Diese
Vorgehensweise unterscheidet die Laberwissenschaften essentiell von den
Naturwissenschaften, bei denen zwar ebenso Ungewissheit besteht ob der
Entgueltigkeit ihres Wissens, aber wo zumindest eine Theorie ueber die
betrachteten Objekte und Phaenomene existiert, welche bei entsprechenden
neuen Beobachtungen ggf. adaptiert, verworfen oder nur in eingeschraenktem
Kontext weiterverwendet wird. Popper et al haben dies als Falsifikations-
kriterium bezeichnet. In den Sozio- und Psycho-Disziplinen gibt es einen
riesigen Haufen von durchaus zutreffenden Beobachtungen von Phaenomenen,
und eine ebenso grosse Menge von Spekulationen, wie die Phaenomene gedeutet
werden koennen. Der an anderer Stelle bereits erwaehnte Dauerstreit Freudianer
versus non-Freudianer ist lediglich nur ein prominentes Beispiel fuer die
Willkuerlichkeit der Erkenntnisse dort. Wenn man bei einer Fragestellung
wie Kindesmissbrauch in der Gutachterszene - abhaengig von der Taeter-
bzw. Opfer-Blickrichtung aus gesehen - sowohl "plausible" Argumentationen
finden kann, nach denen kein Schaden oder eben doch Schaden aufgetreten sei,
dann kann man genausogut die Entscheidung mit einem Muenzwurf oder nach 
dem Kraehen des Hahnes auf dem Mist faellen. Was fehlt, ist im Gegensatz
zu den Naturwissenschaften das Beziehen einer Position aufgrund einer 
Theorie auf der Basis bisheriger Beobachtungen. Was existiert, ist kein
Wissen, sondern eine Kakophonie widerspruechlicher Meinungen, z.T. aus dem
Kaffeesatz singulaerer Beobachtungen bezogen (wieviele Patienten hat Freud
betrachtet, um zu seinen Ideen zu gelangen?).

> Uebrigens: auch viele Porno-Bilder entstehen unter sehr dubiosen
> Umstaenden.  Rotlichtviertel sind bekanntlich Brutstaetten fuer mehr als
> nur ein paar Bilder.  Die liberale Antwort darauf heisst dennoch:  nichts
> verbieten, solange nicht Verbrechen von Individuen an Individuen im aller
> engsten Sinne nachzuweisen sind.

Unsere Gesellschaft geht von der Idee des Erwachsenen Menschen aus, d.h.
einer Person, die in der Lage ist, *eigenverantwortlich* zu handeln, und
ueber eigene Belange entscheiden zu koennen. Wer im Rotlichtviertel arbeitet,
bei dem gehe ich normalerweise davon aus, dass er/sie das mit eigenem
Bewusstsein tut (Kinderstrich ausgenommen), auch wenn es dort Zwaenge anderer
Art geben kann und gibt. Man kann wild darueber diskutieren, an welcher
Altersgrenze man die Eigenverantwortlichkeit festmachen kann. Konsens besteht
jedoch darin, dass bezogen auf die Sexualitaet, die auch bereits bei Kindern
vorhanden ist, volle Autonomie definitiv nicht im Kindesalter (<10Jahre)
vorliegt. 

> > Mag doch jeder nach seiner Facon glücklich werden.  Auf Andersdenkenden
> > und -fühlenden ist gerade in diesem Jahrhundert genug herumgehackt worden.
> 
> Und doch wird man auch dann, wenn man die Toleranz zum obersten Prinzip
> erklaert, die Widersprueche nicht los.  Es gibt mehr Alternativen als
> die beiden Extrempole Totalitarismus und Liberalismus.

Was man dann ueblicherweise zu einer Fall-zu-Fall-Betrachtung missbrauchen
kann, in dubio pro reo.

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