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Re: [FYI] UNESCO: Provider sollen zensurieren
- To: debate@fitug.de
- Subject: Re: [FYI] UNESCO: Provider sollen zensurieren
- From: Rudolf Schreiner <ras@muc.de>
- Date: Fri, 22 Jan 1999 01:40:07 +0100 (MET)
- Comment: This message comes from the debate mailing list.
- In-Reply-To: <Pine.LNX.3.95.990121231833.6902A-100000@wtao97.oas>
- Sender: owner-debate@fitug.de
Hartmut,
ich habe den ganzen Thread heute noch nicht gelesen, aber Du kennst meine
Vorliebe fuer historische Exaktheit. :-)#
On Thu, 21 Jan 1999, PILCH Hartmut wrote:
> > Wie waere es mit der Theorie der Khmer
> > Rouge? Der Taliban?
>
> Meistens legitimiert sich ein Gesellschaftssystem durch seinen
> organisatorischen Erfolg. Die Taliban haben den Widerstand gegen die
> Sowjetunion organisiert, wie niemand anders das konnte. Ob sie nach deren
> Abzug noch etwas sinnvolles leisten koennen, ist zu bezweifeln.
Das ist so nicht korrekt. Die Sowjetarmee wurde nicht von den Taliban
verjagt, sondern von den Mujahedin. Das sind SEHR unterschiedliche
Gruppen. Die Taliban gab's damals noch gar nicht. Zu den Mujahedin
gehoerten auch Gruppen, die heute mit den Taliban zutiefst verfeindet
sind, z.B. die Hazara, die Usbeken im Norden oder die Tadschiken (Ahmed
Schah Massud). Die Taliban sind im wesentlichen Paschtunen, die damals
auch zu den Mujahedin gehoerten und jetzt versuchen, ganz Afghanistan zu
erobern. Dort wollen sie dann auch ihre eigenen Spielregeln, den
Pakhtunwali angereichert mit einem primitiven islamischen Fundamentalismus,
durchsetzen.
Die Legitimation der Taliban ist keineswegs deren organisatorischer
Erfolg oder der Islam, sondern ganz einfach die gute, alte AK47.
Dort zeigt sich naemlich, dass jede noch so haarstraeubende Ideologie
gepaart mit uferloser organisatorische Inkompetenz sich durchzusetzen
vermag, wenn sie erstens ausreichend brutal ist und zweitens von aussen
mit grossen Mitteln unterstuetzt wird. Die Taliban sind die
besonderen Lieblinge der USA und deren HiWis vom pakistanischen
Geheimdienst. (Die Liebe ist SEHR einseitig...)
Die "Theorie" der Taliban, um obige Frage zu beantworten, ist simpel:
Macht fuer die eigene Gruppe.
Alles andere ist Zuckerguss zur Motivation der simplen Gemueter, die man
als Kanonenfutter braucht, und aus der Geschichte sattsam bekannt.
>Jede Sichtweise muss sich an der Praxis, am Erfolg ihrer Umsetzung,
>messen lassen, nicht an ihren eigenen Praemissen.
Wie definierst Du hier "Erfolg"?
Stalin z.B. hatte durchaus grossen Erfolg: Kaum Kriminalitaet, enorme
Steigerung der Industrieproduktion, Ausweitung des Herrschaftsbereich.
Trotzdem bin ich von Stalinismus nicht so arg begeistert.
Lieber ein paar Pornos im Internet als die gottgefaellige Ordnung der
Taliban (oder Erzbischof Dybas), die Sauberkeit Singapur oder Stalins
Wachstumsraten.
Ich muss mich nicht ueber alles aufregen, was ich persoenlich nicht gut
finde (Pornos, Volkstuemliche Musik, Talkshows,...).
Solange etwas nicht gegen meine grundlegenden Moralvorstellungen
verstoesst (KINDERPORNOs) oder mich nicht direkt stoert (laute Beschallung
der ganzen Strasse mit "Gildo hat Euch lieb" um drei Uhr nachts), soll
bitte jeder nach seiner Facon gluecklich werden. Die Freunde des
"einhaendigen Surfens" sollen es. Wer Pornos nicht mag, soll sie sich
einfach nicht anschauen und nicht ein generelles Verbot fordern.
Solange mir nicht beim Ausdrucken einer gerade aus dem Internet
geladenen Tabulatur fuer meine Laute ein Bild Analverkehr betreibender
Maenner entgegenpurzelt, stoeren mich die Pornos wenig.
khoda hafez,
Rudi
(Ex-Shinwari aus Nasir Bagh)