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FYI: Stellungnahme von FITUG zu ENFOPOL



FITUG: Öffentliche Diskussion der Enfopol-Pläne notwendig

Der Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft
(FITUG) fordert den Ministerrat der Europäischen Union auf,
die Pläne der EU-Ratsgruppe »Polizeiliche Zusammenarbeit«,
bekannt unter dem Namen »Enfopol«, zu stoppen.

Bei Enfopol handelt es sich um eine Vorlage für eine
Entschließung des Ministerrats für Justiz und Inneres der
Europäischen Union. Sie soll eine Ratsentschließung vom
17. Januar 1995 auf neue Technologien, zum Beispiel
Satellitenkommunikation und das Internet, erweitern.

Danach sollen gesetzlich ermächtigte Behörden Zugriff auf
den gesamten Fernmeldeverkehr, die Verkehrs- und
Bestandsdaten einer überwachten Person in Echtzeit
erhalten. Zudem sollen Netzbetreiber den Behörden nicht nur
entsprechende Schnittstellen zur Verfügung stellen, sondern
die Überwachungsmaßnahmen in kürzester Zeit ermöglichen.

Damit gleicht die Enfopol-Vorlage in weiten Teilen dem
Entwurf für die deutsche
Telekommunikationsüberwachungsverordnung (TKÜV), die 1998
diskutiert wurde: Sie fordert nichts anderes als die
Schaffung einer Infrastruktur für Überwachungsmaßnahmen.

Die TKÜV wurde im Juli letzten Jahres vom Bundesministerium
für Wirtschaft nach scharfen Protesten von allen Seiten
zurückgestellt, weil der Bedarf einer umfassenden
öffentlichen Diskussion erkannt wurde. Im Fall von Enfopol
soll der Diskussion über eine Verlagerung der Forderungen
auf die Ebene der Europäischen Union ausgewichen werden: Die
Dokumente wurden Journalisten zugespielt und die Ministerien
wiegeln Nachfragen ab.

Dabei erhöht sich bei Enfopol noch die Notwendigkeit einer
öffentlichen Diskussion:

- Die Vorlage klammert die Frage nach den Kosten für
  derartige Maßnahmen aus. Dabei zeigte bereits die
  Diskussion um die TKÜV im letzten Jahr, daß sie weder von
  den Netzanbietern noch von staatlicher Seite aus
  finanziert werden können.

- In verschiedenen Ländern Europas zeigen sich Tendenzen von
  einer Regulierung der Kryptographie abzusehen. Enfopol
  begegnet ihnen mit der umstandslosen Forderung nach
  Bereitstellung des Klartextes. Damit wird den
  Bestrebungen, den Gebrauch von Verschlüsselungsmethoden
  doch einzuschränken, eine Hintertür geöffnet.

- Unberücksichtigt bleiben auch die Folgen, die eine
  derartige Überwachungsmaschinerie für die Privatsphäre der
  Bürger und den Datenschutz hat. Zweifellos stellen neue
  Technologien eine Herausforderung für die
  Ermittlungsarbeit der Polizei dar. Ihr mit einer
  übermäßigen Erweiterung polizeilicher Befugnisse zu
  begegnen, läßt jedoch die Verhältnismäßigkeit der Mittel
  außer acht.

Die Geheimniskrämerei um Enfopol und der Versuch, derart
weitreichende Maßnahmen unter Umgehung einer öffentlichen
Diskussion durchzudrücken, muß nach dem Maßstab eines
offenen, pluralistischen Rechtsstaates, der auch für Europa
gilt, als beschämend gewertet werden.

FITUG fordert den Ministerrat der EU auf,

- die Enfopol-Pläne zurückzustellen,

- die Vorlage samt technischer Einzelheiten der
  Öffentlichkeit zugänglich zu machen, und

- eine europaweite Diskussion zu dem Vorhaben anzustoßen.


		     Über FITUG

Der Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft FITUG
e. V.  (FITUG) schafft Verbindungen zur virtuellen Welt der
Neuen Medien und der Datennetze. In unserer Satzung heißt es
dazu: "Zwecke des Vereins sind die Förderung der Integration
der neuen Medien in die Gesellschaft, die Aufklärung über
Techniken, Risiken und Gefahren dieser Medien, sowie die
Wahrung der Menschenrechte und der Verbraucherschutz in
Computernetzen. Durch die genannten Zwecke sollen Kultur,
Bildung und Wissenschaft gefördert werden."

		 Hintergrundmaterial

- Die Entschließung von 1995:

  http://europa.eu.int/eur-lex/de/lif/dat/de_496Y1104_01.html

- Die Enfopol-Papiere:

  http://www.heise.de/tp/deutsch/special/enfo/default.html

- Die Telekommunikationsüberwachungsverordnung (TKÜV):

  ftp://ftp.iks-jena.de/pub/mitarb/lutz/hacking/gov/

- Stellungnahme von FITUG und IN zur TKÜV:

  ftp://ftp.iks-jena.de/pub/mitarb/lutz/hacking/gov/tkuev.stellungnahme.Fitug-IN.txt

- Zu FITUG:

  http://www.fitug.de/