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Re: Die Zukunft des Internet-Musikmarktes



On Mon, 15 Mar 1999, Johannes Ulbricht wrote:

> Ich kann mir vertreiben bzw. managen eigentlich kaum vorstellen, wenn man 
> nicht die Rechte hat, umgekehrt sind es ja grade Vertriebsrechte, die man 
> erwirbt. Meiner Einschaetzung nach wird es einen Markt fuer Onlinemusik 
> ohne urheberrechtlichen Schutz nicht geben. Linux funktioniert, weils von 
> der Hardwareindustrie gesponsort wird und weil man vom Support leben kann, 

das waere mir neu.  Hardwareunternehmen programmieren normalerweise nur
ihre Windows-Treiber und geben Linux-Programmierern nicht einmal
Schnittstellen-Informationen.  Wo sie die doch rausruecken, verschweigen
sie auf all ihrer Werbung konsequent, dass die Hardware unter etwas
anderem als WinXX laeuft.  Manche wissen sogar bis heute nicht, dass es
etwas anderes als WinXX gibt. 

Ich glaube auch nicht, dass die meisten Linux-Entwickler vom Support ihrer
Programme leben.

Bei Musikern koennte ich mir noch besser vorstellen, dass die ueber das
Interent alles moegliche kostenlos rauslassen und dadurch Konzertpublikum
anziehen, durch das sie woanders Geld verdienen.  Zur Musik gehoert ja
immer noch das Konzerterlebnis --- weswegen einige Kultdirigenten
wohlweislich die Schallplatte immer als Teufelszeug verdammt und
boykottiert haben.   Zweifellos ist die Schallplatte ein Symptom 
Kulturverfalls durch fortschreitende Informationstechnik.

> bei Kunst ist das anders, auch bei mancher Software wie etwa 
> Offline-Computerspielen (auch Kunst?) Entweder der scheinbare Gegensatz 
> Urheberrecht-Vertrieb ist leerer Hipness-Bla, wie man ihn in den letzten 
> Jahren schon oft gehoert hat, oder ich verstehe da was nicht. Hat wer ne 
> Idee?

Manches von dem Gerede um die wirtschaftliche Machbarkeit von freier
Software ist viel eher Hipness-Bla.  Gerade im Softwarebereich gibt es
noch immer arbeitsintensive Domaenen, wo freie Software kaum eine Rolle
spielt.  Andererseits stammt sehr viele freie Software von
Universitaetsprojekten, bei denen die Leute bezahlt wurden. 

Der Zusammenbruch der Marktwirtschaft im Informationsbereich (Software,
Musik) ist bei zunehmend guter Kopiertechnik wohl unausweichlich.  Freie
Software ist deshalb befreiend, weil die vielen Versuche, Marktwirtschaft
dort zu betreiben, wo sie nicht mehr funktioniert, zu Krampf
(Vulgaerkultur, Monopolsoftware) gefuehrt haben.  Aber nach dem Krampf
kommt nur die voellige Brotlosigkeit des geistigen Schaffens.  Natuerlich
gibt es immer die Moeglichkeit "die Belange des Sponsors intelligent in
unser Programm einzubauen" (so formuliert http://www.politik-digital.de
sein Unternehmenskonzept), aber Prostitution bestaetigt nur die
Brotlosigkeit.

Je mehr die Information sich von ihren Traegern (z.B. auch dem
Konzerterlebnis) emanzipiert, desto weniger taugt das Laissez-faire zur
Lenkung der Volkswirtschaft.  Eine Alternative waere die Buendelung
gesellschaftlicher Intelligenz zu einem Ausschreibungssystem, das dem
Markt sinnvolle Rahmenbedingungen setzt.  Auch freie Software braucht m.E.
Ausschreibungen, wenn sie in weiten Bereichen den Krampf abloesen soll. 
Deshalb habe ich FFII gegruendet. 

--
Hartmut Pilch
Foerderverein fuer eine Freie Informationelle Infrastruktur
http://www.ffii.org