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Re: Die Zukunft des Internet-Musikmarktes
- To: "'debate@fitug.de'" <debate@fitug.de>
- Subject: Re: Die Zukunft des Internet-Musikmarktes
- From: Johannes Ulbricht <Johannes_Ulbricht@csi.com>
- Date: Tue, 16 Mar 1999 15:13:33 +0100
- Comment: This message comes from the debate mailing list.
- Sender: owner-debate@fitug.de
>Kunst, behaupte ich mal, unterliegt, solange sie sich
>digitalisieren läßt, keinen anderen Gesetzmäßigkeiten als
>Software.
Da wuerde ich doch einen Unterschied machen, ohne hierdurch die kreative
Leistung auch bei der Programmierung technischer Software bestreiten zu
wollen:
Software ist an eine bestimmte Hardware gebunden, sie braucht Support,
Schulung, Patches und kontinuierliche Weiterentwicklung von neuen
Versionen. Deshalb entsteht hier eine dauerhafte Geschaeftsbeziehung
zwischen Hersteller und Kunden, die den Kunden motivieren kann, aus der
Anonymitaet herauszutreten, in der man raubkopieren kann oder sicherstellt,
dass der Hersteller auf andere Weise ohne urheberrechtlichen Schutz an sein
Geld kommt.
Anders bei Kunst: Wer ein Buch oder Lied hat, hat alles, was es gibt.
Uebrigens ist die Idee, Software als selbstaendiges Produkt zu verkaufen,
relativ neu. Lange Zeit war sie als kostenlose Zugabe bei den Mainframes
dabei.
Ich glaube, dass Musik nicht allein durch Konzerte finanziert werden kann.
Esther Dyson meint sowas aehnliches in ihrem Buch "Release 2.0". Letztlich
wuerden alle Kuenstler so zu einer Art Hofnarren fuer eine kleine
wirtschaftliche Elite (wie es tatsaechlich bis zur Verbreitung des
Buchdrucks und der Entstehung einer auf Urheberrecht aufgebauten
Medienindustrie war. Der Gedanke des Urheberrechts war allerdings schon in
der Antike bekannt.) Das waere nicht schoen. Interessanterweise
beschraenken Urheberrechte nicht nur den freien Informationsfluss, sondern
motivieren durch ihre Existenz erst zur Verbreitung von Information bzw.
zur Mitwirkung an diesem Verbreitungsprozess.
Durch Sponsoring und andere Werbeformen allein laesst sich Kunst auch nicht
finanzieren. Ich bin nicht gegen eine pauschalisierte-generelle
Verteufelung von Werbung, aber wenn alles nur noch Werbung ist, wuerde das
zu sehr nerven. Werbung ist fast immer affirmativ, Kunst braucht die
Freiheit zur Konfrontation.
Kunst unterscheidet sich von der reinen Unterhaltung und Werbung dadurch,
dass sie nicht um jeden Preis jedem gefallen will. Uebrigens geht auch
Sponsoring bzw. Werbung meist nicht ohne Urheberrecht: Der Sponsor muss
sicherstellen, dass der Kuenstler das Werk nicht auch noch an die
Konkurrenz vertickt. Fuer Marlboro ist es wichtig, die alleinigen Rechte an
den Marlboro-Werbefilmen zu haben.