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Re: Die Zukunft des Internet-Musikmarktes



PILCH Hartmut wrote:

[...]

> Komponieren ist Ausdenken, jegliches Medium setzt der Fantasie nur
> unnuetzen Widerstand entgegen.  Ein echter Komponist braucht keine
> Kruecken zum Komponieren.  Komponiervirtuositaet ist Hirnvirtuositaet.

Gewagte These, auch Genies benoetigen Werkzeuge. Mir ist kein
Komponist bekannt, der seine Kompositionen zunaechst komplett
im Kopf entwickelt(e) und dann das Ergebnis in einem Zug "ausspielt".

(Auch die Entwicklung komplexer Programme duerfte niemand allein im
Kopf bewaeltigen koennen. Manchmal sind auch Kruecken notwendig.)

Allerdings schraenken solche Werkzeuge natuerlich ein, Kunst ist nie 
eindimensional, nie eindeutig. Kunst lebt durch (persoenliche) Inter-
pretation. Sowohl bei Entstehung, als auch bei der Rezeption.

Gleiches gilt fuer das Medium (als Mittler zum Rezipienten) . Es ist 
notwendig und es reduziert. Zwangsweise.

> [...]  Der Komponist muss die Notation wie eine Verlaengerung seiner
> Gedanken muttersprachlich beherrschen.  

... Bereits die Notation ist ein Werkzeug / Medium ... 

Oder anders, kann man nicht auch ein GUI (theoretisch) muttersprachlich 
beherrschen (einsetzen) ?? Wo ist der Unterschied ?? In der Transparenz
?
Nein, das mag ich nicht so nicht kaufen, auch nicht von Wau.

[...] Jegliche Interaktivitaet kann
> dabei nur ein Hindernis sein.  [...]

Nicht unbedingt. Werkzeuge sind nicht per Defintion schlecht. Das 
"jegliche" mag ich so nicht akzeptieren. Ein GUI sollte den Nutzer
unterstuetzen, nicht behindern, da liegt der Knackpunkt vieler 
aktueller Loesungen.

> Soviel zum Komponieren.  Zum Interpetieren ist das beste, was, soweit ich
> sehen kann, Computer bisher produziert haben, sind MIDI-Verstaerker, die
> im Hintergrund arbeiten.  Das eigentliche Musizieren findet nach wie vor
> an einer Klaviertastatur statt, die traditionelle Virtuositaet erfordert
> und im Idealfall den Computer nur dann benoetigt, wenn bestimmte Dateien
> erzeugt werden sollen oder die Nachbarn ueber zu lautes Klimpern klagen.

> Fazit: MIDI-Fummler sind keine modernen Virtuosen.  

Widersprichst du dir da nicht ??? Im Fall von Midi benutzt der 
Komponist mit der Klaviertastatur ein Werkzeug. Gerade in diesem
Fall ist auch ein hohes Abstraktionsvermoegen wichtig. Wenn ich 
an einer Klaviertastur sitze, denke ich beim Spielen zwangslaeufig
an eine mehr oder weniger direkte Erzeugung von Klaviertoenen.
(Mag wohl an meiner klassischen Klavierausbildung liegen :-) 
Bei Midi ist das anders, da sitzt du an einem Steuergeraet. 

Falls du allerdings eine eigenmaechtige Interpretation oder vom
Hoerer beeinflusste Modifikation durch ein Midigeraet meinst, 
dies stellt fuer mich zunaechst eine Vergewaltigung der ursprueng-
lichen Komposition da. Evtl. auch den Beginn einer neuen Kunst. 

> Mit GUIs lassen sich weder Musikinstrumente noch Notationen 
> auch nur annaehernd sinnvoll simulieren.

Mit Kommandozeilen allerdings erst recht nicht ... 

Es geht auch nicht um komplette Simulation .. es geht um eine 
Unterstuetzung / Erweiterung der Moeglichkeiten. 
Beliebte Frage zum Thema:  
"Wie wuerde sich Mozart anhoeren, wenn er ueber modernes 
Studioequipment verfuegt haette ?" (aus "Fame, Wege zum Ruhm."
Musikfilm aus den fruehen 80ger)  
 
Oder ganz anders, Wie seht ihr Musiker, die sich ihre "Kunst" 
aus Samples "zusammenklicken" ?? Oder DJs, die aus unterschied-
lichsten Platten ein neues Gesamtkunstwerk schaffen (Nein, nicht 
die Mallorca-Doedel in der Dorfdisse ...) ???  

Alles keine ernsthaften Musiker ??   

_Ich_ waere mit so einer Pauschalisierung vorsichtig.  

Olaf "Jo bedeutet Joerg-Olaf" Schaefers