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Re: Welt(un)ordnung



On Tue, 6 Apr 1999, Melanie Angele wrote:

> > Der Kosovo ist das Herzstueck Kleinserbiens.  Kosovske Pole, das
> > "Amselfeld" ist das Gebiet, auf dem sich der Unabhaengigkeitskampf der
> > Serben zutrug.  Die Albaner waren urspruenglich eine Minderheit, die durch
> > Geburtenueberschuss, Autonomiestatus u.a. die Serben verdraengten.  Das
> > sind alles Vorgaenge, fuer die das Voelkerrecht und die
> > Menschenrechtskataloge etc keine befriedigenden Regelungsmechanismen
> > anbieten.  Es waere zu ueberlegen, ob man nicht Minderheiten als Preis
> > fuer ihre Autonomie eine Pflicht zur Integration/Assimilation auferlegen
> > sollte.
> 
> Wie das? Stelle ich mir nicht realisierbar vor...

Ich hoerte immer wieder von entruesteten Rumaenen, dass sie etwa in
ungarischsprachigen Gebieten Rumaeniens kein Brot kaufen koennten, da die
Ladenbesitzer sich weigerten, Rumaenisch zu sprechen.  Die Rumaenen
wollten durchaus dem Ungarischen eine Stellung als zweite Amtssprache
zugestehen.  Die Ungarn nammen den Finger und verlangten die Hand.  Daraus
ergibt sich dann die Macht eines Vadim Tudor (Medienimperium um "Romania
Mare") und frueher oder spaeter ein Buergerkrieg. 

Koennte z.B.  heissen: die Albaner haben sich nicht zu beklagen, dass die
Sprache der Universitaet Pristina Serbisch ist und dass in ihrem Gebiet
viele Serben wohnen, denen es dank ihrer muttersprachlichen Beherrschung
dieser Sprache recht gut geht. Rechte ja, aber mit Auflagen. Unbegrenzte
kulturelle Selbstbestimmung bedeutet in Vielvoelkerstaaten eine
Buergerkriegserklaerung.  Wie Mitterand (in anderem Zusammenhang) sagte: 
"le nationalisme, c'est la guerre".  Tito hat m.E. die Zeitbombe einfach
hingenommen, und Milosevic erbte eine geschwaechte Regierungsmacht, als
sie explodierte. 

> > > wer bei -5 Grad C. in den Main springt, um einen Ertrinkenden zu
> > > retten, philosophiert vorher auch nicht ueber
> > > Auskuehlungskoeffizienten und Stroemungsverhaeltnisse...
> > 
> > Wenn eine Organisation (Staat, Buendnis) etwas entscheidet, darf das keine
> > Affekthandlung sein. 
> 
> Nach ca. 1 Jahr von Affekthandlung sprechen zu wollen halte ich entweder fuer 
> naiv oder fuer ironisch...

In den Main zu springen, ohne vorher gross zu "philosophieren", ist m.E. 
eine metaphorische Formulierung dessen, was ich Affekthandlung nannte.

Ob die Nato tatsaechlich so gehandelt hat, wuerde ich ja auch sehr
bezweifeln.  Es kann aber sehr gut sein, dass recht kurzfristige
Mechanismen jeden Schritt der NATO bestimmt haben und sie allmaehlich in
einen Morast versunken ist, wie das so haeufig passiert.  Bei jedem
einzelnen Schritt ging es nur um die kurzfristig mediengerechte Pose eines
fuehrenden Politikers. 

Jugoslawien koennte man als ein Opfer einer westlichen
Menschenrechts-Kriegsstrategie sehen, die zunaechst ueberall Erwartungen
auf paradiesische Zustaende erzeugt, um sich dann mit Bomben in den
zerfallenden Vielvoelkerstaaten als Ordnungsmacht zu etablieren.  Nur ist
diese Kriegsstrategie leider von keinem Plan geleitet, sie schwimmt nur
auf den Wogen der westlichen Medienoeffentlichkeit. 

--
phm