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Technische Schutzvorrichtungen im neuen UrheberG



In dieser Folge befassen wir uns mit der Wunderwelt der technischen 
Schutzvorrichtungen im Urheberrecht:

§96a des deutschen Gesetzesentwurfs vom Juli:
"Technische Vorrichtungen und Massnahmen, einschliesslich von 
Computerprogrammen, die zum Schutz vor einer Verletzung eines nach diesem 
Gesetz geschuetzten Rechts dienen, duerfen ohne Erlaubnis des 
Rechtsinhabers nicht umgangen, beseitigt, zerstoert oder sonst unbrauchbar 
gemacht werden."

Die Begruendung meint dazu:
"...Die vorgeschlagene Regelung fuehrt fuer alle Werkarten und alle 
Gegenstaende eines verwandten Schutzrechtes ein einheitliches Verbot der 
Umgehung, Beseitigung, Zerstoerung oder sonstigen Unbrauchbarmachung von 
technischen Mitteln aller Art ein, die dem Schutz vor einer 
Rechtsverletzung dienen; dass auch Computerprogramme zu diesen technischen 
Mitteln gehoeren koennen, wird ausdruecklich klargestellt. Massgeblich ist 
die abstrakte Eignung des technischen Mittels zur Verhinderung einer 
Rechtsverletzung. Dies bedeutet, dass die Verletzung der Integritaet oder 
Funktionsfaehigkeit eines derartigen technischen Mittels auch dann verboten 
sit, denn sie zum Zweck einer nach den §§45ff zulaessigen 
Verwertungshandlung erfolgt..."
(§45ff sehen Schranken des Urheberrechts z. B. fuer den Schulgebrauch und 
politische Berichterstattung vor.)
"... Damit geht der Entwurf ueber das von Artikel 11 des 
WIPO-Urheberrechtsvertrages bzw. Artikel 18 des WIPO-Vertrages ueber 
Darbietungen und Tontraeger Geforderte hinaus. Diese Vorschriften verlangen 
einen rechtlichen Schutz technischer Mittel nur insoweit, als diese 
"Handlungen..., die nicht von den betroffenen Urhebern gestattet oder 
gesetzlich erlaubt sind, einschraenken." Es liegt jedoch in der Natur 
derartiger technischer Mittel, dass deren Wirkungsweise unabhaengig ist von 
dem Vorliegen oder Nichtvorliegen bestimert, die Zulaessigkeit einer 
Verwertungshandlung begruendender Umstaende. Eine Anknuepfung des 
rechlichen Schutzes an die abstrakte Eignung der technischen Mittel zum 
Schutz vor Rechtsverletzungen ist auch im Interesse der Rechteinhaber 
insofern geboten, als diese auch durch eine zur Ermoeglichung einer 
erlaubten Verwertungshandlung erfolgenden Zerstoerung oder 
Unbrauchbarmachung dieser Mittel stets zugleich auch den Schutz gegen 
eventuelle kuenftige rechtsverletzende Handlungen verlieren."

Der deutsche Gesetzentwurf stellt also nicht sicher, dass die Schranken des 
Urheberrechts in der technischen Schutzinfrastruktur abgebildet werden. Im 
Vergleich dazu der Richtlinienvorschlag der Kommission (Artikel 6):

" Die Mitgliedstaaten sehen einen angemessenen Rechtsschutz in bezug auf 
alle Handlungen einschliesslich der Herstellung und Verbreitung technischer 
Vorrichtungen sowie der Erbringung von Dienstleistungen vor, die neben der 
Umgehung nur einen begrenzt wirtschaftlich bedeutsamen Zweck oder Ntuzen 
ahben und vorgenommen werden, obwohl der betreffenden Person bekannt ist 
oder den Umstaenden nach bekannt sein muss, dass diese Handlungen die 
unerlaubte Umgehung wirksamer technologischer Massnahmen ermoeglichen oder 
erleichtern, die zum Schutz von gesetzlich geschuetzten Urheberrechten ... 
bestimmt sind."

Hier ist also eine Umgehung des Kopierschutzes nur verboten, wenn der 
Kopierschutz sich auch tatsaechlich innerhalb der urheberrechtlichen 
Schranken haelt. Wenn ein technischer Kopierschutz auch Material aus der 
urheberrechtlichen Public Domain "schuetzt", darf man ihn nahc dem 
Richtlinienentwurf knacken, nach dem deutschen Entwurf nicht.

Noch deutlicher wird dies in Aenderungsantrag 31 der ersten EP-Lesung:

"Die Mitgliedstaaten sehen einen angemessenen Rechtsschutz und wirksame 
Rechtsbehelfe in bezug auf alle Handlungen einschliesslich der Herstellung 
und Verbreitung technischer Vorrichtungen oder Dienstleistungen sowie der 
Erbringung von Dienstleistungen vor, die beworben, bekanntgemacht oder 
vermarktet werden, um wirksame technologische Massnahmen zu umgehen, die 
zum Schutz oder zur Einschraenkung der Ausuebung von Urheberrechten ... 
bestimmt sind, ausser wenn sie keinem bedeutsamen nicht mit einer 
Rechteverletzung verbundenen Zweck dienen, so dass sie vom Rechtsinhaber 
genehmigt werden koennen oder in anderer Weise rechtlich zulaessig sind."

Hier muss der Kopierschutzbrecher erstens auch als solcher vermarktet 
werden, damit er unzulaessig ist. Wie wichtig dieser Unterschied werden 
kann, sieht man z. B. bei den Klagen gegen den angeblichen 
Kopierschutzbrecher Real Audio bzw. Rio.

Der gegenwaertige deutsche Entwurf (der alten Bundesregierung) ist auch 
zweitens insoweit viel rigider, als er es zulaesst, dass technische 
Schutzvorrichtungen das Urheberrecht ueber seine juristischen Schranken 
hinaus ausdehnen. Die Begruendung mit der Rechtsunsicherheit bzw. der 
praktischen Unterscheidungsschwierigkeit finde ich nicht ueberzeugend, da 
Fehler zivilrechtlich immer zu Lasten der Kopierenden gehen. Da waere 
meiner Meinung nach Korrekturbedarf.