[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]
Technische Schutzvorrichtungen im neuen UrheberG
- To: "'debate@fitug.de'" <debate@fitug.de>
- Subject: Technische Schutzvorrichtungen im neuen UrheberG
- From: Johannes Ulbricht <Johannes_Ulbricht@csi.com>
- Date: Wed, 7 Apr 1999 17:05:08 +0200
- Comment: This message comes from the debate mailing list.
- Sender: owner-debate@fitug.de
In dieser Folge befassen wir uns mit der Wunderwelt der technischen
Schutzvorrichtungen im Urheberrecht:
§96a des deutschen Gesetzesentwurfs vom Juli:
"Technische Vorrichtungen und Massnahmen, einschliesslich von
Computerprogrammen, die zum Schutz vor einer Verletzung eines nach diesem
Gesetz geschuetzten Rechts dienen, duerfen ohne Erlaubnis des
Rechtsinhabers nicht umgangen, beseitigt, zerstoert oder sonst unbrauchbar
gemacht werden."
Die Begruendung meint dazu:
"...Die vorgeschlagene Regelung fuehrt fuer alle Werkarten und alle
Gegenstaende eines verwandten Schutzrechtes ein einheitliches Verbot der
Umgehung, Beseitigung, Zerstoerung oder sonstigen Unbrauchbarmachung von
technischen Mitteln aller Art ein, die dem Schutz vor einer
Rechtsverletzung dienen; dass auch Computerprogramme zu diesen technischen
Mitteln gehoeren koennen, wird ausdruecklich klargestellt. Massgeblich ist
die abstrakte Eignung des technischen Mittels zur Verhinderung einer
Rechtsverletzung. Dies bedeutet, dass die Verletzung der Integritaet oder
Funktionsfaehigkeit eines derartigen technischen Mittels auch dann verboten
sit, denn sie zum Zweck einer nach den §§45ff zulaessigen
Verwertungshandlung erfolgt..."
(§45ff sehen Schranken des Urheberrechts z. B. fuer den Schulgebrauch und
politische Berichterstattung vor.)
"... Damit geht der Entwurf ueber das von Artikel 11 des
WIPO-Urheberrechtsvertrages bzw. Artikel 18 des WIPO-Vertrages ueber
Darbietungen und Tontraeger Geforderte hinaus. Diese Vorschriften verlangen
einen rechtlichen Schutz technischer Mittel nur insoweit, als diese
"Handlungen..., die nicht von den betroffenen Urhebern gestattet oder
gesetzlich erlaubt sind, einschraenken." Es liegt jedoch in der Natur
derartiger technischer Mittel, dass deren Wirkungsweise unabhaengig ist von
dem Vorliegen oder Nichtvorliegen bestimert, die Zulaessigkeit einer
Verwertungshandlung begruendender Umstaende. Eine Anknuepfung des
rechlichen Schutzes an die abstrakte Eignung der technischen Mittel zum
Schutz vor Rechtsverletzungen ist auch im Interesse der Rechteinhaber
insofern geboten, als diese auch durch eine zur Ermoeglichung einer
erlaubten Verwertungshandlung erfolgenden Zerstoerung oder
Unbrauchbarmachung dieser Mittel stets zugleich auch den Schutz gegen
eventuelle kuenftige rechtsverletzende Handlungen verlieren."
Der deutsche Gesetzentwurf stellt also nicht sicher, dass die Schranken des
Urheberrechts in der technischen Schutzinfrastruktur abgebildet werden. Im
Vergleich dazu der Richtlinienvorschlag der Kommission (Artikel 6):
" Die Mitgliedstaaten sehen einen angemessenen Rechtsschutz in bezug auf
alle Handlungen einschliesslich der Herstellung und Verbreitung technischer
Vorrichtungen sowie der Erbringung von Dienstleistungen vor, die neben der
Umgehung nur einen begrenzt wirtschaftlich bedeutsamen Zweck oder Ntuzen
ahben und vorgenommen werden, obwohl der betreffenden Person bekannt ist
oder den Umstaenden nach bekannt sein muss, dass diese Handlungen die
unerlaubte Umgehung wirksamer technologischer Massnahmen ermoeglichen oder
erleichtern, die zum Schutz von gesetzlich geschuetzten Urheberrechten ...
bestimmt sind."
Hier ist also eine Umgehung des Kopierschutzes nur verboten, wenn der
Kopierschutz sich auch tatsaechlich innerhalb der urheberrechtlichen
Schranken haelt. Wenn ein technischer Kopierschutz auch Material aus der
urheberrechtlichen Public Domain "schuetzt", darf man ihn nahc dem
Richtlinienentwurf knacken, nach dem deutschen Entwurf nicht.
Noch deutlicher wird dies in Aenderungsantrag 31 der ersten EP-Lesung:
"Die Mitgliedstaaten sehen einen angemessenen Rechtsschutz und wirksame
Rechtsbehelfe in bezug auf alle Handlungen einschliesslich der Herstellung
und Verbreitung technischer Vorrichtungen oder Dienstleistungen sowie der
Erbringung von Dienstleistungen vor, die beworben, bekanntgemacht oder
vermarktet werden, um wirksame technologische Massnahmen zu umgehen, die
zum Schutz oder zur Einschraenkung der Ausuebung von Urheberrechten ...
bestimmt sind, ausser wenn sie keinem bedeutsamen nicht mit einer
Rechteverletzung verbundenen Zweck dienen, so dass sie vom Rechtsinhaber
genehmigt werden koennen oder in anderer Weise rechtlich zulaessig sind."
Hier muss der Kopierschutzbrecher erstens auch als solcher vermarktet
werden, damit er unzulaessig ist. Wie wichtig dieser Unterschied werden
kann, sieht man z. B. bei den Klagen gegen den angeblichen
Kopierschutzbrecher Real Audio bzw. Rio.
Der gegenwaertige deutsche Entwurf (der alten Bundesregierung) ist auch
zweitens insoweit viel rigider, als er es zulaesst, dass technische
Schutzvorrichtungen das Urheberrecht ueber seine juristischen Schranken
hinaus ausdehnen. Die Begruendung mit der Rechtsunsicherheit bzw. der
praktischen Unterscheidungsschwierigkeit finde ich nicht ueberzeugend, da
Fehler zivilrechtlich immer zu Lasten der Kopierenden gehen. Da waere
meiner Meinung nach Korrekturbedarf.