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jugendschutz.net
- To: debate@fitug.de
- Subject: jugendschutz.net
- From: Ulf Möller <ulf@fitug.de>
- Date: Tue, 8 Jun 1999 00:08:55 +0200
- Comment: This message comes from the debate mailing list.
- Sender: owner-debate@fitug.de
Article 12323 of de.soc.zensur:
Xref: ulf.mali.sub.org de.org.politik.spd:11596 de.soc.zensur:12323
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From: hpohl@hof.baynet.de (Helmut Pohl)
Newsgroups: de.org.politik.spd,de.alt.jugendschutz,de.soc.zensur
Subject: Jugendschutz erfordert rechtsstaatliche Verantwortung
Followup-To: de.org.politik.spd
Date: Sun, 06 Jun 1999 19:17:12 GMT
Organization: Helmut Pohl
Lines: 105
Message-ID: <3760c878.4749892@news.bingo.baynet.de>
Reply-To: newsmaster@vov.de
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X-Newsreader: Forte Agent 1.5/32.451
Presseerklaerung des VOV:
Der Virtuelle Ortsverein ist ein Arbeitskreis von Sozialdemokratinnen
und Sozialdemokraten im Internet, welcher ausschließlich mit Hilfe des
Internet kommuniziert. Seine besondere politische Aufmerksamkeit gilt
der Entwicklung moderner Informations- und Kommunikationstechnologie,
ihrer sozialen und wirtschaftlichen Auswirkung sowie ihre Konsequenzen
für die parteiinterne Willensbildung.
F'up to de.org.politik.spd ist gesetzt
---- Beginn der Weiterleitung ----
Jugendschutz erfordert rechtsstaatliche Verantwortung Zensur
durch die Hintertür
Bonn. Der Virtuelle Ortsverein der SPD (VOV) äußert große
Sorgen über den Umgang von staatlichen Stellen mit dem
Jugendschutz im Internet.
"Es kann nicht sein, daß die Hauptverantwortung hierfür vom
Rechtsstaat nicht anerkannt und an Stellen wie jugendschutz.net
wegdelegiert wird! Besonders schmerzlich ist es, daß nicht klar ist,
welcher Rechtsweg gegen die Vorgehensweise von
jugendschutz.net von den oft kleinen Providern beschritten werden
kann. Bei Handlungen des Staates wäre unproblematisch der
Verwaltungsrechtsweg eröffnet und der Provider könnte
Widerspruch einlegen. Diese klare Regelung umgehen die
Innenminister durch jugendschutz.net!", so Arne Brand,
Pressesprecher des VOV.
Die Innenminister des Bundes und der Länder haben eine
gemeinsame Stelle zur Wahrnehmung der Jugendschutzinteressen
mit dem Titel "jugendschutz.net" eingerichtet. Diese zentrale Stelle
agiert nach dem alten Jugendschutzbegriff. Genau hier liegt aber
die Schwierigkeit. Der Ansatz mit klassischen
Jugendschutzmethoden ist in Zeiten des Internets überholt und
bedarf neuer Überlegungen.
Jugendschutz.net wird hauptsächlich durch Abmahnungen tätig
und reiht sich damit nahtlos in die Reihe von dubiosen
"Abmahnvereinen" auf anderen Rechtsgebieten ein.
"Hier flüchtet der Staat bewußt aus seiner Verantwortung, was ihm
das Grundgesetz deutlich verbietet. Nach Art. 20 III geht alle
Gewalt vom Staate direkt in Form seiner Behörden und nicht von
andersartigen Stellen aus.", stellte Brand fest.
Diese Abmahnungstaktik bedroht in der Praxis besonders mittlere
und kleinere Internet-Service-Provider sowie Content-Provider, die in
dieser Branche besonders häufig angetroffen werden. Dadurch ist
die gesamte Branche wirtschaftlich in Gefahr.
"Wenn ein kleiner Provider von jugendschutz.net durch eine
Abmahnung aufgefordert wird, bestimmte Inhalte aus dem Internet
zu nehmen, dann wird er diese Inhalte angesichts massiver
strafrechtlicher und finanzieller Repressalien aus dem Netz
nehmen. Diese Abmahnungen von jugendschutz.net sind auch
einem verwaltungsrechtlichen Verfahren schlicht und ergreifend
nicht zugänglich. Entweder man fügt sich, oder wird in der
wirtschaftlichen Existenz bedroht. Diese Methoden sind als
erpresserisch einzustufen. Für mich hat ein Rechtsstaat aber keine
Erpressung zu dulden! Diese bedingungslose Vorgehensweise ist
nichts anderes als Gewalt in meinen Augen.", führte Brand weiter
aus.
Aber nicht nur kleine Internetprovider, sondern auch Universitäten
werden Opfer von jugendschutz.net. So wurde die Universität
Marburg von jugendschutz.net aufgefordert eine im Internet
veröffentlichte Wissenschaftsseite zu entfernen, weil sie angeblich
"illegale" Verweise enthielt, die in gedruckter Form lt. Aussage von
jugendschutz.net legal gewesen wären. Im Schreiben von
jugendschutz.net wird die falsche Behauptung aufgestellt, daß es
sich gar nicht um eine wissenschaftliche Arbeit gehandelt habe.
"Offenbar wollte man hier das verfassungsrechtliche Gebot der
Freiheit der Wissenschaft aus Art. 5 GG einschränken.
Jugendschutz.net schränkt somit vorsätzlich dieses Grundrecht
ein", merkte Brand in Bonn an.
Weiterhin ist es schwer einzusehen, wie durch die Veröffentlichung
einer wissenschaftlichen Arbeit im Netz die Jugend gefährdet sein
soll, denn wissenschaftliche Arbeiten gehören wohl kaum zu dem
Potential in einer Wissensgesellschaft, durch das die Jugend
gefährdet wird. Daraus kann nur der Schluß gezogen werden, daß
der Jugendschutz von der Stelle nur vorgeschoben wird und die
wahre Absicht in der Einschränkung wesentlicher Grundrechte wie
der Meinungsfreiheit liegt.
"Dies ist nicht weniger, als die Einführung einer Zensur durch die
Hintertür!", so Brand energisch.
Auch die Transparenz von jugendschutz.net läßt zu wünschen
übrig. Der VOV wandte sich an den Verein, um Aufklärung über
dessen Arbeitsweise und Grundlagen zu erhalten. Die einzige
Reaktion von jugendschutz.net bestand darin nachzufragen, warum
man denn eine solche Auskunft überhaupt haben wolle.
"Im Interesse der Rechtssicherheit waere es besonders wichtig zu
wissen, wie sich denn ein Informationsanbieter im Internet nach
Ansicht von jugendschutz.net so verhält, dass damit dem
deutschen Jugendschutz genüge getan ist. Diese wesentliche
Information ist weder auf der Homepage erhältlich noch per
Nachfrage zu bekommen, wie unsere Anfrage zeigt.", so Brand
abschließend.
---- Ende der Weiterleitung ----
Viele Gruesse - Helmut
--
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