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jugendschutz.net



Article 12323 of de.soc.zensur:
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From: hpohl@hof.baynet.de (Helmut Pohl)
Newsgroups: de.org.politik.spd,de.alt.jugendschutz,de.soc.zensur
Subject: Jugendschutz erfordert rechtsstaatliche Verantwortung
Followup-To: de.org.politik.spd
Date: Sun, 06 Jun 1999 19:17:12 GMT
Organization: Helmut Pohl
Lines: 105
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X-Newsreader: Forte Agent 1.5/32.451

Presseerklaerung des VOV:

Der Virtuelle Ortsverein ist ein Arbeitskreis von Sozialdemokratinnen
und Sozialdemokraten im Internet, welcher ausschließlich mit Hilfe des
Internet kommuniziert. Seine besondere politische Aufmerksamkeit gilt
der Entwicklung moderner Informations- und Kommunikationstechnologie,
ihrer sozialen und wirtschaftlichen Auswirkung sowie ihre Konsequenzen
für die parteiinterne Willensbildung.

F'up to de.org.politik.spd ist gesetzt

---- Beginn der Weiterleitung ----

Jugendschutz erfordert rechtsstaatliche Verantwortung Zensur 
durch die Hintertür 

Bonn. Der Virtuelle Ortsverein der SPD (VOV) äußert große  
Sorgen über den Umgang von staatlichen  Stellen mit dem 
Jugendschutz im Internet. 
"Es kann nicht sein, daß die Hauptverantwortung hierfür vom 
Rechtsstaat nicht anerkannt und an Stellen wie jugendschutz.net  
wegdelegiert wird! Besonders schmerzlich ist es, daß nicht klar ist, 
welcher Rechtsweg gegen die Vorgehensweise von 
jugendschutz.net von den oft kleinen Providern beschritten werden 
kann. Bei Handlungen des Staates wäre unproblematisch der 
Verwaltungsrechtsweg eröffnet und der Provider könnte 
Widerspruch einlegen. Diese klare Regelung umgehen die 
Innenminister durch jugendschutz.net!", so Arne Brand, 
Pressesprecher des VOV. 

Die Innenminister des Bundes und der Länder haben eine 
gemeinsame Stelle zur Wahrnehmung der Jugendschutzinteressen 
mit dem Titel "jugendschutz.net" eingerichtet. Diese zentrale Stelle 
agiert nach dem alten Jugendschutzbegriff. Genau hier liegt aber 
die Schwierigkeit. Der Ansatz mit klassischen 
Jugendschutzmethoden ist in Zeiten des Internets überholt und 
bedarf neuer Überlegungen. 

Jugendschutz.net wird hauptsächlich durch Abmahnungen tätig 
und reiht sich damit nahtlos in die Reihe von dubiosen 
"Abmahnvereinen" auf anderen Rechtsgebieten ein. 
"Hier flüchtet der Staat bewußt aus seiner Verantwortung, was ihm 
das Grundgesetz deutlich verbietet. Nach Art. 20 III geht alle 
Gewalt vom Staate direkt in Form seiner Behörden und nicht von 
andersartigen Stellen aus.", stellte Brand fest. 

Diese Abmahnungstaktik bedroht in der Praxis besonders mittlere 
und kleinere Internet-Service-Provider sowie Content-Provider, die in 
dieser Branche besonders häufig angetroffen werden. Dadurch ist 
die gesamte Branche wirtschaftlich in Gefahr. 
"Wenn ein kleiner Provider von jugendschutz.net durch eine 
Abmahnung aufgefordert wird, bestimmte Inhalte aus dem Internet 
zu nehmen, dann wird er diese Inhalte angesichts massiver 
strafrechtlicher und finanzieller Repressalien aus dem Netz 
nehmen. Diese Abmahnungen von jugendschutz.net sind auch 
einem verwaltungsrechtlichen Verfahren schlicht und ergreifend 
nicht zugänglich. Entweder man fügt sich, oder wird in der 
wirtschaftlichen Existenz bedroht. Diese Methoden sind als 
erpresserisch einzustufen. Für mich hat ein Rechtsstaat aber keine 
Erpressung zu dulden! Diese bedingungslose Vorgehensweise ist 
nichts anderes als Gewalt in meinen Augen.", führte Brand weiter 
aus. 

Aber nicht nur kleine Internetprovider, sondern auch Universitäten 
werden Opfer von jugendschutz.net. So wurde die Universität 
Marburg von jugendschutz.net aufgefordert eine im Internet 
veröffentlichte Wissenschaftsseite  zu entfernen, weil sie angeblich 
"illegale" Verweise enthielt, die in gedruckter Form lt. Aussage von 
jugendschutz.net legal gewesen wären. Im Schreiben von 
jugendschutz.net wird die falsche Behauptung aufgestellt, daß es 
sich gar nicht um eine wissenschaftliche Arbeit gehandelt habe. 
"Offenbar wollte man hier das verfassungsrechtliche Gebot der 
Freiheit der Wissenschaft aus Art. 5 GG einschränken. 
Jugendschutz.net schränkt somit vorsätzlich dieses Grundrecht 
ein", merkte Brand in Bonn an. 

Weiterhin ist es schwer einzusehen, wie durch die Veröffentlichung 
einer wissenschaftlichen Arbeit im Netz die Jugend gefährdet sein 
soll, denn wissenschaftliche Arbeiten gehören wohl kaum zu dem 
Potential in einer Wissensgesellschaft, durch das die Jugend 
gefährdet wird. Daraus kann nur der Schluß gezogen werden, daß 
der Jugendschutz von der Stelle nur vorgeschoben wird und die 
wahre Absicht in der Einschränkung wesentlicher Grundrechte wie 
der Meinungsfreiheit liegt. 
"Dies ist nicht weniger, als die Einführung einer Zensur durch die 
Hintertür!", so Brand energisch. 

Auch die Transparenz von jugendschutz.net läßt zu wünschen 
übrig. Der VOV wandte sich an den Verein, um Aufklärung über 
dessen Arbeitsweise und Grundlagen zu erhalten. Die einzige 
Reaktion von jugendschutz.net bestand darin nachzufragen, warum 
man denn eine solche Auskunft überhaupt haben wolle. 
"Im Interesse der Rechtssicherheit waere es besonders wichtig zu 
wissen, wie sich denn ein Informationsanbieter im Internet nach 
Ansicht von jugendschutz.net so verhält, dass damit dem 
deutschen Jugendschutz genüge getan ist. Diese wesentliche 
Information ist weder auf der Homepage erhältlich noch per 
Nachfrage zu bekommen, wie unsere Anfrage zeigt.", so Brand 
abschließend.

---- Ende der Weiterleitung ----

Viele Gruesse    -    Helmut
-- 
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