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Re: [FYI] Softwarepatente: Pinguin ruft um Hilfe
- To: "'PILCH Hartmut'" <phm@a2e.de>
- Subject: Re: [FYI] Softwarepatente: Pinguin ruft um Hilfe
- From: Johannes Ulbricht <Johannes_Ulbricht@csi.com>
- Date: Tue, 13 Jul 1999 09:21:16 +0200
- Cc: "'debate@fitug.de'" <debate@fitug.de>
- Comment: This message comes from the debate mailing list.
- Reply-To: "Johannes_Ulbricht@csi.com" <Johannes_Ulbricht@csi.com>
- Sender: owner-debate@fitug.de
>- Programmieren erfordert keine der Schwerindustrie vergleichbaren
> Investitionsvolumina. Es ist weitgehend eine gewoehnloiche
> Kulturtechnik. Wenn Algorithmen patentierbar und Software als deren
> Verkoerperung anerkannt wird, muesste gleiches auch a fortiori fuer
> Erzaehltechniken und musikalische Kompositionsstile gelten.
Ich denke auch, dass das Patentrecht von seinem Grundgedanken nur
Investitionen in Forschung schuetzt, das sollte so auch bleiben. Also
sollte nur ein wirklich neuartiges technisches Verfahren, in dessen
Entwicklung gezielt investiert wurde, patentierbar sein.
Als ich gestern schrieb, dass das Patentrecht und nicht das Urheberrecht
fuer die technische Seite der Software geeignet sei, habe ich mich unklar
ausgedruckt. Das Urheberrecht kann die kreative Leistung der Programmierer
selbst schuetzen, z. B. dagegen, dass sie ohne Bezahlung verwendet werden.
So beschraenkt meine Programmierfaehigkeiten auch sind, das Basteln z. B.
eines Java-Applets ist eindeutig ein kreativer Vorgang. Das Urheberrecht
ist auch dazu geeignet, bei Softwareprodukten die Grenze zwischen Nutzer-
und Herstellerrechten zu ziehen. Es waere mal Zeit, dass die derzeitige
Praxis, alles - und auch wirklich alles - in Shrink-Warp und andere
Lizenzen reinzuschreiben, von einem ausgewogenen Urhebervertragsrecht
gebremst wird, das auch das Interesse der Nutzer schuetzt.
Wenn es aber um Themen geht wie z. B. Schutz der SAP davor, dass jemand
fremde BAPIS programmiert oder wer die Rechte an einem Standard wie z. B.
MP3 hat, dann erscheint es mir natuerlicher und logischer, zu sagen, das
Frauenhofer-Institut hat ihn entwickelt und hat jetzt durch das Patentrecht
Innovationsschutz, als von den Urheberrechten der jeweiligen
Softwareentwicklter zu sprechen, die zum Teil durch andere ersetzbar
gewesen waeren und deren jeweiliger persoenlicher Anteil auch nur schwer
rekonstruiert werden kann. Die Softwareentwickler haben ein Urheberrecht,
das seinen Anwendungsbereich aber meiner Meinung nach nur im Verhaeltnis
zum Auftrags- bzw. Arbeitgeber, also dem Frauenhofer-Institut, hat.
- Software ist zunehmend die Verkoerperungsform von immer mehr Ideen,
z.B. Ideen des E-Kommerzes, der Unternehmensfuehrung, der
Projektverwaltung etc. All diese Ideen werden, wenn die EU-Plaene
durchgehen, kuenftig unter den Zugriff des Patentsystems fallen.
D.h. ein extrem schwerfaelliges System wird jedermanns taegliches
Leben regulieren, bzw der Regellosigkeit/Willkuer unterwerfen.
Alle Macht den Molochen IBM, Microsoft, Siemens usw, bei denen
jeder moeglichst schnell einen Schutzpatron zum Unterschluepfen
suchen sollte.
Es ist sehr wichtig, die Trennung von Geschaeftsideen und technischen
Verfahren durchzuhalten. Im Internet geht es immer mehr um soziale
Gestaltung bzw. Geschaeftsideen, die technsiche Seite tritt in den
Hintergrund. Extrembeispiele sind Yahoo und Realnames, das hat beides
nichts mit Technik zu tun, ist nur eine Idee auf der sozialen
Organisationsebene.
Leider sehen sich die Patentaemter als Dienstleister der nationalen
Wirtschaft, das fuehrt zu Blockaden und Rechtsunsicherheit. Der groesste
Witz war die Firma Cybergold mit ihrem Patent dafuer, den Nutzern Geld fuer
das Betrachten von Werbung zu geben (der amerikanische Traum: Schau ich
viel Werbung, werd ich reich, kauf ich viel, bewerben mich alle, usw.).
Ich glaube aber, das Problem gibt es beim Urheberrecht genauso, es ist
schwer, zu definieren, wo das Werk bzw. das technische Verfahren aufhoert
und die dahinterstehende Idee anfaengt.
Ein gewisses Mass an Schutz von Geschaeftsideen kann aber auch kleinen
Newcomern helfen, die oft das Problem haben, dass sie ihre Idee den grossen
praesentieren, die sie dann abkupfern, anstatt kaufen. Beispiel: Paperboy /
Paperball.
Ich kann jedem, der eine gute Idee hat und sie einem grossen
Brancheninsider vorstellt, nur raten, sich vor der Praesentation
schriftlich geben zu lassen, dass er derzeit nicht an einem
Konkurrenzprodukt arbeitet. Keine Angst vor gezueckten Fuellern und
Vertraegen, man vergraetzt die Geschaeftspartner meiner Meinung nach nicht,
sondern wird ernster genommen.