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Re: Nachhaltigkeit im Urheberrecht
- To: "'Holger Veit'" <Holger.Veit@gmd.de>
- Subject: Re: Nachhaltigkeit im Urheberrecht
- From: Johannes Ulbricht <Johannes_Ulbricht@csi.com>
- Date: Wed, 14 Jul 1999 17:07:42 +0200
- Cc: "Debate (E-Mail)" <debate@fitug.de>
- Comment: This message comes from the debate mailing list.
- Reply-To: "Johannes_Ulbricht@csi.com" <Johannes_Ulbricht@csi.com>
- Sender: owner-debate@fitug.de
>Wo dies dem Interesse des Schoepfers entgegenlaeuft, naemlich bei
handfesten,
>finanziellen Vorteilen, egal ob kurz- oder langfristig, wird dies nicht
>angenommen werden.
Es gibt ein Interesse daran, wahrgenommen zu werden und fuer sich selbst
die Werbetrommel zu ruehren. Ob das allein ausreicht, um fuer die noetige
Offenheit zu sorgen - darueber kann man nur spekulieren. Bei Kunst duerfte
das wohl eher der Fall sein, als bei Software: Die beste Art, sich bei
unbekannten Musikern einzuschleimen, ist bekanntlich, sie um ein Tape zu
bitten.
Dem langfristigen Interesse am Bekanntwerden dient man dadurch, dass man
das kurzfristige Profitinteresse erstmal zurueckstellt, bis man einen
gewissen Marktwert hat.
Auch Software muss sich erstmal verbreiten, bevor man damit Geld machen
kann. Star Division kann froh sein um jeden, der Star Office kostenlos
benutzt. So steigt der Nutzwert des Programms: Wer kauft schon ein
Programm, das sonst niemand hat. Irgendwann muss dann natuerlich Schluss
sein mit kostenlos. Bei Perl sieht man das ja sehr schoen: Da gibts ja eine
kostenlose Lizenz zum Ueben und eine zweite, die Geld kostet.
>Auch trotz der aktuellen OpenSource-Modestroemung hat sich GPL nur
insofern
>durchgesetzt, als dass GPL jedem unendliche Moeglichkeiten verschafft,
>Geld zu scheffeln, mit Ausnahme des Urhebers selbst. IBM hat den Apache
nicht
>deswegen adoptiert, weil die GPL-Idee so geil ist, sondern weil es eh
schon
>ein bekanntes, gutes Stueck Code ist, und sie da einfach und billig
Support
>fuer teueres Geld an ihre Firmenkunden weiterverkaufen koennen. GPL
entsteht
>da, wo die Entwicklungskosten fuer den Gegenstand anderweitig verdient
>werden, z.B. in Forschungsprojekten an Unis, oder bei Firmenangestellten,
>die auf Firmenkosten ein Hobby pflegen koennen, und die dadurch nicht
>darauf angewiesen sind, mit ihrer urheberrechtlich relevanten Taetigkeit
>ihr Brot zu verdienen (wie etwa Schriftsteller oder Komponisten).
Ich denke ja auch, dass es eine Maer ist, dass dem guten Menschen, der auf
sein Urheberrecht verzichtet, als Belohnung das Manna vom Himmel faellt.
Ich selbst will ja beruflich was mit Urheberrecht machen, hoers also ganz
gern, wenns mal jemand nicht fuer Teufelszeug haelt. Auch wenn ich weniger
ueber den ganzen GPL-Bereich weiss, als ich gern wissen wuerde, glaube ich,
dass hier der Kampf um die Besetzung von Standards in der Softwareindustrie
eine grosse Rolle spielt. Und natuerlich der Servicefaktor. Ich warte noch
immer auf ein anstaendiges GPL-Computerspiel, das mit der urheberrechtlich
geschuetzten Konkurrenz mithalten kann (wenns nur online ueber den
Firmenserver geht, gilts natuerlich nicht).
Auf den Kulturbereich halte ich die GPL-Idee nicht oder nur eingeschraenkt
uebertragbar, da Sponsoring immer Abhaengigkeit heisst und Einflussnahme
auf die Inhalte. Man sehe sich einen beliebigen werbefinanzierten
Internet-News-Dienst an und suche nach Nachrichten, die fuer potentielle
Anzeigenschalter unbequem sein koennten. Finde ich nur sehr selten.
Bemerkenswerte Ausnahme: Auf der letzten ct-Shareware-cd habe ich das
Programm Junkbuster gesehen; das oder Webwasher war bis jetzt meines
Wissens noch auf keiner Shareware-cd einer Zeitschrift. Und von der
Fernsehfee haben die Meisten erst erfahren, als sie per einstweiliger
Verfuegung untersagt wurde: Ich verstehs ja, ich wuerde die Werber auch
nicht vergraetzen wollen. Da gibt das Urheberrecht vergleichsweise mehr
Freiheit, grade wenn man wegen Internet keinen Verleger und kein Kapital
mehr braucht.
Trotzdem denke ich, dass Urheberrecht auch nicht alles ist: Die Werbung und
werbefinanzierte Inhalte gewinnen eine immer groessere Bedeutung; teilweise
kann man auch sehr schoene Sachen damit machen; hier ist fuer kreative
Geister noch viel zum Rausholen, will ich nicht
verteufeln/daemonisieren/wie auch immer.
Ich denke, es geht um die richtige Balance.