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[FYI] Pressemitteilung Nr. 74 vom 14.07.1999



http://www.jura.uni-sb.de/Entscheidungen/Bundesgerichte/BVerfG/verbrec
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                          Bundesverfassungsgericht
                              Pressemitteilung 
                           Nr. 74 vom 14.07.1999 

           "Verbrechensbekämpfungsgesetz/G10" ist zum Teil mit dem GG
           unvereinbar

           Der Erste Senat des BVerfG hat aufgrund der mündlichen
           Verhandlung vom 15./16. Dezember 1998 im Verfahren
           "Verbrechens-bekämpfungsgesetz/G10" entschieden: 

             1.Das durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28.
             Oktober 1994 geänderte Gesetz zur
                Beschränkung des Brief-, Post- und
                Fernmeldegeheimnisses (G10) ist nicht in vollem Umfang
                mit dem GG vereinbar. Dies gilt für folgende
                Bestimmungen: 

                a) § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 G10 

                Die Vorschrift regelt, daß Beschränkungen des
                Fernmeldegeheimnisses auch zur Sammlung von
                Nachrichten über Sachverhalte angeordnet werden
                dürfen, deren Kenntnis notwendig ist, um die Gefahr im
                Ausland begangener Geldfälschungen rechtzeitig zu
                erkennen und abzuwehren. 

                Die Vorschrift verstößt gegen das Fernmeldegeheimnis
                (Art. 10 GG). 

                b) § 3 Abs. 3 S. 2 G10 

                Die in dieser Vorschrift geregelte Berichtspflicht des
                Bundesnachrichtendienstes (BND) gegenüber der
                Bundesregierung verstößt gegen das Fernmeldegeheimnis.
                

                c) § 3 Abs. 4 G10 

                Die Vorschrift ermächtigt den BND zur Prüfung, ob
                personenbezogene Daten, die durch Maßnahmen nach Abs.
                1 erlangt worden sind, für die dort genannten Zwecke
                erforderlich sind. 

                Sie verstößt gegen das Fernmeldegeheimnis und gegen
                die Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG). 

                d) § 3 Abs. 5 S. 1 i.V.m. § 3 Abs. 3 S. 1 G10 

                Die Vorschrift enthält die Übermittlungsbefugnis des
                BND. Danach sind die nach Abs. 1 erlangten Daten
                vollständig zu den in Abs. 3 bezeichneten Zwecken den
                Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder,
                dem Amt für den Militärischen Abschirmdienst, dem
                Zollkriminalamt, dem Bundesausfuhramt, den
                Staatsanwaltschaften und den Polizeien zu übermitteln,
                soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers
                erforderlich ist. 

                Die Vorschrift verstößt gegen das Fernmeldegeheimnis
                und gegen die Pressefreiheit. 

                e) § 3 Abs. 7 S. 1 G10 

                Die Vorschrift bestimmt, daß die Empfangsbehörden
                (vgl. Abs. 5) prüfen, ob die erlangten Daten für die
                in Abs. 3 genannten Zwecke benötigt werden. 

                Die Vorschrift verstößt insoweit gegen das
                Fernmeldegeheimnis, als es an einer
                Kennzeichnungspflicht für die Empfangsbehörden fehlt. 

                f) § 3 Abs. 8 S. 2 

                Die Vorschrift regelt, daß die
                Benachrichtigungspflicht gegenüber dem Betroffenen
                unterbleibt, wenn die Daten innerhalb von drei Monaten
                nach Erlangung vernichtet worden sind. 

                Die Vorschrift verstößt gegen das Fernmeldegeheimnis
                und gegen die Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4
                GG). 

                g) § 9 Abs. 2 S. 3 GG 

                Die Vorschrift regelt die Kontrolle der Maßnahmen
                durch eine Kommission. 

                Sie verstößt gegen das Fernmeldegeheimnis. 

             2.Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 30. Juni 2001
             einen verfassungsmäßigen Zustand
                herzustellen. In der Zwischenzeit sind die
                beanstandeten Vorschriften nur eingeschränkt anwendbar
                (s. S. 11/12 der Pressemitteilung). 

             3.Im übrigen bleiben die Verfassungsbeschwerden
             erfolglos. 

             4.Die Bundesrepublik hat den Beschwerdeführern, die zum
             Teil recht bekommen haben, die
                Hälfte ihrer notwendigen Auslagen zu erstatten. 

                Wegen des Sachverhalts und des Wortlauts der einzelnen
                Vorschriften wird auf die Pressemitteilung vom 9.
                Dezember 1998 Nr. 136/98 Bezug genommen. 

           Im einzelnen 

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