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Re: FR: Gesetz zum Erhalt der französischen Sprach e soll jetzt auch auf das Internet angewendet werden






>  http://vwdslex.ffii.org/pens/helborg/poende.html

das ist aber keine korrekte hypertext-markierungs-sprache, was sich
hinter diesem uniformen ressourcen-lokator findet.

> Fremdwörter  versus  Anglizismen

da wir hier schon einigermassen off-topic driften, moecht ich nur ein
paar anmerkungen machen:

> Diese Menschen besitzen, wofür sie nichts können, einen niedrigen
> Bildungsstand, oder aber sind durchaus intelligent, jedoch ohne ihre
> Intelligenz auch im geisteswissenschaftlichem Bereich zu nutzen. 

hab ich in dieser diskussion schon "bildungsbuergerliche borniertheit"
eingeworfen? ich glaube schon. dass hier menschen mit "niedrigem
bildungsstand" implizit als nicht intelligent bezeichnet werden, ist
ein schoenes beispiel dafuer.

da demaskiert sich das gerede von aufklaerung und anderen schoenen
idealen weiter unten auch -- hier die unbebildeten (=dummen) massen,
da die gebildeten, fremdwort-gewaltigen humanistisch gebildeten.

> Sie halten Fach-Fremdwörter für überheblich und wünschen sich eine
> deutschsprachige Darstellung der Sachverhalte. Dem Wunsch entspricht die
> Wirtschaft sogar.

diesem wunsch sollte (gerade was medikamenten-beipackzettel und
aehnliches sicherheitsrelevantes zeug angeht) auch tunlichst
entsprochen werden, schliesslich sollen ja moeglichst alle,
unabhaengig von ihrer kenntnis ungewoehnlicherer termini, verstehen,
was die risiken und nebenwirkungen sind. insofern ist _das_ ein
schlechtes beispiel.

> Wie kommt es also, daß die Masse Fremdwörter ablehnt, aber Amerikanismen
> dankbar und  hocherfreut annimmt? Das hat etwas mit der Herkunft dieser
> Amerikanismen zu tun. Sie stammen nicht aus dem wissenschaftlichen
> Bereich, für den sich die Masse leider sowieso nicht interessiert,
> sondern aus dem sich volksnah gebenden  Werbe- und Wirtschaftsbereich.

das mag teilweise stimmen. es tut aber insofern nix zur sache, als der
ausgangspunkt der debatte hier die forderung der franzoesischen
regierung (?) war, nicht-franzoesische begriffe offenbar nicht nur
zurueckzudraengen, sondern gleich zu verbieten, somit von oben herab
in den sprachgestaltungsprozess einzugreifen.

> Die Leute mit geringem Bildungsstand, oder auch Intelligente die
> denkfaul sind, greifen dann die Anglizismen auf und meinen dann, zu den

ah, schon wieder -- es wird sich beim oben zitierten absatz also kaum
um einen irrtum gehandelt haben.

>   Es geht nicht um die sprachliche Herkunft, schon gar nicht um den
> Inhalt, sondern nur um das mitmachen des yuppiehaften, des von der
> Werbewirtschaft infiltriertem, um das  eingeredete dabeisein wollen, das
> mitmachen um des mitmachen willen. 

es geht, gerade beim thema "computerbezogenene fremdwoerter", fuer
mich _nicht_ um das mitmachen wegen "coolness", sondern darum, dass
sich bestimmte woerter aus dem amerikanischen eingebuergert haben, und
dass diese woerter _praezise_ und _allgemeinverstaendlich_ (im rahmen
derer, die sie als termini tecnici benutzen) sind. etwa der
angefuehrte "linker" -- jeder, der schon einmal mit einem compiler zu
tun hatte, wird wissen, was gemeint ist, daher koennte ein forciertes
eindeutschen dieses wortes nur verwirrung und eine reduktion der
sprachlichen praezision nach sich ziehen.

> Diese Leute sind es auch, die, sofern sie sich für Computer
> interessieren, diesen ausgrenzenden Soziolekt sprechen. diese
> computerneudeutsch. Das ist nämlich aus fachlicher Sicht nicht

dieser soziolekt ist nicht mehr oder weniger ausgrenzend als etwa der
der germanistik -- wenn sich zwei germanisten fachbezogen unterhalten,
werd ich als "einfacher sprachkonsument" genausowenig mitkoennen wie
der germanist, wenn ich mit einem kollegen das design einer software
diskutiere. 

was wirklich relevant ist, ist die verstaendigung mit
"nicht-insidern", etwa der fachverkaeufer mit dem kunden, oder ich mit
dem management meiner kunden: da gibt es im computer-bereich (ob es
hier verstaerkt vorliegt, oder ich es in diesem, "meinem", bereich nur
deutlich sehe, weiss ich nicht) eine tendenz, leute mit TLAs (three
letter acronyms) niederzuschwafeln, und hier liegt deutlich ein
sprachliches problem vor, weil die kommunikation oft nicht
funktioniert.

das ist aber IMHO weniger ein problem des ursprungs der verwendeten
termini, mehr eines der attituede des sich als insider gebenden -- es
wuerde genausowenig funktionieren, wenn anstatt "linker" "verbinder"
gesagt wuerde, anstatt "CPU" "zentraleinheit", etc.

hier ist schliesslich auch der empfaenger gefordert, noetigenfalls
nachzufragen und sich erklaeren zu lassen, worum's eigentlich geht und
wieso er das ueberhaupt wissen muss; und genau dieses hinterfragen
lernen die leute aber nicht, und zwar in keinem bereich.

> besonderes zu sein, und gelichzeitig Computer-Laien zu erniedrigen. Es
> ist das typische Gehabe einer Priesterkaste.

genau dieses gehabe findest du aber nicht nur bei den computer-leuten,
sondern genauso (nur halt mit lateinischen und griechischen termini)
etwa bei "intellektuellen" in basisdemokratischen diskussionen, bei
vielen aerzten, bei germanisten, juristen, undsoweiter. 

> Am anfälligsten dafür ist der Menschentypus Histrionisch. Als schwere
> pathologische Eigenschaft besitzt das nur eine Prävalenz von zwei
> Prozent, aber als mildere Form  ist das allgegenwärtig, ubiquitär, ein
> bedauernswerter „Mainstream“, und umfaßt zweistellige Prozentzahlen.

...und bummsti, machst du den fehler, den du bei anderen anprangerst.
WTF ist "histrionisch"? mein brockhaus meint "altroem, aus dem
etruskischen fuer schauspieler", aber das hilft mir
verstaendnismaessig nicht weiter, priester der bildung.

> Diese Leute befürworten auch Hierarchien, statt sie zu bekämpfen,
> befürworten im Ernst Rivalität und Wettbewerb, statt dagegen zu sein,
> befürworten somit ja Ausgrenzung und soziale Ungleichheit, statt das
> abzulehnen, befördern somit also sogar Kriminalität die dem 
> berechtigtem Neid als Folge der Ungleichheit  entspringt.
> Das ist natürlich im Sinne der „Wirtschaft“, die ja dieses rigorose,
> archaische, sozialdarwinistische befürwortet.

ich schliesse mich dieser kritik der gesellschaftlichen verhaeltnisse
ja an -- aber sie an der frage, was fuer begriffe man als termini
tecnici in der computerei verwendet, festzumachen, halte ich nicht nur
fuer sinnlos, sondern auch fuer ein verkriechen im elfenbeinturm.

> Der  Anglizismenhörigkeit der Halbgebildeten und  der Yuppies steht
> wohltuend der Gebrauch von lateinisch/griechischen Fremdwörtern und
> Fachbegriffen der  wirklich Gebildeten gegenüber.
>
> Das ist nämlich nicht histrionisch, das ist ausgesprochen
> antihysterisch, nämlich intellektuell, auf Wissen beruhend.

eine nachvollziehbare argumentation dafuer bist du uns aber schuldig
geblieben. 

meiner beobachtung nach ist naemlich in beiden faellen beides zu
beobachten: es gibt leute, die fachsprache als solche verwenden und
bei der kommunikation mit nicht-fachleuten in der lage sind, sich
verstaendlich auszudruecken, und es gibt solche, die die fachsprache
als keule verwenden, um widerspruch zu unterdruecken und sich wichtig
zu machen.

> Leitseiten  zum  Thema Fortschrittsnormierung 

...und leitseite klingt halt irgendwie so dumm-unbedingt-deutsch wie
"schriftleiter" (ohne jetzt godwin riskieren zu wollen).

cm.

-- 
 christian mock in vienna, austria -- http://www.tahina.priv.at/~cm/
    VIBE!AT http://www.vibe.at/ ** wir sind nicht zum spass hier.
		       kein urlaub in kaernten!




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